Inhalt:
Joshua hat es wirklich nicht leicht. Sein Bruder mobbt und hänselt ihn, wo immer es geht, genau wie seine Schulkameraden, und auch mit seinen Eltern versteht er sich nicht wirklich gut. Und dann soll er in der Schule auch noch Klettern als Sportkurs belegen, dabei hat er doch furchtbare Höhenangst! Alternativ wäre da nur der Voltigierkurs, in dem nur Mädchen sind – und turnen auf einem Pferd ist auch nicht wirklich cool für einen Jungen. Als Joshua dann aber das erste Mal auf dem Pferderücken sitzt, merkt er schnell, dass er Talent für das Voltigieren hat und dass es durchaus auch eine Sportart für Jungen ist. Doch leider steht er mit dieser Meinung ziemlich allein da, und seine Eltern haben für die neue Leidenschaft ihres Sohnes gar kein Verständnis.
Meine Meinung:
Ein Junge als Hauptfigur in einem Pferdebuch? Und dann voltigiert er auch noch? Zugegeben, ich war sehr skeptisch diesem Buch gegenüber. Aber viele positive Meinungen brachten mich dann doch dazu, es zu lesen, und ich muss sagen: es hat sich gelohnt. „Freihändig“ ist nicht einfach nur ein Pferdebuch, sondern eine tolle Mischung aus Pferdebuch, Familiengeschichte und Erster Liebe.
Joshua ist keiner von den beliebten, angesagten Kids. Er spielt nicht Fußball, sondern Cello und ist ein ruhiger, unauffälliger Typ. Ganz anders als sein Bruder Micha, der ein cooler Aufreißer ist und überall im Mittelpunkt steht. Micha terrorisiert seinen Bruder auf das Übelste, doch anstatt sich zu wehren nimmt Joshua es hin und wird so auch für andere Schulkameraden ein leichtes Opfer. Seine Handlungen (oder eben Nicht-Handlungen) sind nicht immer nachvollziehbar, aber irgendwie kann man ihn doch verstehen. Mir hat er den größten Teil der Geschichte einfach nur leid getan. Der Terror seines Bruders ist wirklich übel, und auch Vater Hartmut macht nicht gerade einen sympathischen Eindruck. Die beiden sind richtige Hassobjekte.
Die anderen Charaktere in Joshuas Umgebung, seine Mutter Nina, Tante Charlotte, Eva und die Leute aus dem Stall sind deutlich liebenswerter. Man muss sie schon alleine dafür, dass Joshua bei ihnen einmal nicht das Opfer ist, mögen.
Dass Pferde und das Voltigieren eine so große Rolle in diesem Buch spielen, hat mich sehr begeistert. Man merkt, dass Bettina Belitz sich mit Pferden auskennt und zudem gründlich recherchiert hat (man gebe nur mal „Gero Meyer“ bei Youtube ein und vergleiche das, was man dort sieht, mit den Videos, die die Autorin im Buch beschreibt). Man kann die Tiere förmlich riechen, hören und verspürt plötzlich den Wunsch, selber auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen und das zu fühlen, was Joshua fühlt.
Die Autorin lässt den Jungen im Laufe der Geschichte eine wunderbare Entwicklung durchmachen, er selber und auch sein Verhältnis zu Bruder und Vater verändert sich. Das Ende war mir jedoch etwas zu viel, Joshua war mir zu sehr Held und man gewinnt den Eindruck, als habe Bettina Belitz unbedingt auch den letzten Zweifler von seinen Fähigkeiten überzeugen wollen. Davon, dass er eben nicht der Looser ist, für den ihn alle, einschließlich ihm selbst, gehalten haben. Das wäre in meinen Augen aber gar nicht nötig gewesen.
Das etwas dick aufgetragene Ende ist aber so ziemlich der einzige Kritikpunkt, den man an diesem Buch finden kann. Bettine Belitz kann mit dieser wunderbaren Geschichte wieder einmal überzeugen.