Kleinod
Wer das Adjektiv im Subtitel - indisch - falsch interpretiert, wird vermuten, dass dieses zauberhafte Büchlein Novellen enthält, die aus Indien stammen. Tatsächlich sind sie im Baden-Württembergischen Taubertal entstanden. Dort lebt der Autor, der bisher nur als Verfasser von Sachbüchern in Erscheinung getreten ist.
Zwei der drei Novellen erzählen, stark vereinfacht gesagt, Geschichten vom Menschsein. Dies geschieht vor dem Hintergrund der indischen Kultur, des entstehenden Hinduismus', eingebettet in gefällige, plastische Beschreibungen. In einem Stil, der oft an Märchen erinnert, beschreibt der Autor zunächst die Reise des jungen Tami, der von seinem Vater in die vermeintlich böse, feindselige Stadt geschickt wird, um sie auszuspähen, nimmt man doch an, dass über kurz oder lang ein Angriff von dort aus erfolgen wird. Der Held der zweiten Geschichte verfolgt die Entführer seiner Schwester und stolpert auf diesem fast lebenslangen Weg von einem Missverständnis ins nächste, um am Ende darüber nachzusinnen, ob er selbst oder sogar die ganze Menschheit ein Missverständnis sind, eben der titelgebende Irrtum des Götterkönigs. Die dritte Novelle grätscht stilistisch heraus, berichtet von einem Offizier, der in Indien Seltsames erlebt hat und nun nicht weiß, ob ihn die Dämonen nach Europa verfolgen.
Alle drei Geschichten sind stark metaphorisch, ähneln Gleichnissen, aber sie sind zugleich auch spannende und zuweilen vergnügliche Erzählungen, in gewisser Weise fast zeitlos.
Wenn es Negatives über dieses Buch zu sagen gibt, dann über Ausstattung und Lektorat. Zumindest in der ersten Auflage sind noch einige Fehler zu finden, und die enge Bindung erschwert die Lektüre. Hiervon abgesehen debütiert mit "Indras Irrtum" ein Erzähler, der sanfte Ironie, einen fast schon klassischen Stil und einen märchenhaften Einblick in fremde Kulturen zu verbinden weiß. Ein Kleinod. Bitte mehr davon. Und nicht wieder nur 120 Seiten.