Erschienen: 30.12.2010
334 Seiten + Anhang Literaturverzeichnis und Sachverzeichnis
ISBN 13 :978-3-869-71028-0
Kurzbeschreibung:
Lebt es noch oder isst du es schon? Ein Selbstversuch. "Die dringendste Frage zu Beginn meiner Bio-Phase: ob ich weiterhin Cola-Light trinken kann. Davon gehe ich nämlich aus. Cola-Light besteht doch sowieso ausschließlich aus Chemie. Da dürfte sich die Bio-Frage eigentlich gar nicht erst stellen." Karen Duve gehörte nicht eben zur Gesundheitsfraktion. Bratwürstchen und Gummibären wanderten genauso in ihren Einkaufswagen wie Schokolade und Curryketchup in 1-L-Plastikflaschen. Doch dann zog sie mit jemandem zusammen, der schnell den Spitznamen Jiminy Grille erhielt - nach dem personifizierten Gewissen der Holzpuppe Pinocchio. Denn Jiminy schrie auf, wenn Karen Duve nach der "Grillhähnchenpfanne für 2,99" griff. Und Karen Duve musste einräumen, dass das Leben der "Grillhähnchenpfanne" vor ihrer Schockfrostung wohl eher unerfreulich gewesen war. So stellten sich vor der Tief kühltruhe schnell grundlegende Fragen: Darf man Tiere eigentlich essen? Und wenn Tiere nicht, warum dann Pflanzen? Wo beginnt die menschliche Empathie, und warum? Was sind wir bereit aus Rücksicht auf die Mitlebewesen zu opfern? Oder können wir sogar einen persönlichen Gewinn daraus ziehen, unsere Gewohnheiten zu ändern? Irgendwann wollte Karen Duve es wirklich wissen: Jeweils zwei Monate lang testet sie seitdem Ernährungsweisen mit moralischem Anspruch: Biologisch-organisch, vegetarisch, vegan und am Ende sogar frutarisch, also nur das, was die Pflanze freiwillig spendet. Parallel dazu setzt sie sich mit der dahinterstehenden Weltsicht auseinander - und liefert sich mit Jiminy Grille die unausweichlichen Verbalduelle. Erst kurz vor der Veröffentlichung dieses Buches wird sie eine Lebensentscheidung treffen - die, wie sie sich weiter ernähren und weiter leben will. Schonungslos und mit der ihr eigenen knochentrockenen Komik setzt sie sich jenseits aller Ideologien mit der Frage auseinander: Wie viel gönne ich mir auf Kosten anderer?
Über den Autor:
Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt mit einem Maultier, einem Pferd, einem Esel, zwei Katzen und zwei Hühnern auf dem Lande in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Weihnachten mit Thomas Müller und Thomas Müller und der Zirkusbär sind inzwischen Klassiker, ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2002), Die entführte Prinzessin (2005) und Taxi (2008) waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt.
Meine Meinung:
Interessant, provozierend und doch einigermassen humorvoll geschrieben. Inhaltlich bot mir dies Buch nichts neues, aber so zusammengetragen sind die Fakten über unsere Lebensweise recht beeindruckend. Die Kernaussage steht auf Seite 176 des Buches: „In Wirklichkeit heißt das aber, dass unser Alltag ein Skandal ist und das etwas grundsätzlich falsch ist an der Art, wie wir leben.
Karen Duve beschreibt einen Selbstversuch und in den ersten Seiten fand ich den wiederholten Spruch „als ich beschloss ein besserer Mensch zu werden“ schwer nervig. Letztlich aber regt das Buch zum Nachdenken an. Gerade habe ich in der AKW Diskussion massiv die Meinung vertreten nur eine Verhaltensänderung des einzelnen Verbrauchers könne etwas bewirken, nicht „die da oben“, die „korrupten Politiker“ oder die“Kapitalisten“ sind schuld, sondern wir als Verbraucher. Dies sieht die Autorin dieses Buches auf dem Gebiet der Ernährung genauso. Diesen Denkansatz kann ich also nur unterstützen. Was Frau Duve aber inhaltlich schreibt, teile ich so absolut nicht. Sie erklärt der Mensch sei ein ganz normales Wirbeltier, keinesfalls die Krone der Schöpfung. Wieso sie dann aber dazu kommt der Mensch könne aus dieser seiner Natur ausbrechen und seine Raubtiernatur einfach kraft der Vernunft und der Liebe zur Natur überwinden- dies Frage stellt sie sich nicht, sie setzt einfach voraus, dass der Mensch das könnte und damit Rücksicht nehmen auf seine Mitgeschöpfe Tiere und Pflanzen und sie nicht als Nahrungsmittel sehen sondern eben als leidende Mitgeschöpfe. Ich halte das für eine Illusion. Frau Duve beschreibt aber interessant und humorvoll und durchaus selbstreflektierend ihre Erfahrungen mit dem Selbstversuch zunächst nur Bio, dann vegetarisch, dann vegan und am Schluß sogar als Fruktarier zu leben-mit allen Folgen für einen Fastfoodjunkie auf Cola light Trip mit Liebe zu Hähnchenfleisch.
Manches davon wird dann schon heftig extrem- das Enfernen jeglichen Leders im Haushalt oder der Verzicht auf Honig wegen der Ausbeutung der Bienen zum Beispiel, aber das überlässt Frau Duve durchaus der Betrachtung des Lesers, nie will sie belehren oder wird missionarisch eifernd. Man glaubt ihr ihre Entwicklung und ihre Überlegungen und auch ihre Perspektiven, die sie für sich am Ende des Buches entwickelt und die das Ergebnis ihres Denkvorganges sind. Genau das macht dieses Buch lesenswert, das es jedem einen Denkanstoß gibt. Auch wenn er wie ich nach dem Lesen des Buches erstmal ein Steak aus dem Tiefkühl holt und es mit Genuß verspeist.