Holly Black – Weißer Fluch
Ein Junge, ein Mord und eine Katze
Der 17-jährige Cassel Sharpe geht auf ein Internat, spinnt gern mit seinem Zimmerkameraden herum und schaut den Mädchen hinterher. Und doch ist er keinesfalls so normal wie die anderen Schüler. Wenn man aus einer Fluchwerker-Familie stammt, Betrügereien geradezu genetisch veranlagt sind und die Mutter wegen eben jener im Gefängnis sitzt, ist dies auch ziemlich schwierig. Auch wenn man als einziger der Familie in fluchtechnischen Dingen unbegabt ist.
Doch neben diesen eher banalen Angelegenheiten beschäftigt Cassel etwas ganz anderes:
"Hier ist die nackte Wahrheit: Mit vierzehn habe ich ein Mädchen getötet. Sie hieß Lila, sie war meine beste Freundin und ich habe sie geliebt. Trotzdem habe ich sie umgebracht."
Warum Cassel das getan hat, weiß er nicht. Nur ist er sich ziemlich sicher, dass er es getan hat, denn ständig verfolgen ihn Albträume von jener Nacht, als er blutverschmiert über seiner geliebten Freundin stand. Und seit einiger Zeit sieht er nicht mehr nur in seinen Träumen eine weiße Katze, die genau wie Lila ein blaues und ein grünes Auge besitzt.
Als er wegen seines Schlafwandelns für eine Zeit lang aus dem Internat suspendiert wird und wieder intensiv mit seinem Großvater und seinen zwei älteren Brüdern zusammenlebt, werfen sich unweigerlich Fragen auf, die ihm aber niemand beantwortet. Zudem fehlen ihm einige Erinnerungen und seine Brüder kommen ihm immer seltsamer vor. Was wird hier vor ihm verheimlicht?
Die Fluchwerker
Holly Black entscheidet sich in ihrer Geschichte für einen realen und zugleich magischen Schauplatz. So spielt die Geschichte irgendwo in den USA, wo seit Jahrzehnten schon die Magie verboten ist und die Fluchwerker nur noch im Untergrund, meist mit der Mafia oder anderen zweifelhaften Organisationen, arbeiten können. Fluchwerker – Die Menschen, die durch einen einzigen Fingerstreif je nach Begabung (Glückswerker, Gedächtniswerker, Gefühlswerker, Traumwerker, Leibwerker, Todeswerker, Verwandlungswerker) ihr Opfer beeinflussen können.
Um sich vor diesen Angrifffen zu schützen ist es völlig normal, zu jeder Zeit mit Handschuhen durch die Welt zu laufen.
Zurechtfinden, Mitfiebern, Warten
Holly Blacks Werk ist der Auftakt einer neuen Trilogie, die im Original The Curse Workers Trilogy heißt, und muss somit erst einmal die erdachte Welt dem Leser näher bringen, da schließlich noch zwei weitere Bände darauf aufbauen sollen. Doch fiel es mir persönlich bis ungefähr zur Hälfte des Buches schwer mich in der Welt zurecht zu finden. Aber ab diesem Zeitpunkt, als ich mit allen Charakteren und Gegebenheiten vertraut war, begann ich mich in der Geschichte richtig wohl zu fühlen und verfolgte sie voller Neugierde. Denn an Spannung sparte die Autorin keinesfalls, die sich langsam und beinahe unbewusst in ein nervenaufreibendes Höchstmaß steigert.
Von den angelegten Charakteren war für mich Cassel der einzige, der in seiner zwiespältigen, immer gespielten, sein wahres Ich verbergenden Art, wirklich real wirkte, auch wenn ich mich kaum in ihn hineinversetzen konnte, da ich vielen seiner Entscheidungen nicht folgen konnte. Die anderen Charaktere waren bisher fast nur einseitig angelegt, sodass von disen in den Folgebänden hoffentlich noch einiges zu erwarten ist.
Besonders gefreut hat mich, dass lediglich der Hauch einer Liebesgeschichte den Band durchzieht und sich nicht, wie zur Zeit üblich, in den Vordergrund drängt.
Einzig und allein der Stil der Autorin hat mir nicht so sehr zugesagt. Ständiger Wechsel von kurzen Satzfetzen zu längeren Strukturen und zum Lachen angelegte Stellen, die mich nur mit Mühe zum Lächeln brachten.
Fazit: „Weißer Fluch“ ist ein äußerst gelungener Auftakt zu einer vielversprechenden magisch-spannenden Trilogie und ist jeder Freundin der dunklen Magie ans Herz gelegt.
Im April wird auf Englisch „Red Glove“ dem ersten Teil „White Cat“ folgen, auf den ich mich schon riesig freue und der meine Erwartungen hoffentlich erfüllen wird.