Wildland / The Wild – Esther Freud

  • Über das Buch
    (bei amazon.de ausgeliehen)


    Eigentlich wirkt der naturverbundene William Strachan sehr sympathisch - die neunjährige Tess betet den Liebhaber ihrer Mutter geradezu an. Doch schon bald zeigt das friedliche Leben auf Williams kleiner Farm dramatische Risse, steuert die scheinbar unbeschwerte und wilde Kindheit im ländlichen Suffolk der Katastrophe entgegen. Sehr einfühlsam erzählt Esther Freud von der Klugheit der Kinder in der verlogenen Welt der Erwachsenen.


    Über den Autor
    (dito)


    Esther Freud, eine Urenkelin Sigmund Freuds, wurde 1963 in London geboren. 1991 veröffentlichte die ausgebildete Schauspielerin ihren ersten Roman "Hideous Kinky" (dt. 1999, Marrakesch), der 1998 mit Kate Winslet verfilmt wurde. Ihr zweiter Roman, "Peerless Flats", erschien 1993 (dt. 1996, "Blaues Wunder"), 1997 folgte "Gaglow" (dt. 1998, "Sommer in Gaglow"). Die Kulturzeitschrift "Granta" zählte Esther Freud 1993 zu den besten britischen Jungautorinnen. Ihre Bücher wurden in 13 Sprachen übersetzt.



    Meine Meinung


    Nach der Trennung ihrer Eltern Victor und Francine sind die die Geschwister Tess und Jake mit ihrer Mutter auf das Land gezogen, während der Vater in London zurückbleibt. In einer Art Wohngemeinschaft leben die drei zusammen auf einem kleinen Gehöft zwischen Feldern und Wäldern (von den Kindern „the Wild“ getauft) mit dem alleinerziehenden William und dessen drei Töchtern, die im Alter von Tess und Jake sind, und während Tess William vergöttert, bringt Jake ihm nur Ablehnung entgegen. Es ist ein alternatives Lebensmodell, in dem die Kinder groß werden sollen, gewaltfrei, im Einklang mit der Natur und miteinander, eine krude Mischung aus antiautoritär-hippie- öko-bio-selbstversorgerischem Lebensstil, wie er auch in der Schule unterrichtet wird, die die Kinder besuchen und an der William unterrichtet. Einen großen Raum im Roman nehmen die nordischen Mythen ein, die Tess von ihrem Lehrer beigebracht bekommt und die herkömmlichere Lehrinhalte ersetzen sollen.


    Man ahnt es schon: die geplante Idylle ist nur eine Fassade und kann nicht lange gut gehen, besonders nicht, als Francine von William schwanger wird, ihre jeweiligen Ex-Partner auftauchen und Jake nichts unversucht lässt, um den Glorienschein, mit dem jedermann William umgibt, zu demontieren und Tess auf die in der Luft liegenden, aber unausgesprochen bleibenden Konflikte mit Bettnässen reagiert.


    Man ahnt als Leser überhaupt viel in diesem Buch; von der ersten Seite an bleibt wenig Raum für Überraschungen, und noch weniger Raum lässt das schmale Büchlein für die Charaktere des Buches oder deren Entwicklung. Der dürre Text trägt die komplexe Geschichte nicht; ich bin nur so durch die Seiten hindurchgerauscht, ohne dass allzu viel davon einen tieferen Eindruck in mir hinterlassen konnte, während mir Tess’ Lehrstoff in nordischen Mythen zu unnötiger Zähigkeit ausgewalzt vorkam.
    Dabei gefiel mir die Geschichte als solche sehr gut, ebenso wie die Aussage, die dahinter steht, und einmal mehr hat mich Esther Freud mit ihren Einsichten in Kinderköpfe und Kinderherzen restlos überzeugt – aber ich hätte mir sehr viel mehr Fleisch auf dem Gerippe des Textes gewünscht.