Cora Stephan - Angela Merkel. Ein Irrtum

  • Titel: Angela Merkel. Ein Irrtum
    Autorin: Cora Stephan
    Verlag: Knaus
    Erschienen: Februar 2011
    Seitenzahl: 224
    ISBN-10: 3813504166
    ISBN-13: 978-3813504163
    Preis: 16.99 EUR


    Cora Stephan wurde 1951 in der Nähe von Osnabrück geboren und schreibt u.a. für das Deutschland-Radio, für die WELT und für die FAZ. Unter dem Pseudonym Anne Chaplet ist sie auch als Krimiautorin bekannt.


    Und nun hat sich Cora Stephan in einem Buch über Angela Merkel geäußert. Ob das allerdings so besonders klug war, mag mal dahin gestellt bleiben.


    Man stelle sich vielleicht das folgende Szenario vor:
    Cora Stephan ist frustriert, schwer frustriert. Und irgendwie muss dieser ganze Frust endlich mal heraus. Also wird ohne große Mühe die Flasche trocknen Rotweins entkorkt und nach ein paar Gläschen des stimulierenden Getränkes geht es dann in die Vollen. Frau Stephan schreibt sich gnadenlos ihren ganzen Frust von der Seele. Ist ja auch okay – nur wäre es in diesem speziellen Falle vielleicht besser gewesen, Frau Stephan hätte diesen Frust einfach nur ihrem, Dritten nicht zugänglichen, Tagebuch anvertraut. Aber nichts da. Cora Stephan will halt eine breitere Öffentlichkeit mit ihren Gedanken beglücken.


    Sicher hat sie in einigen Punkten Recht und spricht genau das aus was sehr viele Menschen in diesem Land auch denken. Nur muss dieses wirklich in einer Art und Weise geschehen die so manches Mal punktgenau unter Stammtisch-Niveau ist? Gerade weil sie auch in einigen Punkten Recht hat und weil man ihre Gedanken nachvollziehen kann, wäre es sicher hilfreicher gewesen wenn sie manchmal nicht die notwendige Sachlichkeit aus den Augen verloren hätte. So klingen viele Dinge bei ihr einfach nur populistisch, polemisch und zudem sehr schlecht argumentiert. Statt billiger Floskeln wäre das eine oder andere Mal eine bessere Recherche ganz sicher sinnvoller gewesen.


    Cora Stephan hat in einigen Punkten Recht. Gar keine Frage. Nur schießt sie immer wieder weit über das Ziel hinaus und vermischt Dinge miteinander die einfach nicht miteinander vermischt werden können. Vielleicht hätte sie sich wirklich auf die Person Angela Merkel beschränken sollen – aber nein, was macht Cora Stephan. Sie holt die große Keule zum riesigen Rundumschlag heraus und trifft dann auch nicht sehr präzise, sondern schaufelt mit der für sie wohl zu großen Keule lediglich eine Menge heiße Luft durch die Gegend.


    Was ihr allerdings gut gelingt ist die Charakterisierung von Angela Merkel. Sie entlarvt diese Frau als das was sie ist: eine Frau ohne irgendwelche Visionen und Konzepte, dazu machtverliebt und immer bemüht diese Macht auch zu festigen. Aber das wusste man ja auch schon vor Cora Stephan.


    Ein durchaus interessantes Buch, ein Buch über das man lächeln oder sich einfach nur aufregen kann – ein Buch aber auch, was vielleicht notwendige Diskussionen anschiebt. Empfehlenswert für die Freunde der einfachen und leicht verständlichen Sprache, aber auch die Freunde der deutschen Stammtischkultur kommen voll auf ihre Kosten. Leider merkt man Frau Stephan auch an, dass sie von den verfassungsrechtlichen Gegebenheiten dieses Landes eigentlich nicht sehr viel weiß.


    Lesenswert, weil es ein Buch ist wo der eine oder andere begeistert Beifall klatscht, wo andere aber wiederum nur ungläubig den Kopf schütteln. Ein Buch über das sich wunderbar diskutieren lässt. Ein Buch das polarisiert.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Manche Bücher brauchen Zeit, um wahrgenommen zu werden. Andere müssen von der Realität eingeholt werden, um für wahr gehalten zu werden. Nouriel Roubini und Max Otte hatten die Finanzkrise vorausgesehen. Hätten sie 2006 oder 2007 ein Buch darüber geschrieben, wären sie von den Kritikern gekreuzigt worden.


    Wer vor fünf Jahren Cora Stephans Buch gelesen hat, mag vermutet haben, die Autorin habe noch eine Rechnung offen mit der mächtigsten Frau der Welt. Wer heute, mit genügend Abstand, Pleiten, Pech und Pannen einer Kanzlerin analysiert, der wird sich die Augen reiben und denken: Warum haben wir das jetzt erst gemerkt? Wie konnten wir uns nur so vermerkeln lassen?


    Inzwischen schmilzt die Anhängerschaft der Kanzlerin schneller als das Eis in Grönland, das sie vor der Schmelze bewahren will. Unsere selbsternannte Klimakanzlerin hat sich die Reduktion des weltweiten CO2-Ausstoßes zur Lebensaufgabe gemacht. Cora Stephan kommentierte das auf Seite 161:


    „Das ist ein ehrgeiziges Ziel … Übertrieben ehrgeizig, scheint mir, für eine Regierung, die noch nicht einmal eine vernünftige Steuerreform zustande bringt.“

    Guter Punkt. 2005 haben sich nicht nur die Autorin, sondern viele Wähler auf eine Frau gefreut, die den arroganten „Brioni-Kanzler“ zum Teufel jagen würde. Nun, Schröder ist bekanntlich nur bei der Taschenbuchausgabe des Leibhaftigen angekommen, den er als „lupenreinen Demokraten“ bezeichnet, aber das ist ein anderes Thema. Immerhin hat Schröder mit seiner Arbeitsmarktpolitik Mut bewiesen, was man von Merkel nicht sagen kann.


    Die meisten Menschen in unserem Lande haben ausgeblendet, dass Frau Merkel vor der Wahl 2005 mit einem Kompetenzteam angetreten ist, das uns mit einer Steuererklärung beschenken wollte, die fast auf einen Bierdeckel gepasst hätte. Daraus wurde bekanntlich nichts. Bewerten wir die Anzahl der sinnvollen Reformen in den Jahren von 2005 bis 2016, dann diagnostizieren wir bestenfalls eine Zeit des Reformstaus. Sind wir kritischer, dann beurteilen wir diese Zeit als das, was sie ist: Eine Renaissance der DDR – DDR 2.0 oder DDR reloaded.


    Warum hat sich „Angie“ um 180 Grad gedreht, fragte sich nicht nur die Autorin. Die fast verlorene Wahl 2005 hat die Kanzlerin geprägt. Nachdem sie erkannt hatte, dass mit Kuscheln in der sozialen Hängematte Wahlen gewonnen werden, schaltete sie drei Gänge zurück. Das Steuerkonzept wurde eingestampft. Dafür schenkte sie uns die Rentengarantie, die die Rentenversicherung von 2009 bis 2011 mit etwa 10 Milliarden Euro belastet hat – Peanuts im Vergleich zu den Rentengeschenken der GroKo, die sie später nachgeschoben hat.


    Cora Stephans Buch war fast vergessen, da rettete unsere Götterkanzlerin mal kurz Griechenland. Wen interessiert die Nichtbeistands-Klausel im Vertrag von Maastricht? Pah, Europa ist wichtiger! Anschließend hat sie Deutschland geflutet. Wer hält sich dabei an das Dublin-Abkommen und die Schengen-Verordnung? Diese Verträge sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind, schließlich ist Angies Handeln alternativlos.


    Dass es so schlimm kommen würde, hätte sich die Autorin damals nicht vorstellen können. Ich allerdings auch nicht. Aus Angie wurde TINA: There Is No Alternative!


    Natürlich gibt es immer noch Bürger, die an Merkel festhalten und ihre Fehler nicht wahrhaben wollen und sicherlich noch in 10 Jahren den Merkelismus hochleben lassen werden. Diese Menschen wird es immer geben, man denke nur an die Ewiggestrigen in der ehemaligen DDR, in der UdSSR … und in allen anderen Hochburgen der Geistesvernichtungssysteme, die so kläglich gescheitert sind.


    Der Merkelismus ist eine Utopie, obwohl er im Grunde keine ist. Irgendwas muss an der Aura dieser Frau dran sein, dass sie desillusionierte Sozialisten ebenso anzieht, wie universale Utopisten. Doch schon damals, als Cora Stephan ihr Buch geschrieben hat, regte sich Widerstand. Auf Seite 199 schrieb die Autorin:


    „1,2 Millionen Käufer von Thilo Sarrazins Buch bedeuten noch keinen Volksaufstand und Tausende Demonstranten gegen Stuttgart 21 ebenso wenig. Aber es gibt andere Indizien für die tiefer werdende Kluft zwischen Volksparteien und Volk, die Zweifel an die Legitimität jener wecken, die sich auf Legalität, also auf Regeln und Verfahren, hinausreden wollen.“


    Das war 2011. Fünf Jahre später hat die Kanzlerin Deutschland polarisiert und in zwei Lager gespalten. Die Feindschaft zerreißt sogar Familienbande. Nicht nur das. Die alternativlose Politik der alternativlosen Kanzlerin hat uns die Alternative für Deutschland beschert.
    Danke, Mutti!

  • Ich habe meine Meinung über dieses Buch zwischenzeitlich zur Gänze revidieren müssen. Aber es gibt Schlimmeres als mal einen Irrtum zugeben zu müssen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Arietta,
    wenn dich Deutschlands jüngere Geschichte nicht kaltlässt, dann lies unbedingt
    "Ab morgen heiße ich Margo" von Cora Stephan. Zählt für mich zu den besten Romanen des Jahres 2016.
    :wave