Andernorts - Doron Rabinovici

  • Suhrkamp, 2010
    Gebundene Ausgabe: 285 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Klappentext: Weshalb polemisiert der israelische Kulturwissenschaftler Ethan Rosen gegen einen Artikel, den er selbst verfaßt hat? Erkennt er seinen eigenen Text nicht wieder? Oder ist er seinem Kollegen Klausinger in die Falle gegangen, mit dem er um eine Professur an der Wiener Universität konkurriert? Ethan Rosen und Rudi Klausinger: Beide sind sie Koryphäen auf demselben Forschungsgebiet, und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein: Rosen ist überall zu Hause und nirgends daheim. Selbst der Frau, die er liebt, stellt er sich unter falschem Namen vor. Klausinger wiederum ist Liebkind und Bastard zugleich. Er weiß sich jedem Ort anzupassen und ist trotzdem ruhelos: Was ihn treibt, ist die Suche nach seinem leiblichen Vater; sie führt ihn schließlich nach Israel und zu Ethan Rosen. Dessen Vater, ein alter Wiener Jude, der Auschwitz überlebte, braucht dringend eine neue Niere. Bald wird die Suche nach einem geeigneten Spenderorgan für die Angehörigen zur Obsession. Und selbst der obskure Rabbiner Berkowitsch hat plötzliches Interesse an den Rosens. Herkunft, Identität, Zugehörigkeit – um und um wirbelt Doron Rabinovici in seinem neuen Roman "Andernorts" die Verhältnisse in einer jüdischen Familie, deckt ihre alten Geheimnisse auf und beobachtet sie bei neuen Heimlichkeiten. Am Ende dieser packend erzählten Geschichte sind alle Gewißheiten beseitigt. Nur eines scheint sicher: Heimat ist jener Ort, wo einem am fremdesten zumute ist.


    Über den Autor:
    Doron Rabinovici, geboren 1961 in Tel Aviv, Schriftsteller und Historiker, lebt in Wien.


    Mein Eindruck:
    „Andernorts“ ist ein überbordendes, lebhaftes Buch, wie man es in der zeitgenössischen Literatur nicht jeden Tag liest. Schon die erste Szene im Flugzeug von Wien nach Israel ist ebenso originell wie überdreht. Die Schauplätze Wien und Israel sind wichtig für die Handlung.


    Die Stimmung des Buches wird durch die Gefühlslagen der Protagonisten getragen. Das gilt für die grüblerische Hauptfigur Ethan Rosen genauso wie für seinen Gegenspieler Rudi Klausinger. Zwischen ihnen entsteht eine Mischung aus Freundschaft und Widersätzlichkeiten.
    Herausragend ist eine so gelungene Nebenfigur wie Felix Rosen, Ethans Vater. Er hat Auschwitz überlebt, lebt seit langen in Tel Avis. Er ist jetzt todkrank. Dennoch besitzt er eine so positive Ausstrahlung, eine beeindruckende geistige Freiheit und einen starken Lebenswillen.


    Doron Rabinovici packt einige brisante Themen in den Roman. Manches bleibt auch in Ansätzen stecken, wie zum Beispiel die verrückten Genetikforschungen von extremen orthodoxen.
    Die Beziehung zwischen Ethan und seiner Zufallsbekanntschaft Noa Levy wird auch nur nebensächlich behandelt, es sollte aber natürlich auch kein Liebesroman werden.
    Andere Themen werden durch die Art, wie der Autor sie spielerisch behandelt, zu interessanten Gedankenansätzen. Das Buch hält auch einige Überraschungen bereit.


    Kritiken in Zeitungen betonen das verzweifel-komische im Buch und die Assoziationen zu einen imaginären Woody Allen-Film. In diesen Ansätzen kann ich auch mein Lesegefühl wieder finden.


    Wirklich lesenswert.

  • Herzlichen Dank für diese sehr aufschlussreiche Rezi. Buch ist sofort auf die Merkliste gekommen. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.