Almost Like Being in Love - Steve Kluger

  • Erstmals erschienen 2004


    A Novel lautet der Untertitel, ein Roman. Muß man es dazu sagen oder ist das nur ein weiterer der wunderbaren augenzwinkernden Scherze, mit denen Kluger diese Geschichte ausstattet? Die diese Geschichte sind? Ist es am Ende gar kein Roman, sondern eine wahre Liebesgeschichte? Schließlich heißt es doch jedesmal, wenn’s so richtig schön wird im Leben: Das ist wie im Roman.


    Almost Like Being in Love ist ein Liebesroman, wenn man es streng nimmt, kann man ihn sogar unter ‚Schmonzette’ kategorisieren. Es wird nichts ausgelassen an Süße, Romantik, Gefühligkeit, Herz und Schmerz. Wie es erzählt wird, welche Bilder gefunden und wie die Figuren entworfen werden, ist allerdings ganz anders, als man es gewöhnt wird. Ganz, ganz, ganz anders.


    Kluger erzählt die Geschichte von Travis und Craig. 1978 begegnen sie sich noch auf der Highschool, in einem Internat. Sie sind etwas über siebzehn und können unterschiedlicher kaum sein. Craig ist der Sportliche, ein Baseballspieler von Rang. Alles, was Nachdenken erfordert, reizt ihn nicht besonders. Travis ist der Büchertyp, darüberhinaus liebt er Popmusik, vorzugsweise Musicals, und natürlich Craig. Dieser hat keine Ahnung davon. Eine wichtige Arbeit im Englischunterricht bringt die beiden zusammen. Im Lauf des nächsten halben Jahres freunden sie sich soweit an, daß Craig beginnt, seinen Kopf in Gang zu setzen und Travis Baseball-Fan wird. Ein überzeugter. Es ist bald nicht mehr nur schiere Gedächtnisleistung, wenn er die Spieler der zwanziger und dreißiger Jahre und ihre homeruns aufführen kann.


    Natürlich entdeckt Craig auch seine Liebe zu Travis. Das ist ein Liebesroman! Sie verbringen einen idyllischen Sommer in New York, dann kommt die Trennung. Craig geht zum Jura-Studium nach Harvard, Travis nach Kalifornien. Der Kontakt bricht bald ab.
    Zwanzig Jahre später wird Travis, inzwischen Professor für amerikanische Geschichte, klar, daß Craig die einzige Liebe seines Leben ist. Hals über Kopf macht er sich auf die Suche nach Craig. Das Chaos ist vorprogrammiert, das Ende, noch einmal sechs Jahre später, auch. Bis es dazu kommt, entfacht Kluger aber noch ein Feuerwerk nach dem anderen. Es gibt nichts, was ihm nicht einfällt für seine beiden hinreißenden Protagonisten. Einzige Bedingung: es muß entweder mit Baseball oder mit Musicals zu tun haben.


    Geschrieben ist das Buch auf besondere Art. Höchstens ein Viertel der Geschichte ist als fortlaufender Text zu lesen. Den größten Teil nehmen andere Textsorten ein, als da sind: Zeitungsausschnitte, Schulaufsätze und schriftliche Abschlußarbeiten, hingekritzelte Notizen, Emails, Nachrichten auf Post-its, Ankündigungen am Schwarzen Brett, Protokolle von Gerichtsverhandlungen oder Tagebucheinträge. Sie alle treiben die Handlung weiter, geben aber auch die nötigen Informationen zur Charakterisierung der handelnden Personen. Craig und Travis sind von einer Handvoll Nebenfiguren umgeben, die man nur schwer vergessen wird. ‚I]Wäre das kein Drehbuch, sondern das Leben, säßen sie alle schon im Irrenhaus[/I], sagt eine Nebenfigur einmal, als er die Geschichte hört. Wie es dazu kommt, daß das Ganze auch noch auf dem Schreibtisch eines Drehbuch-Agenten landet, ist eine weitere wilde Wendung, auf die nur jemand wie Kluger kommen kann.


    Die Lektüre ist nicht ganz einfach, wenn man sich, wie ich, nicht mit Baseball auskennt und, ich wieder, darüberhinaus die Existenz von Musicals für das Ergebnis einer Verschwörung der Unmusikalischen gegen die Musikalischen hält. Trotzdem überzeugen die Figuren gerade in ihrer Übertriebenheit, die doch nur ein Zeichen ihrer absoluten Hingabe an ihr innig geliebtes Hobby ist. Was wiederum nur ein Zeichen dafür ist, wie innig sie an den Menschen hängen, die sie nun mal lieben.
    Gut gedacht und toll erzählt. Ein richtig verrücktes, richtig lustiges und richtig romantisches Buch.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • :freude


    Juhuuu! Ich habe inzwischen schon vier Bücher von Steve Kluger (die alle irgendwas mit Baseball und Musicals zu tun haben :grin), aber das hier war mein erstes und ist auch immer noch mein Lieblingsbuch. Die Personen sind durchweg liebenwert und ich fand es einfach klasse, wie sich aus Zeitungsausschnitten, Listen, Schulaufsätzen, Emails, sonstigen Notizen eine Geschichte entwickelt.


    Danke für die Rezi, Magali! :anbet

  • :-)


    Kann ich verstehen, an das Buch werde ich mich auch immer gern zurückerinnern. Vielleicht gibt es sogar mal eine Re-Lektüre. Aber Baseball gucke ich deswegen nicht!!
    :lache



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Es sei zu diesem Thema der Hinweis erlaubt, dass sich beim Baseball nicht um einen Sport sondern um eine Weltanschauung handelt. So nennt sich beispielsweise die US-amerikanische Baseballliga ganz bescheiden "World Series".


    Mit dem Thema Baseball befasst sich auch mein absoluter Lieblingsfilm:


    Feld der Träume
    mit Kevin Costner, Burt Lancaster, James Earl Jones, Amy Madigan

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Voltaire ()

  • :lache


    Stimmt. Musicals auch. :yikes


    Das nehme ich auch als Grund dafür an, daß dieses wirklich herzerwärmend verrückte Buch nie ins Deutsche übersetzt wurde. Es ist sehr speziell. Und eins von denen, bei denen klar wird, daß sich die Alltagskultur der USA beträchtlich von der unseren unterscheidet.
    Thank Goddess for little mercies.
    :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Vielen Dank für die Rezi, Magali. Das klingt sehr, sehr interessant - auch wenn ich deine Einschätzung bezüglich Musicals teile und Baseball für nicht mehr als die bitterböse Karikatur einer Sportart halte. Aber daran scheint das Buch ja keinesfalls zu scheitern.

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann