Die Krux an dieser ganzen Diskussion ist offenbar, dass es hier grundlegende Unterschiede in der Einschätzung einer Doktorarbeit gibt.
Während es für die einen scheinbar nicht viel mehr ist als ein Schulaufsatz, bei dem man durchaus mal schummeln darf, so lange man sich nicht erwischen lässt, ist es für andere, zum Beispiel mich, durchaus keine Lappalie, dabei zu mogeln.
Wenn dieser Doktor tatsächlich nur diese zwei Buchstaben bedeutet, warum setzt sich einer, mit Bundestagsmandat, zeitraubenden Aufsichtsratjobs und junger Familie hin, um in langjährigen Nachtschichten einen fünfhundertseitigen Schinken zu schreiben oder auch nur zusammenzukopieren? Warum muss ich für die Zulassung zur Promotion ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, wenn eine Promotion nicht mehr ist als ein akademischer Verwaltungsakt? Und wie kann ich eine Selbständigkeitserklärung unterschreiben, wenn ich genau weiß, dass die das Papier nicht wert ist, auf dem sie steht?
Guttenberg - Der Werteverfall in dieser Gesellschaft hat einen Namen
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Zitat
Original von maikaefer
Leseebär darüber darf/kann/soll doch aber dann der Wähler entscheiden.Ganz meine Meinung. Leider ist man bei unserem Wahlsystem nicht in der Lage, einzelne Politiker abzustrafen. Beispiel: Guttenberg wäre im Amt geblieben, ich bin mit der Regierung ansonsten zufrieden - soll ich sie dann wegen der Guttenberg-Affäre beim nächsten Mal nicht wählen, sondern lieber diejenigen, deren Programm mir nicht so gefällt (mal abgesehen davon, daß ich als Bremer auf die Wahl oder nicht-Wahl der CSU genau 0 Einfluss habe)?
Solange wir keine echte Personenwahl haben, werden solche "Einzeltäter" nicht vom Wähler abgestraft werden können, ganz egal, ob es im Falle zu Guttenberg überhaupt zu einer "Abstrafung" gekommen wäre oder nicht.
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Langsam wirds mir zu langweilig.
Wenn man eine andere Meinung hat, hat man keine Ahnung.
Ahnung hat man nur, wenn man zustimmt.
Das mag ich nicht.
Ich bin raus.
Edit: (hat sich mit deinem Posting überschnitten, Leseebär, und bezog sich nicht auf dich) -
Ich glaube, dass zumindest hier im Forum viele durchaus wissen, was der "wissenschaftliche Kodex" ist und welche Bedeutung eine Doktorarbeit hat. Es unterscheiden sich eben die Meinungen, wie die Bestrafung Guttenbergs aussehen soll, bzw. ob es überhaupt eine geben soll.
Ich meine auch nicht, dass diejenigen, die den Rücktritt/Rausschmiss als übertrieben sehen, keine Ahnung haben.
Ich finde aber durchaus, dass deren Argumente bei nüchterner Betrachtung nicht im Geringsten schlagfertig und überzeugend sind. Das muss ich so offen sagen."Jeder hat mal geschummelt"
"Andere Politiker sind nicht besser"
"Es gibt wichtigere politische Themen"
"Er hat ja vor seiner Zeit als Minister geschummelt"
"Die Soldaten mögen ihn ja weiterhin"
"Die Bevölkerung [die zum Großteil keine Ahnung von der Materie hat und keine Nachrichten verfolgt] steht hinter Guttenberg"
"Es ist/war eine Hetzkampagne der Medien und Opposition"
"Lieber einen Schummler als die anderen öden Politiker"
etc.
etc.Das sind alles keine Argumente, sondern Relativierungen.
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Die Frage ist, warum das "Mogeln" bei der Dr. Arbeit ihn für einen Posten disqualifizieren sollte, für den weder die Dr.-Arbeit von Belang ist, noch seine totale moralische Integrität gefordert wäre und den er zuvor aus meiner Sicht durchaus intelligent besetzt und ausgeführt hat.
Ich bleibe dabei, mir ist ein charismatischer gewitzter Verteidigungsminister wesentlich lieber, als eine graue Maus, die niemand wahrnimmt, der aber dafür eine blütenweiße Weste hat.
Es geht darum, was Guttenberg hätte verändern können, eben durch den Rückhalt den er, wie jetzt ja sichtbar wird, in der Bevölkerung hat und das ist es was offenbar überhaupt der Auslöser dieser Affäre war.
Guttenberg stellt für jeden Politiker mit Ambitionen eine Bedrohung dar, denn niemand auf der derzeitigen politischen Bühne weiß sich so gut in Szene zu setzen, ist so medienpräsent und wirksam, niemand erziehlt eine solche Wirkung.
Und genau diesen Menschen haben wir uns vergrätzt, durch eine absolut überzogene Pressehetzkampagne, die weder dem Anlass angemessen, noch sachlich geführt wurde.Er ist ein Mensch, der die Menschen wieder für politische Entscheidungen interessieren konnte und ich bedauere, daß diesem Menschen dazu vorläufig die Möglichkeit genommen wurde.
Fakt ist, er hat geschummelt. Er hat Fußnoten geschludert und augenscheinlich abgeschrieben. Eine Straftat sehe ich persönlich da noch nicht, wobei ich mich im Urheberrecht auch nur marginal zu Hause fühle.
Die Frage ist also, womit können wir diese Verfehlung vergleichen... ?Interessant übrigens, wie hier unsere hochgebildeten Mitdiskutanten dem ein oder anderen die Fähigkeit zur Bewertung der Verfehlung absprechen. Hört sich ziemlich nach dem Ruf an, Wahlrecht nur den Akademikern... denn nur die haben begriffen worums geht.
*verpißt sich wieder*
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ich spreche niemandem die Fähigkeit ab, Verfehlungen zu bewerten (falls du mich meintest :grin), noch unterstelle ich irgendjemandem Ahnungslosigkeit. Trotzdem hat mich noch kein Argument der Gegenseite überzeugen können
Kann mir mal jemand verraten, worin diese sagenhaften politischen Leistungenzu Guttenbergs, außer gut auszusehen (Ansichtssache) und gut reden zu können (dito) eigentlich bestanden?
Außer den diversen Truppenbesuchen, die auf viele Soldaten tatsächlich motivierend gewirkt haben mögen, habe ich da nicht viel mitbekommen. Beim Kundus-Debakel wirkte zu Guttenberg auf mich jedenfalls keineswegs souverän, sondern eher kopflos. Zuerst hatte alles seine Ordnung, und als er merkte, dass er sich da ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt hatte, waren plötzlich die anderen Schuld, die ihn nicht ordentlich informiert haben. Ähnlich voreiliges Handeln bei der Gorch-Fock-Affaire: auch hier hatte ich den Eindruck heftigen Aktionismus' aufgrund vorauseilenden Gehorsams. Manche nennen das Populismus. Bleibt noch die Abschaffung der Wehrpflicht. Hm, war das nicht eigentlich eine Idee der SPD, die von der CDU vehement abgelehnt wurde? Und die eigentlich Arbeit beginnt da ja erst jetzt, wo diese Idee irgendwie umgesetzt werden muss (und da scheint's ja noch gewaltig zu hapern) -
Zitat
Original von Piranha
Das sind alles keine Argumente, sondern Relativierungen.
Ja, stimmt. Genau diese Relativierung sehe ich aber auch als wichtig an. Man muss diese Verfehlung - und das ist es - relativ zum Kontext einordnen. Man muss abwägen, welches Gewicht sie hat im Vergleich dazu, dass der Mann entsprechend der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland durch die wahlberechtigte Bevölkerung und durch amtsausübung der gewählten Gremien eine Verantwortung übertragen bekam, auf die er zum Wohl des deutschen Volkes vereidigt wurde.
Würde man nämlich nicht relativieren, so würde man absolut setzen. Man würde das Erschleichen eines Doktrotitels so stark gewichten, dass es ohne Betrachtung der Umstände und der Auswirkungen unmittelbar und sofort eine Amtsenthebung zur Folge haben müsste, und zwar ohne Überprüfung durch ein Wählervotum oder andere legitimierende Gremien. Der Tatbestand wäre dann so fundamental, dass er die Souveränität des deutschen Volkes bei der Wahl seiner Regierung aushebelt.
Das halte ich für überzogen und deswegen bin ich für die Relativierung. Nicht nur im Fall zu Guttenberg, sondern allgemein finde ich, dass ein politisches Amt nicht so etwas ist wie ein Gewinn in einer Quizshow, mit dem man dem Kandidaten einen Gefallen tut, sondern primär eine Verantwortung, die er vom Souverän übertragen bekommt, die man ihm nur in Ausnahmefällen nehmen darf und die er auch nur in Ausnahmefällen vor Ablauf seiner Dienstzeit wieder abgeben darf. -
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Original von Bernard
[...]
Das Problem daran, solche Maßstäbe wie "Politiker dürfen nicht lügen, wenn sie ein Amt bekleiden wollen" anzulegen, besteht meines Erachtens darin, dass es die Menge der für ein Amt zur Verfügung stehenden Leute gegen Null gehen lässt.
Ich will es nochmal klarstellen, dass ich das Problem vor allem darin sehe, dass Guttenberg nach wie vor lügt. Gerade, weil er schon überführt worden ist, sollte er, wie es andere Politiker vorgemacht haben, aufhören zu lügen/leugnen und mit der Wahrheit rausrücken und sich auch zumindest förmlich entschuldigen.Als Nebenbemerkung: Ich schreibe übrigens "lügen", weil hier sonst manch einer wieder mit der Gesetzes-Keule ausholt und irgendeine Definition von Betrug hervorbringt. In allen meinen Kommentaren kann man "lügen" auch durch "betrügen" ersetzen (dies ist jedoch dann eher moralisch gemeint).
Zitat
Noch wichtiger ist mir allerdings, dass sie ihren Regierungsjob gut machen.
Mitlerweile sollte es sich herumgesprochen haben, dass Guttenberg seinen Job alles andere als gut gemacht hat. Die Diskrepanz zwischen dem gefühlten "er macht seinen Job gut" der Bevölkerung und den tatsächlich nachweisebaren Leistungen war wohl noch nie so groß wie bei Guttenberg.Zitat
Ich finde es beispielsweise nicht schön, wenn ein Ministerpräsident korrupt ist, aber wir hatten in Deutschland schon bis auf die Knochen korrupte Ministerpräsidenten, die ihr Land in erstaunlichem Maße nach vorn gebracht haben.
Das ist wieder so ein Scheinargument. Wenn einer xy macht, dürfen auch andere xy machen. Wozu gibt es dann noch Gerichte, die Menschen verurteilen dürfen?Zitat
Ob die Bevölkerung mit ihren Methoden einverstanden ist, sollte dann bei der nächsten Wahl entschieden werden. Hier steht es dann frei, jemanden zu wählen, der moralisch integer ist, dafür aber vielleicht andere Eigenschaften nicht besitzt, die man sich ebenfalls für ein solches Amt wünschen würde. Die Gewichtung der Kriterien obliegt dem Wähler.Wurde schon von einem Forumsmitglied beantwortet: Der Wähler kann eben genau dies nicht bei (Bundestags-)Wahlen entscheiden!
Zitat
Außerdem hat er sich ziemlich charakterlos bei der Aufklärung dieser Sache verhalten.
Er hat, entgegen seiner Ankündigung, von Beginn an nicht nur nicht mit bei der Aufklärung geholfen, sondern diese gezielt erschwert. Das liegt natürlich daran, dass er weiterhin behauptet, dass alles nur eine Kampagne sei und er gar nicht plagiiert hat.Zitat
Das ist für mich aber nicht "formal justiziabel" - wenn ein Angeklagter lügt, dass sich die Balken biegen, ist das für mich verständlich.
Es geht, auch das wurde hier im Thread schon gesagt, nicht nur darum, was "formal justiziabel" ist und was nicht. Natürlich wiegt ein Richterspruch o.ä. sehr schwer. Aber auch moralische Vergehen können durchaus geahndet werden. Und ja, ein Angeklagter darf lügen bis sich die Balken biegen und kann dafür nicht direkt belangt werden. Doch ein Minster kann dafür belangt werden, auch wenn er Angeklagter ist. Und ich meine, dass ein Angklagter ein "Bonus" bekommen kann, wenn er geständig ist und bei der Aufklärung mithilft. Davon hätte auch Guttenberg gebrauch machen sollen.ZitatAnders wäre es lediglich dann gewesen, wenn sein Vergehen in Verbindung mit seinem Amt gestanden hätte
Das steht ja auch zur Zeit zur Debatte. Es geht von der Verwendung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, bis hin zu Sponsoringverträge für die Uni Bayreuth und auch einer Art Vetternwirtschaft (mir fällt kein anderer Begriff ein) unter CSU-Politikern bei der Vergabe von Doktortiteln und Orden. -
Zitat
Original von Babyjane
Die Frage ist, warum das "Mogeln" bei der Dr. Arbeit ihn für einen Posten disqualifizieren sollte, für den weder die Dr.-Arbeit von Belang ist, noch seine totale moralische Integrität gefordert wäre und den er zuvor aus meiner Sicht durchaus intelligent besetzt und ausgeführt hat.Es gibt für Dich tatsächlich Posten in der Regierung, bei der die moralische Integrität nicht gefordert ist? Wenn nicht da, wo sonst?
ZitatIch bleibe dabei, mir ist ein charismatischer gewitzter Verteidigungsminister wesentlich lieber, als eine graue Maus, die niemand wahrnimmt, der aber dafür eine blütenweiße Weste hat.
Wieso dann nicht gleich ein Kabinett aus Stefan Raab, Dieter Bohlen, Thomas Gottschalk? Kanzler wird dann Horst Schlämmer.
Sorry für so viel Sarkasmus, aber mir ist unbegreiflich, wie man in der Politik Leute befürworten kann, die zwar telegen sind, aber nicht davor zurückschrecken die eigene Karriere in solch plumper Art und Weise zu befeuern. Ich jedenfalls glaube nicht, daß Herr zu Guttenberg aus seinem Fehler gelernt hat - imho würde er jederzeit wieder so handeln, wenn er die Gelegenheit bekäme.
ZitatEr ist ein Mensch, der die Menschen wieder für politische Entscheidungen interessieren konnte
Das öffentliche Interesse an der Politik Guttenbergs, also Kunduz, Gorch Fock und Co hatte meines Erachtens wenig mit dem Interesse der Menschen an zu Guttenberg zu tun.
ZitatFakt ist, er hat geschummelt. Er hat Fußnoten geschludert und augenscheinlich abgeschrieben. Eine Straftat sehe ich persönlich da noch nicht, wobei ich mich im Urheberrecht auch nur marginal zu Hause fühle.
Die Frage ist also, womit können wir diese Verfehlung vergleichen... ?Ich frage auch hier nochmal: Sind große moralische Verfehlungen wirklich erst solche, wenn sie eine Straftat darstellen? Ein Vergleich ist zwar nicht ganz möglich, da die Sachverhalte zu unterschiedlich sind, aber als Beispiel für einen anderen Fall, in dem zwar offensichtliche schwere Verfehlungen von Politikern begangen wurden, in dem es aber keine juristische Verurteilung gab, ist die Schwarze-Kassen-Affäre der Bundes-CDU.
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Zitat
Original von DraperDoyle
Kann mir mal jemand verraten, worin diese sagenhaften politischen Leistungenzu Guttenbergs, außer gut auszusehen (Ansichtssache) und gut reden zu können (dito) eigentlich bestanden?
Ich finde, es geht gar nicht darum, ob er einen guten Job gemacht hat oder nicht. Selbst, wenn er grottenschlecht gewesen sein sollte, hätte er nicht wegen einer Verfehlung in einem fachfremden Gebiet zurücktreten sollen.Abgesehen davon hat er mich tatsächlich durch einige Aktionen beeindruckt:
- Er war gegen die Opel-Subventionen. Wurde damals als unpopuläre Haltung eingeschätzt, zur allgemeinen Überraschung kam es in der Bevölkerung gut an.
- Er hat sich vor seine Truppe gestellt bei der Kundus-Sache. Mag sein, dass er anfangs in der Sache falsch lag - trotzdem, ein Chef hat sich vor seine Leute zu schmeißen und die Kugeln aufzufangen. Nur Wenige tun das in der Konsequenz.
- Gorch Fock: Hey, das Schiff lag vor Feuerland und hatte Befehl, nach Deutschland zurückzukehren. Kurzer Blick auf die Weltkarte: Das große Blaue dazwischen nennt sich "Atlantik". Wenn ein Kapitän ein Schiff, zumal so ein Schiff, über den Atlantik führen muss, dann muss er auch mal für die Mannschaft unbequeme Entscheidungen fällen - zumal in Sturm und schwerem Wetter. Kann er das, wenn er im Hinterkopf immer hat: "Oh Gott, nur nicht die Leute zu hart anfassen, sonst wirkt sich das auf das Verfahren gegen mich aus!"? Zweifel sind angebracht, deswegen muss zum Wohle des Schiffes ein anderer das Kommando übernehmen.
- Wehrpflicht: Klar hat die SPD darüber geredet. Seit Jahrzehnten. Sie hätte es wohl auch noch ein paar Jahrzehnte getan. So wie die Grünen bis zum Ende ihrer Existenz vermutlich den Austritt aus der Nato und die Abschaffung der Bundeswehr propagieren werden, stets darauf hoffend, dass sie einen Koalitionspartner finden werden, der verhindert, dass sie für ihre Reden einstehen müssen. Aber zu Guttenberg hat es getan. Das ist vielleicht sein Hauptverdienst: Er hat Sachen getan, wo andere nur reden. -
Hat einer von Euch Kinder, die er zu vernünftigen Menschen erziehen möchte? Wenn ja- wie erklärt Ihr Euren Kindern eigentlich ein Verhalten eines Herrn z.G.? Stellt Ihr Euch hin und verkündet: es ist nicht schlimm, wenn Du abschreibst, um besser dazustehen, alle anderen machen das schliesslich auch? Ist auch nicht schlimm, wenn Du mal irgendwo was für unter zwei Euro klaust- ist ja nicht so teuer und Deine Klassenkameraden klauen auch mal gelegentlich, und wenn einer vom Dach springt, springst Du einfach auch!!!
Genau da geht es mir drum. Es geht nicht darum, dass er einen Doktortitel besitzt, oder nicht. Es geht darum, dass er weder zu seinen Fehlern offen gestanden hat noch auf irgendeine Art und Weise Rückgrad bewiesen hat. Z.G hat auch eine Vorbildfunktion. (Wer, wenn nicht ein Minister hätte eine Vorbildfunktion?)
Ich gebe in der Beziehung recht, dass es völlig egal ist, ob jemand in der Politik einen Doktortitel o.ä. hat. Es kommt auf den Menschen an, ob er gute Politik macht. Es hätte mich überhaupt nicht gestört, wenn z.G keinen Doktortitel hätte. Was sagt es denn über seine politische Leistung aus? Nichts! ( Es gibt doch auch genügend andere gute Politiker ohne Doktortitel!)
Für mich ist diese Argumentation, von wegen: "es schummeln doch alle, also ist eine Schummelei mehr oder weniger auch nicht schlimm" erschreckend.
Das ist eine öffentliche gedultete Vereitelung von Hochstaplerei!Meine Wertevorstellung ist einfach eine andere. Und wenn meine Kinder später mal eine ehrliche 4- nach Hause bringen anstatt einer erschummelten 1, werde ich stolz auf sie sein.
Will sagen: es ist mir scheißegal, ob ein Politiker dick, dünn, hässlich, gutaussehend, kettenrauchend, medienpräsent(geil) , haargegelt, flippig oder stinklangweilig ist. Er kann meinetwegen abgefuckte Jeans oder Armanianzüge tragen. Das sagt alles nichts über seine Arbeit aus.
Er soll einfach einen ordentlichen Job machen, nichts weiter. Und wenn z.G abseits von seiner TopGun- Inszenierung irgendwelche Verdienste vorzuweisen hätte, würde es mir ebenfalls leid tun, wenn er irgendwelchen Hetzkampagnien zum Opfer gefallen wäre. (Tatsächlich sehe ich das nicht so. In meinen Augen scheint es ihm extrem wichtig gewesen zu sein, wie er aussieht. Und dieser Auftritt bei "Wetten Dass" war für mich kaum zu ertragen, aber lassen wir das.)
Das einzig positive war für mich die Abschaffung der Wehrpflicht. So, ich bin jetzt echt weg. -
Zitat
Original von Piranha
Mitlerweile sollte es sich herumgesprochen haben, dass Guttenberg seinen Job alles andere als gut gemacht hat. Die Diskrepanz zwischen dem gefühlten "er macht seinen Job gut" der Bevölkerung und den tatsächlich nachweisebaren Leistungen war wohl noch nie so groß wie bei Guttenberg.
1) Wer entscheidet das, wenn nicht der Wähler bei der nächsten Wahl?
2) Spielt es überhaupt eine Rolle? Wenn ein Politiker sich den Doktortitel erschlichen hätte, der in Deinen Augen einen guten Job macht, müsste der dann nicht zurücktreten?ZitatOriginal von Piranha
Das ist wieder so ein Scheinargument. Wenn einer xy macht, dürfen auch andere xy machen. Wozu gibt es dann noch Gerichte, die Menschen verurteilen dürfen?
Sorry, Du hast mein Argument nicht verstanden.
Mein Argument ist, dass es für ein politisches Amt eine Vielzahl von Qualifikationskriterien gibt. "Moralische Integrität" ist eines davon. "Kompetenz im Fachgebiet", "Diplomatisches Geschick", "Identifikationsfähigkeit für die Bevölkerung", "Verbindungen zu relevanten Kreisen (etwa beim Außenminister zu den anderen Ländern)", "Sprachfähigkeiten", "Gespür für das politisch Machbare", "..." sind ebenfalls welche. Es wäre naiv, zu vermuten, man könne Leute finden, die in allen Kriterien Bestnoten hätten. Deswegen muss man abwägen, insbesondere die "moralische Integrität" gegen die anderen Kriterien. Wenn man die sehr hoch hängt, wären viele der heute amtierenden Politiker nicht im Amt - eventuell sogar keiner von ihnen, denn so, wie heute gewählt wird, scheint es vorteilhaft für eine politische Karriere zu sein, über Leichen zu gehen. Nicht im Amt gewesen wären dann auch sämtliche Politiker, denen die meisten Menschen rückblickend hohe Verdienste anrechnen - Adenauer, Brand, Kohl, Strauß, Fischer. Wir hätten weniger Parteispendenskandale, aber vermutlich hätten wir auch keine deutsche Einheit, keine starke Wirtschaft usw. Der Preis der Moral - wer will ihn zahlen? -
Zitat
Original von rienchen
Meine Wertevorstellung ist einfach eine andere. Und wenn meine Kinder später mal eine ehrliche 4- nach Hause bringen anstatt einer erschummelten 1, werde ich stolz auf sie sein.
Nehmen wir an, Deine Kinder kommen mit einer erschummelten 1 nach Hause. Was tust Du dann?
1) Sagst Du: "Mach das bitte nie wieder."
2) oder: "Geh zur Lehrerin, sage ihr, was du getan hast. Diese Arbeit ist dann eine 6, du wirst eine Menge büffeln müssen, um das wieder rauszuholen, aber du tust das Richtige."
3) oder: "Tut mir Leid, mein Kind. Wenn jemand schummelt, hat er das Abitur nicht verdient. Ich werde dich von der Schule abmelden, du wirst dich mit der Mittleren Reife begnügen müssen."Der Entzug des Doktortitels wäre für mich die 2). Was nun passiert ist, ist die 3).
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Mal in die Diskussion mich einmisch
Ich war ein kritischer Pro-zu-Gutenberg.
Mir hat schon als Wirtschaftsminister sein Auftreten, seine Redegewandtheit imponiert, das so ganz anders als der übliche austauschbare Politkerblöck ist.
Auch wenn er letztendlich nicht wirklich politisch etwas Besonderes geleistet, weder als Wirtschafts- noch als Verteidigungsminister hat, war er eine Art deutscher Obama = Hoffnungsträger, dem ich zutraute, dass er neue Wege findet und die ausgetretenen Pfade verlässt.Wenn sich hier einige Fragen: Was hat eine inakzeptable Doktorarbeit mit dem Job eines Ministers zu tun – kann ich nur auf die in den letzen Jahren durch die Presse und Gerichte gegangen Vertrauensverluste von Arbeitgebern in ihre Arbeitnehmer hinweisen, z. Bsp. wegen Essens von für den Müll bestimmten Maultaschen usw.
In den überwiegend bekannt gewordenen Fällen aht das „Vergehen“ nichts mit der Arbeitsleistung zutun.Wie kann ich einem Politiker vertrauen (und die Wahl ist ja nichts anderes als die Übertragung von Vertrauen), der nachweislich eine falsche eidesstaatliche Erklärung abgibt und diese nicht einmal zugeben kann.
Was ist wohl von dem was er politisch sagt und unternimmt, wirklich vertrauenswürdig?
Wo sagt er die Unwahrheit um das zu bekommen, was er will?
Will ich mich bei jedem seiner Statements fragen, ob es wahrhaftig so gemeint ist oder nur seinem Vorteil dient?Ich erwarte von einem Politiker, auch wenn es mir immer schwerer fällt, dass er den Bürgern gegenüber aufrichtig ist. In den überwiegenden Fällen schwer nachvollziehbar.
Aber solange Herr zu Guttenberg nicht seine Verfehlung zugeben kann, was er ja immer noch nicht hat und dafür um Entschuldigung bittet ist er für mich nicht vertrauenswürdig und in einem poltischen Amt nicht tragbar.
Eine zweite Chance kann nur der erhalten, der seine Fehler einsieht und bereit ist daraus zu lernen. Dieser Prozess hat bei dem Herrn zu Guttenberg noch nicht einmal im Ansatz begonnen, wie es mir scheint.
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Zitat
Original von Bernard
Nehmen wir an, Deine Kinder kommen mit einer erschummelten 1 nach Hause. Was tust Du dann?
1) Sagst Du: "Mach das bitte nie wieder."
2) oder: "Geh zur Lehrerin, sage ihr, was du getan hast. Diese Arbeit ist dann eine 6, du wirst eine Menge büffeln müssen, um das wieder rauszuholen, aber du tust das Richtige."
3) oder: "Tut mir Leid, mein Kind. Wenn jemand schummelt, hat er das Abitur nicht verdient. Ich werde dich von der Schule abmelden, du wirst dich mit der Mittleren Reife begnügen müssen."Der Entzug des Doktortitels wäre für mich die 2). Was nun passiert ist, ist die 3).
Da 2) dem Verursacher zwar gesagt wird, er es aber nicht tut, bleibt nur noch 3)
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@ Bernard
ZitatMein Argument ist, dass es für ein politisches Amt eine Vielzahl von Qualifikationskriterien gibt.
Sehe ich ja alles so wie du. Nur hat er meiner Meinung nach die "Moralische Integrität" dermaßen beschädigt, dass er nicht mehr tragbar ist. Nebenbei, dass habe ich ja schon gesagt, hat er keine guten Leistungen als Minister erbracht (okay, auch nur meine Meinung).
Zitat2) Spielt es überhaupt eine Rolle? Wenn ein Politiker sich den Doktortitel erschlichen hätte, der in Deinen Augen einen guten Job macht, müsste der dann nicht zurücktreten?
Nein und nochmals nein! Ich habe bereits erwähnt, dass zu Beginn keiner von Rücktritt/Entlassung geredet hat, weil das Plagiat-Thema erstmal als sachliche Debatte begonnen wurde. Erst durch Guttenbergs Leugnen und Beschuldigen der Medien/Opposition (Hetzkampagne) und Inszenierung als Opfer, Vorbild und Held zugleich wurde es ein richtig großer Skandal. Erst dadurch wurde das Thema zu einer Frage von Anstand und Moral. Erst dadurch hat er aus meiner Sicht das Recht auf den Ministerposten verloren.
Wäre er zügig vor die Kameras getreten und hätte gesagt "Ja, ich habe einen dummen Fehler gemacht und bewusst getäuscht. Ich bitte die Universität Bayreuth und diejenigen, bei denen ich plagiiert habe um Entschuldigung. Ich hoffe die Wähler verzeihen mir und geben mir eine zweite Chance.", dann wäre der ganze Aufstand gar nicht gewesen. Er und nur er allein hat sich für den Spießrutenlauf entschieden und seine "Moralische Integrität" verloren.
Zitat1) Wer entscheidet das, wenn nicht der Wähler bei der nächsten Wahl?
Nochmals: Der Wähler kann das gar nicht entscheiden! Wie kommst du darauf? Bei mir auf dem Zettel steht weder CSU drauf, noch Guttenberg, noch sonstirgendetwas, wo ich gesondert über die Politik/Person Guttenberg abstimmen kann.
Ich glaube so langsam drehen wir uns im Kreis.
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Zitat
Original von Bernard
Nehmen wir an, Deine Kinder kommen mit einer erschummelten 1 nach Hause. Was tust Du dann?
1) Sagst Du: "Mach das bitte nie wieder."
2) oder: "Geh zur Lehrerin, sage ihr, was du getan hast. Diese Arbeit ist dann eine 6, du wirst eine Menge büffeln müssen, um das wieder rauszuholen, aber du tust das Richtige."
3) oder: "Tut mir Leid, mein Kind. Wenn jemand schummelt, hat er das Abitur nicht verdient. Ich werde dich von der Schule abmelden, du wirst dich mit der Mittleren Reife begnügen müssen."Der Entzug des Doktortitels wäre für mich die 2). Was nun passiert ist, ist die 3).
Die zwei natürlich, und hätte z.G diese Möglichkeit gewählt, wäre er jetzt auch nicht bei der 3. Die drei ist nur die logische Konsequenz aus potenzierten Schummeleien von der Sexta bis zur Hochschulreife.
Eine erschummelte summa cum laude ist in meinen Augen weniger wert als ein guter Realschulabschluss. Deshalb ist man noch lange kein schlechter (oder dummer!) Mensch, um mal bei dieser Metapher zu bleiben, Bernard.
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Zitat
Original von Piranha
Nochmals: Der Wähler kann das gar nicht entscheiden! Wie kommst du darauf? Bei mir auf dem Zettel steht weder CSU drauf, noch Guttenberg, noch sonstirgendetwas, wo ich gesondert über die Politik/Person Guttenberg abstimmen kann.
Ich komme deswegen darauf, weil ich davon ausgehe, dass jeder Wähler weiß, wo er sein Kreuz machen muss, um zu verhindern, dass Herr zu Guttenberg wieder ein Amt bekommt. Klar, man kann sich überlegen, ob unsere Verfassung gut oder schlecht ist, aber nach der wählt man eben immer ein Paket. Wenn zu Guttenberg als so übel empfunden wird, dass er wesentlich ins Gewicht fällt, dann darf man eben kein Paket wählen, in dem er drin ist.
Allerdings vermute ich, dass er auf sein "Paket" noch immer den gegenteiligen Einfluss hat: Bei Facebook hat die Gruppe "Wir wollen Guttenberg zurück" aktuell 511.514 Mitglieder. -
Zitat
Original von Bernard
Das ist vielleicht sein Hauptverdienst: Er hat Sachen getan, wo andere nur reden.Und das ist genau der Punkt. Seine große Stärke war es, Entscheidungen einfach zu treffen. Und nicht nur darüber zu reden. Das dürfte es wohl auch sein, was zu einem Gutteil zu seiner Popularität beigetragen hat. Um etwas besser zu machen, muss man den Willen UND dann die Kraft und Durchsetzungsstärke aufbringen, etwas zu ändern. Veränderungen sind im Konsenz mit allen Beteiligten und Betroffenen nur schwer zu erzielen. Aber es zu tun, es einfach zu tun, das verdient Respekt. Denn der Großteil seiner Mitpolitiker redet lieber, statt etwas zu tun.
Diese Charaktereigenschaft ist essentiell, um etwas zu bewegen.
Und wie von Bernhard gesagt, die blütenweiße akademische Weste spielt dabei - sachlich gesehen - erst einmal eine nachgeordnete Rolle.Natürlich verstehe ich den Anspruch, die genannten Werte wie Ehrlichkeit bis in die letzte Konsequenz zu leben und sie nicht verwässern zu wollen.
Aber - auch wenn ich dafür gleich Schläge bekommen werde - das ist zu einfach gedacht. So funktioniert die Welt eben nicht. Realistisch ist es, dass man sich so viel wie möglich von seinen ethischen Ansprüchen bewahrt, aber manchmal trotzdem mit den Mitteln des Feindes arbeiten muss, um es mal so banal zu sagen. Wenn jeder Politiker, jeder hochrangige Manager auf Todesstrafe ausschließlich nach höchsten ethischen Maßstäben arbeiten müsste, auch und vor allem bei Kleinigkeiten, dann würden die meisten dieser Menschen über kurz oder lang stürzen oder untergebuttert werden oder schlichtweg nichts erreichen, weil ihre Gegenspieler sich eben nicht an die Regeln halten.
Nochmal - ich will hier Abschreiben bei wissenschaftlichen Arbeiten nicht verharmlosen. Ich sage nur, dass man das Gesamtkonstrukt differenzierter betrachten sollte. Und vielleicht zulassen, dass einer, der bei seiner Doktorarbeit geschummelt hat, deshalb trotzdem ein durchsetzungsstarker und brillanter Politiker sein kann. Weil so ein Amt mehr erfordert, als nur eine blütenweiße Moral für die Vorbild-Funktion. -
Um bei der moralischen Schiene zu bleiben:
Hat ein Minister Vorbildfunktion? Wieso?
Sind es nicht gerade Politiker, die das geringste Ansehen geniessen - egal wo auf der Welt?
Es gibt kluge Köpfe unter den Politikern, aber ich halte mindestens 90% für skrupelose Menschen, die eine Partizipation am grossen Kuchen namens Budget wollen und dafür auch ihre Mutter verraten würden.