Die Rede des Königs, oder wie ein Mann die britische Monarchie rettete
Die Autoren:
Mark Logue ist der Enkel von Lionel Logue. Er ist Filmemacher und Verwalter des Logue-Archivs in London.
Peter Conradi ist Autor und Journalist. Er arbeitet für die Sunday Times, sein letztes Buch war Hitler’s Piano Player: The Rise and Fall of Ernst Hanfstaengl.
Dieses ist nun das Buch zum oscarprämierten Film von Tom Hooper. Wer allerdings eine schriftliche Wiedergabe dessen erwartet hat, mag vielleicht enttäuscht sein. Außer den ,Hauptdarstellern‘ und dem Cover hat diese Biografie nicht viel mit dem Film gemein. Tatsächlich wurde der Film schon gedreht, als Mark Logue mit der Recherche über das Leben seines Großvaters begann. Wie er selbst in der Einleitung erzählt, hatte er sich bis Dato nicht für ihn interessiert, ihn nicht mal gekannt, denn Lionel starb 12 Jahre vor seiner Geburt.
Aus dessen umfangreichen Nachlaß an Briefen und Tagebüchern entstand dieses Abbild seines Lebens und Lebenswerkes.
Begonnen wird mit Lionels Leben in Australien, seine ersten Erfahrungen als Sprachtherapeut. Es folgt der Umzug der Familie nach London, die Eröffnung einer Praxis zur Heilung von Sprachproblemen und seine ersten Begegnung mit Albert, dem Herzog von York und zweiten Sohn Königs George V.
Parallel wird über die Lebensgeschichte des Herzogs berichtet und jede Menge geschichtlicher Begebenheiten des frühen 20.Jahrhunderts.
Der Herzog stottert seit frühester Kindheit , und sucht Lionel quasi als letzten Versuch auf, um von diesem Sprachfehler geheilt zu werden. Mit viel Mühe beiderseits gelingt es, und Lionel wird von nun an zum ständigen Begleiter des Herzogs, wenn es für diesen gilt, Reden vorzubereiten und zu halten . Auch als Albert nach der Abdankung seines Bruders im Jahr 1937 zum König George VI gekrönt wird und fortan in Zeiten des zweiten Weltkrieges führen sie dies fort.
ZitatIm Klappentext heißt es hierzu: Mithilfe von Logues unkonventioneller, teilweise provokanter Methoden überwindet Albert sein Stottern und kann seiner Rolle als Monarch endlich gerecht werden.
Auf den Erfolg ihres Schwiegervaters angesprochen, hatte Lionels Schwiegertochter Anne folgende Erklärung: Es liege wohl daran, daß ihr Schwiegervater schon zum jungen Herzog von York eine enge Arzt-Patient-Bindung aufgebaut habe. Jeder könne Atemübungen machen oder Zungenbrecher rezitieren lassen, aber er war darüber hinaus ein erstklassiger Psychologe.
Aus der ,Arbeitsbeziehung‘ von Lionel und dem Herzog wurde eine Freundschaft, die bis zum Tod der Beiden im Jahr 1952 bzw 1953 Bestand hatte. In der ganzen Zeit blieb Lionel immer im Hintergrund, so daß sein Wirken von der Öffentlichkeit damals weitgehend unbemerkt blieb.
Wie schon eingangs erwähnt, kann man das Buch nicht mit dem Film vergleichen, aber mir hat es trotzdem sehr gefallen. Ob Lionel als ,des Königs Logopäde‘ die britische Monarchie gerettet hat, so wie es im Untertitel heißt, mag dahingestellt sein. Aber interessant ist seine Geschichte allemal!
Und auch der einzige Punkt, den ich während des Lesens recht anstrengend fand, wird am Ende von den Autoren nochmal erklärt:
ZitatNichtsdestotrotz zog der unterschiedliche Rang der beiden in der damals noch stark hierarchisch gegliederten Gesellschaft in dieser Beziehung auch Grenzen. Der Ton in Logues Briefen und Tagebucheinträgen – die wir hier mehrfach zitiert haben – offenbart einen tiefen Respekt nicht vor der Person des Königs , sondern vor der Monarchie als solcher. Einem modernen Leser mag dieser Ton kriecherisch erscheinen, am meisten vielleicht, wenn Logue über die Königinmutter schreibt.
Tatsächlich fand ich diesen Ton ein bißchen anstrengend, aber anscheinend gehörte er dazu. Und so trägt er ein Weiteres zur Authentizität dieser Lebensgeschichte bei.
Ein wirklich lesenswertes Buch!
[SIZE=7]Dies war meine erste Rezi über eine Biografie[/SIZE]