Das Mädchen aus Mantua - Charlotte Thomas

  • Erschienen 03/2011
    560 Seiten
    ISBN 13: 978-3-431-03833-0


    Kurzbeschreibung:


    Padua, 1601. Celestina wird der Schicklichkeit halber von ihrer Mutter zu Verwandten nach Padua gesandt. Die eigensinnige junge Witwe, die ihr selbstständiges Leben in Mantua nur ungern aufgibt, macht aus der Not eine Tugend, denn sie hat sich Unmögliches in den Kopf gesetzt: Celestina will an der berühmten Universität von Padua Medizin studieren! Ein ebenso waghalsiges wie aussichtsloses Unterfangen, denn Frauen haben in den Hörsälen nichts verloren. Das Streben nach akademischen Würden ist allein den Herren der Schöpfung vorbehalten. Doch Celestina hat nicht nur stapelweise Anatomiebücher ihres verstorbenen Gatten im Gepäck, sondern auch eine Auswahl an passender Männerkleidung.


    Über die Autorin:


    Eva Völler alias Charlotte Thomas war Richterin und Rechtsanwältin, bevor sie sich ganz ihrer Leidenschaft, dem Schreiben, widmete. Zunächst freche Frauenliteratur und romantische Geschichten, bevor sie sich mit "Die Madonna von Murano" dem historischen Roman zuwandte. Sie beschreibt auch in den weiteren Bänden Venedig und die Republik Venedig zu Beginn der Neuzeit.


    Meine Meinung:


    Ich habe ein Buch von Charlotte Thomas gelesen. Für den Kenner historischer Romane müsste das als absolutes Qualitätskriterium eigentlich ausreichen.


    Es soll aber immer noch bedauerernswerte Leser geben, die noch kein Buch von Charlotte Thomas gelesen haben, für diese etwas ausführlicher:


    Nachdem Charlotte Thomas mit ihrem Vorgänger, dem "König der Komödianten" Neuland betreten hat indem sie die Comedia dell arte in einem historischen Roman nicht nur als Thema, sondern auch als Stil einführte, kehrt sie jetzt zum Drama mit romantischem Einschlag zurück. Der Klappentext könnte einem Angst machen, Charlotte Thomas sei dem Mainstream verpflichtet in die Verflachung eingetreten. Frauen in Männerkleidern. Oh Gott, bleibt uns den nichts erspart? Aber es geht nicht um das Klischee der starken Frau im Männerkleidung, sondern daraum das eine zwar schwache, aber willenstarke Frau ein Ziel hat, dass sie verfolgt mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln unter Überwindung von Ängsten und Zweifeln - und durchaus überwiegend als Frau. Charlotte Thomas gibt uns Einblick in ein Stück Medizingeschichte. Die historischen Figuren in diesem Roman sind alle im Bereich der 1 Million Euro Frage bei "Wer wird Millionär" anzusiedeln. Der Entdecker des Blutkreislaufs wird uns während seines Studiums in Padua nähergebracht, der Entdecker der Herzklappen als sein Professor.Doch das sind eher Nebenfiguren in einer spannend entwickelten Geschichte.


    Dabei entwickelt Charlotte Thomas nicht nur eine lineare Geschichte, sondern so wie das Leben es schreibt eine Vielzahl von Entwicklungen. Da geht es um seltsam viele frische Leichen, die dem neuen Anatomischen Theater zum Sezieren zur Verfügung stehen. Zufall oder Mordserie? Da geht es um die schwere Erkrankung der gastgebenden Tante. Vergiftung? Ist der Onkel ein Giftmischer? Da geht es um die Stiefschwester und die nervenaufreibende Tatsache, dass diese sich gleich am ersten Tag in Padua verliebt hat. In gleich zwei Männer. Und - natürlich um die Angst als Frau entlarvt zu werden beim Studium der Medizin und um die Frage ob eine junge Witwe nach so glücklicher Ehe eine neue Zukunft und eine neue Liebe finden wird. Wie von Charlotte Thomas gewohnt das ganze nicht mit dem Hammer in Sätze geprügelt, sondern mit einer schönen fliessenden Sprache beschrieben. Aber nicht etwa blumig, süßlich, da stinkt es heftig wenn die Leichen auf dem Tische liegen und fließt das Blut auch über den Seziertisch hinaus, da geht es durchaus zur Sache, wenn sich die Stiefschwester mit ihren Liebhabern trifft und wenn die Degen gezückt sind, liegt die Spannung greifbar in der Luft.


    Aber eigentlich sollte man das einfach selber lesen, wenn nicht, dann verpasst man was.

  • Vielen Dank für die Rezi :wave


    Ich liebe die Bücher von Charlotte Thomas und dieses scheint ebenfalls klasse zu sein. Ich freue mich jetzt umso mehr aufs Lesen :-]

    Und manchmal ist ein Buch die Welt für mich!


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  • Sieht das wieder schoen aus! Das Cover gefaellt mir fast noch besser als das letzte - und der zauberhafte Titel erinnert mich an Milena Mercouri, die ein Maedchen aus Piraeus ist, und macht mich ganz wuschig.
    Ja, Beowulf, Du hast ganz recht, bei mir haette auch "Charlotte Thomas" genuegt, um mich aufs Buch zu freuen, aber nach dieser praechtigen Besprechung macht es noch mehr Spass. Medizingeschichte! Was fuer ein toller Ueberraschungsbonus.
    Sie kann's eben!
    Und der Verlag baut den schoenen Geschichten eine richtig schoene Buehne, auf der sie schillern und glaenzen.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Carina
    Da freue ich mich aber auf die Lektüre dieses Buches, nach dieser tollen Rezi noch mehr. Ich habe alle Bücher von Charlotte Thomas gelesen, kein einziges war ein Fehlgriff.


    Dem kann ich absolut zustimmen.
    Ich habe das Mädchen aus Mantua vorgestern bekommen. Wenn ich mein derzeitiges Buch beendet habe, wird es sofort gelesen. Und ich freue mich so richtig darauf.


    LG Märchenfee

  • Ab der ersten Seite hat mich dieses Buch gefangen genommen.
    Sehr detailliert wird es doch niemals langatmig. Man fiebert als Leser mit Celestina mit, und hofft, dass ihre Verkleidung nicht auffliegen wird, man wünscht ihr, dass sie das Medizinstudium beenden kann, dass sie nach dem Tod ihres Mannes wieder ein neues Glück finden wird, und wünscht ihr, dass sie mit allen Schwierigkeiten und Unwägbarkkeiten innerhalb ihrer Familie und ihres Lebens zurecht kommt.


    Für mich war es das erste Buch dass ich von Charlotte Thomas gelesen habe, und ich war so begeistert, dass ich mir sofort Der König der Komödianten
    und Die Madonna von Murano gekauft habe, und ich freue mich schon darauf, diese beiden Bücher zu lesen.


    Für mich steht zweifelsfrei fest, dass Bücher von Charlotte Thomas einen festen Platz in meinem Bücherregal haben werden.

  • Charlotte Thomas erzählt uns diesmal keine Geschichte aus der Dogenrepublik Venedig sondern verlagert die Handlung in die 30 Kilometer entfernte Stadt Padua. Dort wird die renommierte Universität zum zentralen Handlungsort des Romans. Im 16. Jahrhundert avancierte die Uni zum führenden Zentrum der Medizin und zog Studenten aus ganz Europa an. Besonders in der Erforschung der Anatomie des menschlichen Körpers war Il Bo, wie die Universität umgangssprachlich genannt wurde, führend und genoss einen hervorragenden Ruf.


    Meine Inhaltsbeschreibung


    Was soll ich gross schreiben, es braucht eine umgekippte Kutsche, ein paar streitlustige Gesellen und schon ist der Leser mittendrin im wilden Getümmel. :chen Die junge Witwe Celestina und ihre Stiefschwester Arcangela sind auf dem Weg zu ihren Verwandten und machen bereits bei ihrer Ankunft in Padua unliebsame Bekanntschaft mit den beiden verfeindeten Familien der Bertolucci und Caliari. Diese uralte Fehde zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und eigentlich weiss niemand mehr so genau weshalb sie sich gegenseitig hassen... ist ja auch nebensächlich, sie hassen sich und zwar inbrünstig und mit viel Herzblut... :fechten


    Celestina kommt dieser Besuch nicht ungelegen denn sie spielt mit dem Gedanken an der Universität Medizin zu studieren. Da Frauen aber nicht zugelassen sind hat sie die passende Männerkleidung ebenso in ihren Reisetruhen wie viele Bücher zur Heilkunde... und so kommt es das aus Celestina der schmächtige Jüngling Marino wird und er mit zittrigen Beinen die Welt der Medizin erkundet. Und diese Welt stellt sich als höchst unappetitlich heraus, keine Anatomiekunde ohne das Sezieren von Leichen und keine Leiche ohne Gestank... und so spielen nicht nur Bilsenkraut, Fingerhut, Stechapfel und Schierling sowie einige weitere sehr bemerkenswerter Pflanzen eine grosse Rolle sondern auch Leber, Milz und Nieren...


    Meine Meinung


    Der grosse Trumpf von Charlotte Thomas ist die sprachliche Leichtigkeit und ihre lockere Art eine Geschichte zu erzählen. Sie versteht es das Flair, den Zeitgeist dieser Epoche einzufangen und eine abwechslungsreiche Handlung mit interessanten historischen Tatsachen vor dieser faszinierenden Kulisse zu gestalten. Durch die Vielzahl an Fakten und Aspekten der damaligen Medizin habe ich viel gelernt und historisch-medizinisches Wissen dazu gewonnen. Was mich immer wieder staunen lässt ist die Hingabe mit der die Autorin die Figuren zeichnet. Ganz egal ob Hauptperson oder Nebenfigur, keiner ist unwichtig und alle verdienen es sich dem Leser zu zeigen und so sorgen die liebenswerten Figuren und die geheimnisvollen Charaktere für viel Spannung und noch mehr Unterhaltung.


    Einen Punkt Abzug muss ich leider machen weil die Handlung so ab Seite 350 ganz leicht abflacht und gewisse Handlungsstränge zu vorhersehbar sind. Ausserdem fehlt mir das Personenregister und ein Glossar.


    Ich habe mich in einen wahren Rausch gelesen und bin immer noch trunken von den Ereignissen und den Bildern die durch meinen Kopf schwirren. Alle die schon Romane von Charlotte Thomas gelesen haben kennen dieses Gefühl und für diese ist das Buch ein Muss und für alle andern eignet es sich als perfekter Einstieg in die Welt der italienischen Renaissance. Die kleinen Schwächen sind mir übrigens erst jetzt beim schreiben der Rezension bewusst geworden und ich habe versucht meine Meinungsäusserung so objektiv wie möglich zu verfassen und mich nicht zu stark von den positiven Eindrücken (ver-)leiten zu lassen. Mein Bauch ist eindeutig für 10 Punkte aber mein Kopf sagt 9 und ich bin halt ein Kopfmensch...


    Tipp: Es gibt in der Geschichte einen Medizinstudenten namens William aus England - Im Internet mal genauer nach William Harvey suchen und staunen...

  • Endlich habe ich dieses Buch gelesen! Da ich anderen Bücher der Autorin schon kannte, war ich nicht überrascht, daß auch "Das Mädchen aus Mantua" wieder ein sehr schönes, stimmiges Cover hatte. Die Vorschaltblätter vor die einzelnen Kapiteln sind wunderschön und natürlich ein Lesebändchen.



    Die Arztwitwe Celestina kommt mit ihrer Stiefschwester Arcangela nach Padua und sie geraten gleich auf einer Piazza in blutige Streitereien zwischen jungen Männern der verfeindeten Familien Bertolucci und Caliari. Celestina hat es sich in den Kopf gesetzt, Ärztin zu werden, aber das kann sie nur indem sie sich als Mann verkleidet und so zwischen den beiden Welten hin- und herbalanciert.



    Charlotte Thomas hat in ihrem bereits bekannten flüssigen Schreibstil wieder einen historischen, romantischen Roman geschaffen, der sich nicht aus der Hand legen läßt. Sie beschreibt die Figuren sehr detailliert und wie gewohnt auch den Veneto, so daß man glaubt dabei zu sein. Natürlich landen wir am Ende in Venedig!


    Von mir 9 Punkte