Die Farbe des Krieges – Arkadi Babtschenko

  • Arkadi Babtschenko: Die Farbe des Krieges
    aus dem Russischen von Olaf Kühl
    autobiographischer Roman, 255 Seiten


    Rowohlt Verlag, Berlin 2007 (Dt. Erstausgabe)
    Taschenbuch, 8,95 EUR
    ISBN: 978-3499245374


    Über den Autor:
    Arkadi Babtschenko wurde 1977 in Moskau geboren. Mit achtzehn Jahren wurde er zum Militärdienst einberufen und 1996, als 19-Jähriger, nach Tschetschenien versetzt. Vier Jahre später nahm er auch am zweiten Tschetschenien-Krieg teil. Anschließend studierte er in Moskau Jura. 2001 wurde sein Zyklus „Zehn Bilder vom Krieg“ mit dem Preis der literarischen Zeitschrift „Debüt“ ausgezeichnet. Heute lebt und arbeitet Babtschenko als freier Journalist und Autor in Moskau.


    Inhalt:
    In seinem autobiographischen Roman verarbeitet der Autor seine Erfahrungen als Soldat in der russischen Armee und Teilnehmer der Tschetschenien-Kriege mit literarischen Mitteln.
    Das Buch besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil – „Zehn Bilder vom Krieg“ – werden einzelne Eindrücke und Erlebnisse geschildert. Zehn jeweils nur kurze Momentaufnahmen sind lose aneinandergereiht. Der zweite Teil des Buches beschreibt die Erfahrungen des Autors als Rekrut in der russischen Armee, die halbjährige Ausbildungszeit und das Warten auf den Einsatz in Tschetschenien. Thematisiert wird hier v. a. die Brutalität der bereits länger dienenden Soldaten gegenüber den frisch eingezogenen jungen Rekruten in der Armee. Unter falschen Versprechungen und um der Grausamkeit in der Kaserne zu entgehen, verpflichtet sich der Ich-Erzähler zum Einsatz in Tschetschenien, die Kriegserlebnisse sind Inhalt des dritten Teils des Buches. Am zweiten Tschetschenien-Krieg nimmt der Autor ebenfalls teil, diesmal per Vertrag als Zeitsoldat – hiervon handelt der letzte Teil des Buches. Schließlich gibt es noch ein sehr informatives Nachwort des Übersetzers zu den politischen Hintergründen des Tschetschenien-Konfliktes.


    Meine Meinung:
    „Die Farbe des Krieges“ ist ein hartes Buch.
    Über die Rekruten-Misshandlungen innerhalb der russischen Armee wurde auch hierzulande schon in den Nachrichten berichtet, und zwar dann, wenn wieder ein besonders brutaler Fall bekannt geworden war. Man kann in der russischen Armee auch ohne Feindberührung körperlich zu Schaden oder gar zu Tode kommen, einfach durch die Hand der eigenen „Kameraden“. Babtschenkos Schilderungen dieser Zustände wirken noch einmal um einiges eindrücklicher als eine dürre Nachrichtenmeldung.
    Auch die Schilderungen der Kriegserlebnisse sind drastisch. Dabei berichtet der Autor von Gewalttaten beider Seiten, Russen und Tschetschenen, gleichermaßen. Niemand kann in einem Krieg unschuldig bleiben. Auch der Irrsinn dieser Kriege wird deutlich, z. B. dann, wenn der Autor darüber berichtet, wie russische Armeeangehörige aller Dienstgrade ihre eigenen kleinen Geschäfte machen, indem sie Waffen, Munition oder gar ganze Fahrzeuge an den Kriegsgegner verkaufen oder gegen Wodka und Drogen tauschen.
    Berührt hat mich die Suche der russichen Soldatenmütter nach ihren Söhnen, Babtschenko nennt es „die Invasion der Mütter“: die Frauen fuhren nach Tschetschenien, um dort, mitten im Kriegsgebiet, ihre Söhne zu suchen. Auch dies kannte ich schon aus Nachrichtenmeldungen von damals, im Buch wird es zu einem lebendig erzählten Details der Tschetschenien-Kriege.
    Babtschenkos Schilderungen bleiben nah am Geschehen, dieses Buch ist keine flammende Protestschrift gegen den Krieg, sondern ein dokumentarischer Bericht, der aufgrund seiner Authenzität als Anitkriegsbuch wirkt.
    Der Schreibstil des Autors ist wechselhaft. Mal wirkt die Sprache ungeübt und man stellt sich einen jungen Mann vor, der jahrelang nur sein Gewehr in der Hand hatte und nun einen Stift nimmt und seine Erlebnisse, noch ungelenk, aufzuschreiben beginnt. Dann wieder wirkt Babtschenkos Sprache sehr literarisch, v. a. an Stellen, an denen der Autor das Geschehen kurz reflektiert.


    Ich möchte dieses Buch empfehlen, weil es ein wichtiges Buch ist und weil es dem Autor gelungen ist, ein schweres Thema literarisch gut zu verarbeiten. Mir ist klar, dass ein Buch mit einem solchen Inhalt nicht jeder lesen kann. Trotzdem brauchen gerade solche Bücher Öffentlichkeit und müssen gelesen werden.


    Ich vergebe 8 Punkte.


    Leseprobe:
    Auf der Internetseite des Verlages gibt es eine Leseprobe aus dem ersten Teil des Buches. <klick>

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Bisher habe ich weder etwas von dem Autor noch von dem Buch gehört gehabt, wie bist du denn darauf aufmerksam geworden?


    Genau weiß ich das gar nicht mehr. Das Buch wurde sicher mal irgendwo besprochen (Die Zeit, Deutschlandradio sind so meine "Primärquellen"). Und wenn es um Russland und die Nachfolgestaaten der Sowjetunion geht, werd ich dann schon aufmerksam, hocke mich ins I-Net und schau mir das mal genauer an. :-)