Hier gibt es zwar so einige Threads zum Thema, aber so richtig passt keiner zu meinen Gedanken, deshalb eröffne ich einen weiteren: Sinn und Zweck von Buchmessen.
Sinn, damit meine ich, was motiviert einen Menschen, außerberuflich dahin zu gehen, warum ist das sinnvoll? Heute fand ich es mal wieder überwältigend, wie eine Veranstaltung rund um das altmodische Medium Buch eine derartige Masse an Menschen hinter dem Ofen hervorlocken kann. Diese Masse allerdings drängte sich bevorzugt an den großen Publikumsverlagen, deren Auslagen sich nicht besonders von den Stapeln in den Buchhandlungen unterscheiden, für die man wenigstens keinen Eintritt bezahlen muss. Immerhin besteht bei der Buchmesse die reelle Chance, den Autoren zu begegnen, evt sogar ein Autogramm abzuholen.
Das nimmt allerdings teilweise absurde Züge an. Beispielsweise las Joachim Krol aus der Neuübersetzung eines hier vollkommen unbekannten isländischen Autor der fünfziger Jahre ("Taxi 79 ab Station" von Indridur Thorsteinsson, übrigens der Vater von Arnaldur Indridasson), fühlte sich aber zu der Bemerkung genötigt, dass er gerne das Buch signiere, allerdings nur mit seinem eigenen Namen :grin).
Die kleineren Verlage sind dagegen so wenig frequentiert, dass ihre Buden durchaus dazu geeignet sind, etwas Ruhe vor der schiebenden Menge zu finden. Dabei sind das streckenweise ganz wunderbare Verlage, ich habe dort tolle Bücher gefunden, manche hätte ich komplett leer kaufen können (Lehmstedt, beispielsweise :anbet)
Auf der anderen Seite haben bod, dieses komische Frankfurt Dingens und novum riesige Messestände, die auch gut besucht sind. Da kann man unverbindlich in diese Erzeugnisse mal rein lesen und kann sich also Vorort von dem Niveau dieser Veröffentlichungen überzeugen :yikes. Also ehrlich, das kann doch kein Mensch lesen wollen, hoffen die Besucher dort alle, endlich ihr Schubladenmanuskript loszuwerden?
Zum Zweck: zu welchem Zweck stellen Verlage auf der Buchmesse aus? Erregt ein Verlag wie DroemerKnaur entscheidend mehr Aufmerksamkeit für den neusten historischen Roman "Die Möbeltischlerin" oder den neuesten Thriller "Mist und Blut", wenn er den auf der Buchmesse ausstellt? Oder finden die vielen Kleinverlage dort tatsächlich den Zuspruch, der in entscheidender Verkaufsförderung resultiert? Ich jedenfalls war offenbar die Einzige, die von "Das Glitzern der Heringsschuppe in der Stirnlocke" sofort hingerissen war.
Und wie sieht das in Frankfurt aus (zu der ich dieses Jahr zum ersten Mal gehen werde). Das ist ja nix für die blöden Leser, sondern fürs knallharte Geschäft. Finden sich dort dann tatsächlich Buchhändler, die sich von den ausgestellten Büchern in nennenswerter Anzahl überzeugen lassen, auch Bücher von Kleinverlagen ins Sortiment aufzunehmen? Werden in diesem Trubel tatsächlich Geschäfte getätigt, die entscheidend sind, wie der neueste mittelalterlich Hebammenthriller bei Hugendubel präsentiert wird?
Fragen über Fragen (und mir fallen sponat noch jede Menge weiterer ein...)
Edit meint, erläutern zu müssen, warum ich seit zwanzig Jahren brav jedes Jahr zu Buchmesse dackele: ich finde dort "physisch" immer wieder tolle Bücher, was etwas ganz anderes ist, als wenn mir amazon zuverlässig wieder den neuesten Islandkrimi serviert. Ich mag diese Atmosphäre, die mir Bücher vorstellen, aber nicht in erster Linie verkaufen will (was natürlich Quatsch ist, es geht ums Verkaufen, aber zumindest nicht so plakativ durch sensationelle Pappaufsteller oder kundenwirksam platzierte Bestseller-Haufen), ich mag es, meine "Stars", also Menschen, die mir ausgesprochenes Lesevergnügen bereitet haben, zu treffen wie ganz normale Menschen...