Vom Buchrücken:
Dirk Bernemanns neuestes Werk über Menschen mit Vergangenheit, die erkennen, dass sie auch Menschen mit Zukunft sein könnten...
<<Und ich dachte: Ein Frühlingstag. Ja, ja, ja, ein Frühlingstag. Der Mai hat seine Mitte erreicht. Doch was bringt die Mitte eines Mais, wenn es so was wie Vergänglichkeit gibt, wenn man von der Mitte eines Mais schon das Ende eines Novembers erkennen kann?>>
Zum Autor:
zitiert von der Verlagswebsite: "Herr Bernemann wurde vor wenigen Jahren zwischem dem Ruhrgebiet und den Niederlanden geboren.
Er wollte schon immer Bücher schreiben, denn malen war gar nicht seins. Also schrieb er, seit er es konnte, beginnend mit ungefähr 7 Jahren. Oh, ja, er hasste malen. [...] Herr Bernemann inszeniert nicht sich, sondern seine Ironie. Dekadenz ist für Arschlöcher, call him Arschloch.
Er liebt Kultur, seinen Wortschatz und manchmal sogar sich selbst." (http://www.unsichtbar-verlag.de/index.php?id=dirk_bernemann)
Kommentar:
Dieses Mal gibt es keinen ,Anti-Pop’, wie man ihn sonst gewohnt ist, sondern Gedanken und Gefühle, die wir alle kennen und haben. Zwar spielen wieder jede Menge Zigaretten und kollektives Betrinken eine große Rolle, aber dieses Mal bekommen wir die Innenansicht. Und da spielt sich eben viel mehr ab – Zweifel, Einsamkeit, Vergänglichkeit, Sinnlosigkeit. Das alltägliche Leben spricht, ganz nüchtern: „Ein Ziel ist: überleben und Gefühle haben.“ (9) Vogelstimmen ist die Geschichte eines 35-jährigen, der sein Lebenskonzept überdenkt, als er mit dem nahenden Demenztod der eigenen Mutter konfrontiert wird. Man kann fast schon sagen, dass man es hier mit einem modernen ‚coming of age’-Roman zu tun hat, der sich auszeichnet dadurch, ein (scheinbar) bedeutungsloses Dasein in bedeutungsvolle Worte zu kleiden. Und doch sind die einfachen Worte die treffsichersten: „Immer ist da was und das ist gut, und dann geht das weg und ich steh da und kann nicht mit.“ (192) Was irgendwo anfängt zwischen Verzweiflung und Melancholie endet recht optimistisch (und trotzdem authentisch und - fast - ohne Kitsch). Schade ist allerdings, dass ‚das große Finale’ auf dem Buckrücken schon vorweg genommen wird. Es mag zwar die Poente klipp und klar auf den Punkt bringen – aber muss es denn so explizit sein? Wenn man die letzten Seiten liest, spürt man zweifelsohne, dass oben zitiertes Ziel als abgehakt von der Liste gestrichen werden kann. Wenn man es schafft zu akzeptieren, dass etwas Schönes vergänglich sein muss, damit es schön sein kann. Und dass Vergänglichkeit und Zukunft einander nicht ausschließen.
Ich bin gespannt, was wir als nächstes von Dirk Bernemann zu lesen bekommen. Vogelstimmen stellt eine Entwicklung dar, auf die ich zwar gehofft, aber mit der ich nicht immer gerechnet habe. Für jeden, der seine ersten Bücher mochte, ist dieses ein Muss, aber auch für Neulinge sicherlich sehr anregend.