Green Dolphin Country / Der grüne Delphin – Elizabeth Goudge

  • In den USA erschienen unter dem Titel „Green Dolphin Street“, nach dem Titel der Verfilmung von 1947 mit Lana Turner, Van Heflin und Donna Reed, die in Deutschland wiederum den Titel „Taifun“ trägt.
    Die deutsche Ausgabe ist vergriffen und nur noch antiquarisch erhältlich.



    Über das Buch
    (via amazon.de)


    First published in 1944,this magnificent epic of love, courage, and selfless devotion set in the Channel Islands and New Zealand in the 19th century is written with Elizabeth Goudge’s inimitable feeling for the intricacies of human emotions. Though the book is fiction, and the characters not portraits, it is based on fact. A stunning tale of loss and self-sacrifice, it is truly one of the most memorable love stories of the last century.


    Über die Autorin
    (own work)


    Elizabeth Goudge (1900-1984) war eine englische Schriftstellerin, deren Gesamtwerk zahlreiche Romane und Kurzgeschichten umfasst; ihr bekanntestes Buch dürfte wohl das Kinderbuch „Das kleine weiße Pferd“ sein (auf Deutsch noch lieferbar).


    Deutscher Wiki-Artikel über Elizabeth Goudge
    Englischer Wiki-Artikel über Elizabeth Goudge



    Meine Meinung


    Auf einer Kanalinsel – zwar zu England gehörig, aber noch immer französisch geprägt – leben in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der wohlhabende Octavius Le Patourel und seine Frau Sophie mit ihren beiden Töchtern. Marianne, die ältere, ist zu Beginn der Handlung ein ungebärdiger, freiheitsliebender Teenager, braunhaarig und dünn, schlau und ein bisschen „bossy“. Ihre jüngere Schwester Marguerite, blond und blauäugig, ist – wie könnte es auch anders sein – brav und anschmiegsam.
    Das Leben der beiden Mädchen ändert sich buchstäblich von einem Tag auf den anderen, als Dr. Edmund Ozanne nach dem Tod seiner Frau auf die Insel zurückkehrt, zusammen mit seinem dreizehnjährigen Sohn William. Ein hübscher Bursche, wenn auch ein bisschen schlampig und vor allem nicht gerade der Hellste. Die drei Kinder bzw. Jugendlichen freunden sich an, und erwartungsgemäß verlieben sich beide Mädchen in William, dessen Herz wiederum allein Marguerite gehört.
    Einige Jahre später fährt William zur See, und durch seinen Leichtsinn (man könnte auch sagen: seine Dusseligkeit) verbaut er sich die Rückkehr nach England und strandet schließlich in Neuseeland. Er hat die beiden Mädchen nie vergessen und schreibt eines Tages an Octavius Le Patourel und bittet ihn um die Hand seiner Tochter. Durch ein dummes kleines Versehen bekommt er jedoch die falsche Braut geschickt – und der Leser darf von nun an gespannt die Lebenswege der drei bis ins hohe Alter weiterverfolgen, genauso wie die der Menschen, die ihnen auf diesem Weg begegnen: Captain O’ Hara und der einäugige Nat an Bord der „Green Dolphin“, die im Leben der drei Protagonisten eine solch große Rolle spielt; Samuel Kelly, ein Missionar in Neuseeland und seine Frau Susanna, Tai Haruru, ein Engländer, der unter den Maori lebt und einige andere mehr.


    Obwohl die Grundkonstellation von William, Marianne und Marguerite klischeehaft klingt, ist sie beim Lesen alles andere als das. Was gewiss daran liegt, dass alle drei Charaktere enorm vielschichtig und facettenreich angelegt sind und sich im weiteren Verlauf der Handlung, die über fünfzig Jahre umfasst und auch eine Geschichte des 19. Jahrhunderts und Neuseelands erzählt, beständig weiterentwickeln. Ich war verblüfft, wie meine Sympathien über die etwas über 500 Seiten meiner Uralt-Ausgabe eine erhebliche Wandlung durchmachten. Fand ich Marguerite am Anfang doof, so gewann ich sie nach und nach dann doch lieb und mochte sie schließlich sehr, und während ich zu Beginn ganz auf Mariannes Seite stand, ging sie mir mit ihrem Ehrgeiz, ihrem Dünkel und ihrer Kratzbürstigkeit später tierisch auf die Nerven; ich hätte sie so oft zusammenstauchen oder gar schütteln mögen, bis gegen Ende meine Sympathie für sie zurückkehrte. Vor allem konnte ich anfangs gar nicht verstehen, was sie an William findet, doch auch er hat dann recht schnell mein Herz erobert.


    Der Roman verzichtet überhaupt auf Schwarz-Weiß-Malerei, darin ist nie jemand nur gut oder nur böse, dafür sind die Charaktere allesamt zu realistisch gezeichnet. Vielleicht sind allein O’Hara und Nat ein bisschen stereotyp geraten – aber die beiden sind so lustig und lebensecht und liebenswert, dass ich sie mir nicht anders hätte vorstellen können. Der Knaller ist natürlich Old Nick, der unverwüstliche Papagei, der im richtigen Moment immer das Richtige zu plappern weiß, wenn auch nicht unbedingt das, was die Personen im Buch gerade hören möchten. :lache


    Im Nachhinein habe ich über Elizabeth Goudge gelesen, dass ihre Bücher stark christlich orientiert seien. Der Glaube nimmt zweifellos einen großen Raum ein in diesem Roman, und auch Begriffe wie Erlösung haben ihren zentralen Platz darin; dennoch ähnelt das Buch mitnichten einem religiösen Traktat. Es beschäftigt sich mit grundlegenden Fragen des Menschseins – was im Leben zählt z.B., oder was Liebe wirklich bedeutet und besticht durch seine ausgefeilte Psychologie. Immer wieder habe ich das Buch beiseite gelegt und über manchen Gedanken darin einige Zeit nachgebrütet.


    Ein bisschen unwillig habe ich allerdings diese Pausen gemacht, denn vor allem ist „Green Dolphin Country“ ein üppiger, spannender und äußerst atmosphärischer Abenteuerschmöker, der mich absolut begeistert hat, altmodisch im besten Sinne, spannend und berührend bis zur letzten Seite.


    Definitiv ein Highlight in diesem noch so jungen Lesejahr! :anbet