Adams Erbe - Astrid Rosenfeld

  • Titel: Adams Erbe
    Autorin: Astrid Rosenfeld
    Verlag: Diogenes
    Seiten: 400



    Über die Autorin :


    Astrid Rosenfeld wurde 1977 in Köln geboren. Nach dem Abitur ging sie für zwei Jahre nach Kalifornien, wo sie erste Berufserfahrungen am Theater sammelte. Danach begann sie eine Schauspielausbildung in Berlin, die sie nach anderthalb Jahren abbrach. Seither hat sie in diversen Jobs in der Filmbranche gearbeitet, unter anderem als Casterin. So war sie etwa Casting Director bei den Kinofilmen ›Muxmäuschenstill‹ (2004, Regie: Marcus Mittermeier) und ›Knallhart‹ (2006, Regie: Detlev Buck). Astrid Rosenfeld lebt in Berlin. ›Adams Erbe‹ ist ihr erster Roman.




    Über den Ihnhalt:


    Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, beginnend mit dem Leben Edward Cohens, eines Tunichtguts, der es trotz turbulenter Jugend geschafft hat in Berlin eine angesagte Modeboutique zu eröffnen.
    Trotz seines geschäftlichen Erfolgs fühlt sich Edward rastlos, leer und ausgebrannt und schafft es nicht, ins Leben zu finden.


    Seit seiner frühesten Kindheit hört er immer wieder wie sehr er Adam gleicht, sowohl äußerlich, als auch vom inneren Wesen.
    Adam ist sein verschollener Großonkel, das verstoßene schwarze Schaf der Familie, vermisst und doch gehasst.


    Als Edward an einem Endpunkt in seinem antriebslosen Leben angekommen zu sein scheint, stößt er durch Zufall auf ein Paktet mit Papieren, adressiert an eine Anna Guzlowski
    Diese Papiere berichten, immer direkt an Anna gewandt, von der merkwürdigen Jugend des jungen Adam und seiner jüdischen Familie, die dominiert wird von der mehr als exzentrischen Großmutter Edda Klingmann.
    Edda ist das erklärte Familienoberhaupt, die die Familie mit eisernem Willen und ihrer skurrilen Art zusammenhält.


    Als Adam eines Tages Anna kennenlernt, scheinen sich alle seine Wünsche zu erfüllen, er liebt Anna von Anfang an, wobei sie ihm kaum Beachtung schenkt.
    Während seine Familie den Ernst der politischen Lage erkannt hat und ihre Emigration nach England vorbereitet, verschwindet Anna in der Nacht vom 9. November 1938 ohne Nachricht und ohne jede Spur.


    Fast genau 60 Jahre später wird Edward anhand der Aufzeichnungen Zeuge, was Adam, der sich auf die Suche nach Anna gemacht hat, widerfahren ist, und wie weit er bereit war, für seine Liebe zu gehen.



    Meine Rezension:



    Ein wirklich wunderbares Buch, der Leser begleitet eine Familie über mehrere Generationen, und ist trotz der erzählenden Briefebene immer mitten im Geschehen.
    Unglaublich genau werden die starken Frauen der Famile beschrieben, mit ihren Macken und Besonderheiten.
    Die Großmutter Edwards, sowie die unvergessliche Edda Klingmann.


    Sie waren für mich lebendiger als es Adam oder Edward je hätten sein können, denn beide Männerfiguren besaßen für mich keinerlei Identifikationspotential, ihr Innenleben blieb mir über weite Strecken fremd, was ich als durchaus beabsichtigt empfunden habe.


    Beides sind Tagträumer, Nichtsnutze, richtiggehende Tunichtgute und treiben ohne eigene Vorstellungen oder Ziele durch ihre Zeit.
    Zumindest bis Adam sich auf die Suche nach Anna macht, und seinem Leben dadurch einen Sinn gibt.


    Der Roman lebt von einem ganz eigenen, köstlichen Witz und hat mich mehr als einmal zum lauten Schmunzeln gebracht, trotz des Hintergrunds der politischen Schlinge, die sich um Adams Familie zuzieht, und von der der Leser weiß, dass sie die Familie nicht ungeschoren lassen wird.
    Trotz der Beschreibung der Seelenfinsternis´Edwards im Vorfeld und der sich zuspitzenden Lebensstiuation der Famile 1938, und die Beschreibung des immer schnelleren Wegbrechens ihrer Welt, ist Adams Erbe kein trauriges Buch, jedenfalls nicht nur.


    Es ist klug, es ist witzig, in richtigem Maße skurril und dabei ungeheuer gut zu lesen.


    von mir eine Leseempfehlung!



    angetane Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

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  • Tolle Buchvorstellung. Herzlichen Dank dafür.
    Dann hilft wohl mal wieder alles nichts - Buch muss gekauft und dann gelesen werden..... :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Vielen Dank für die überzeugende Rezension, mein vorbestelltes Exemplar kam heute bei mir.

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • In Astrid Rosenfeld's beeindruckendem Debütroman geht es um eine jüdischen Familie, um zwei Schicksale unter vielen und um eine offenkundige Verbindung zwischen Damals und Heute, die eine schreckliche Vergangenheit unvergessen macht.
    Edward, der im 21. Jahrhundert unzufrieden sein Dasein fristet, findet auf dem Dachboden im Hause seiner Großmutter das Vermächtnis seines Großonkels Adam, bestehend aus Aufzeichnungen, die Adam zur Zeit des Nationalsozialismus und der Judenverfolgung in Briefform an seine große Liebe Anna verfasst hat. Beim Lesen taucht Edward immer tiefer in die unfassbaren Geschehnisse einer grausamen Zeit ein und begleitet Adam auf dessen Suche nach Anna, nachdem diese in der Reichspogromnacht spurlos verschwand. Edward, der als Kind und Jugendlicher ständig mit seinem Großonkel verglichen wurde, entdeckt augenscheinliche Parallelen zwischen seinem und Adam’s Leben und zieht daraus Konsequenzen.
    Die Autorin nimmt sich eines ernsten Themas auf humorvolle und sprachlich außerordentliche Art und Weise an. Bewegend und ergreifend treibt sie die mit beinahe poetischen und philosophischen Äußerungen gespickte Handlung voran, so dass an keiner Stelle Langeweile aufkommt. Ihre beiden Protagonisten, die von zahlreichen, äußerst originellen Nebenfiguren umgeben sind, wecken Sympathien und Mitgefühl. Die Stärke des Romans liegt meiner Meinung nach eindeutig in der Schilderung der erschütternden Erlebnisse von Adam während der NS-Zeit und des Krieges sowie in der Darstellung einzigartiger Charakteren.
    Ein Buch, das Vergangenheit tiefsinnig aufarbeitet und dabei Wortwitz mit Tragik, Freude mit Trauer und Hoffnung mit Ausweglosigkeit vereint, verdient in meinen Augen besondere Beachtung und Aufmerksamkeit, damit ein entsetzliches Kapitel Deutscher Geschichte in Erinnerung bleibt und sich nie wiederholt!
    Auf weitere Veröffentlichungen von Astrid Rosenfeld bin ich schon jetzt gespannt.

  • Wann soll man das alles bloß lesen :help
    Ich hab's schon daheim liegen und es rückt jetzt im SUB weiter nach oben. War mir nicht sicher, ob es was für mich ist, weil ich über die jüdische Thematik eigentlich nichts mehr lesen mag, aber nu klingt es doch so, als könnte es mir gefallen ...
    Die Diogenes-Cover gefallen mir in letzter Zeit übrigens ausnehmend gut.

  • INHALT:
    Edward Cohen lebt in Berlin, hat dort eine kleine Boutique und ist unter dem Namen Ed M.C. Total angesagt. Nach dem Tod seiner Großmutter reist er nicht nur zurück in die Wohnung, in der er seine Kindheit verbracht hat, sondern auch zurück in die Vergangenheit. Denn dort findet er ein Buch. Das Vermächtnis seines Großonkels Adam, der darin seine Geschichte in der Zeit des zweiten Weltkriegs aufgezeichnet hat.


    ZUR AUTORIN:
    Astrid Rosenfeld wurde 1977 in Köln geboren, ging nachdem Abitur zunächst für ein paar Jahre nach Kalifornien, wo sie am Theater arbeitete. Zurück in Deutschland begann sie eine Schauspielausbildung in Berlin. Später arbeitete sie als Cast Directorin, unter anderem bei den Kinofilmen „Muxmäuschenstill“ (2004, Regie: Marcus Mittermaier) und „Knallhart“ (2006, Regie: Detlev Buck).
    „Adams Erbe“ ist ihr erster Roman.


    EIGENE MEINUNG:
    Ich habe noch nie einen Debütroman gelesen, der so sprachgewaltig und so gut durchdacht ist, wie „Adams Erbe“. Sofort erkennt man, dass Astrid Rosenfeld eine ganz große Geschichtenerzählerin ist. Das macht sich nicht nur darin bemerkbar, dass der Haupterzählstrang einfach grandios ist, sondern auch in der Art und Weiße, wie sie ihre Nebenfiguren kreiert hat und in der Geschichte leben lässt. Jede noch so kleine Nebenfigur, und sei ihr Auftritt noch so kurz, ist nicht nur einfach eine Nebenfigur, sondern wird durch ihre eigene kleine Geschichte zum Leben erweckt. Dies gibt dem Roman eine ganz besondere Art Lebhaftigkeit, die dem Leser die Geschehnisse eindringlicher machen.
    Ihre Schreibe ist leicht und schnell zu lesen und trotzdem erlangt sie ein hohes Niveau. Sie verarbeitet eine Ironie, die sehr an die Ironie des Schicksals erinnert, das eine große Rolle in „Adams Erbe“ spielt. Durch diese Eigenheit bringt sie ganz besonders die Unsinnigkeit des Antisemitismus und der Naziherrschaft auf den Punkt. Dieses Unsinnige „den Worten eines Führers“ folgen, dessen Hintergründe man zwar nicht versteht, denen man aber dennoch bedingungslos folgt und sei es um Ruhm und Ehre zu ernten und sich auf den Lorbeeren und dem damit verdienten Geld auszuruhen, zu faul sich eine eigene Meinung zu bilden. Dies stellt sie ganz besonders auf zwei unterschiedliche Arten in den Lebensläufen und Gepflogenheiten von Geigenlehrer Bussler und Adams „Kamerad“ Bubi Giesler dar.
    Mit wenig Worten und ohne die Taten, die im zweiten Weltkrieg begangen wurden, beim Namen zu nennen, gelingt es ihr die Grausamkeit dieser Zeit darzustellen und ebenso zu berühren, wie aufzurütteln. Die ganze Szenerie dann auch noch in das Lager der Verantwortlichen zu verlegen, hat mich anfangs etwas skeptisch gemacht, denn es könnte der Verdacht aufkommen, dass die Gräueltaten heruntergespielt werden. Doch obwohl sie eigentlich damit ein bisschen „drumherum spielt“, trifft sie den Nagel so auf den Kopf, dass ich manchmal am liebsten laut geschluchzt hätte.
    Es ist aber auch die Geschichte von wahrer Liebe, von Träumen, von Verantwortung und von Freundschaften, die, um es mit Eddas Worten zu sagen, gelebt werden „so gut es halt geht“.
    Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und hätte ich mehr Zeit gehabt, dann hätte ich keine zwei Tage benötigt, sondern es in einem in mich eingesogen.


    FAZIT:
    Mit einem Kloß im Hals blicke ich zurück auf ein Buch, das mir Gänsehaut verursacht hat, wie eine eisige Winternacht. Das mit wenigen Worten, ebenso trüb wie fröhlich, auf dem Herzen des Lesers liegt. Ein Buch für alle, die auf der Suche nach etwas Besonderem sind.

  • Seestern, Du solltest dieses Buch unbedingt lesen. Ich habe schon so viele Bücher über dieses Thema gelesen und werde es auch weiterhin, aber dieses Buch sticht heraus mit seinem Sprachwitz und mit seiner poetischen Sprache. Besonders mitgenommen haben mich die Briefe über die Zeit im Warschauer Ghetto. Ein Buch, dass ich nur jedem empfehlen kann und ein absolutes Highlight für mich.

  • Was kann ich froh sein, dass ich das noch vor mir habe. :-]

    Herzlichst, FrauWilli
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  • Nach diesen vielen tollen Meinungen musste ich es einfach lesen. :-) Danke für eure Rezis, ohne die ich nicht auf das Buch aufmerksam geworden wäre.


    Meine Meinung: Dieses unglaublich beeindruckende Debüt von Astrid Rosenfeld zählt jetzt schon für mich zu meinen Lesehighlights des Jahres. Angekündigt wird die Geschichte auf dem Buchrücken als die Geschichte von Edward und seinem Großonkel Adam, dem schwarzen Schaf der Familie. Der eine lebt im Berlin des Jahres 2004, der andere im Berlin 1938. Trotz ausführlichem Buchrückentext konnte ich mir nicht vorstellen, wohin die Reise für Edward und Adam geht. Doch bald schon hatten mich die wunderbare Sprache und der Wortwitz der Autorin vollständig in ihren Bann geschlagen und ich begriff, was mit diesem Buch gesagt werden soll.


    Lange Zeit erfährt man erst einmal nichts über Adam, außer, dass Edward ihm sehr ähnlich sehen soll. Es geht in diesem ersten Teil des Buches nur um Edward, der „seine Zeugung nicht der Liebe zweier Menschen, sondern der enthemmenden Wirkung zweier eiskalter Flaschen Wodka Gorbatschow zu verdanken hat,“ und dessen Kindheit, die er zuerst mit seiner Mutter Magda und deren Mutter Lara Cohen und dem Opa in Berlin verbringt. Die Oma ist eine starke Frau, doch der Opa verbringt seine Zeit auf dem Dachboden und wird immer verwirrter. Edward wird wegziehen, als seine Mutter sich in einen „Elvis“ verliebt, doch er wird eines Tages auf diesem Dachboden den Weg zu seinem Großonkel Adam finden – Genau zu dem Zeitpunkt, als seine Existenz an einem Wendepunkt zu stehen scheint und als er selbst erkennen muss, dass er seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat.


    Das Päckchen, dass ihm auf dem Dachboden in die Hände fällt, ist das Vermächtnis Adams, und es ist an die Frau gerichtet, die Adam immer lieben wird, Anna Guzlowski, die an einem Abend im November 1938 spurlos verschwand. Adam erzählt Anna und nun auch Edward auf vielen Seiten von der Suche nach ihr und von dem ersten Blick, der“machte, dass Millionen Vögel in ihm zum Himmel aufstiegen.“


    Es ist erstaunlich, dass dieser Roman, der eigentlich von einer sehr traurigen Zeit handelt, trotzdem so viel Witz enthält. Edward, der Ich-Erzähler und später auch Adam, der seine Geschichte erzählt, sehen die Dinge mit sehr viel Humor. So lernt Adam, der sehr stark von seiner auf dem „legendären“ Dachboden lebenden Oma Edda geprägt wurde, Adolf Hitler nicht als Adolf, sondern als August kennen. Überhaupt ist die Oma eine weitere starke Frau in der Familie Cohen. Von ihr lernt Adam alles, nur das Fürchten, das bringt sie ihm nicht bei...


    Es lassen sich viele Parallelen zwischen den beiden Männern, die sich nie kennen gelernt haben, feststellen. Weder Edward, noch Adam wissen genau, was sie wollen. Beide sind etwas realitätsfern und beide haben keine selbst gewählte Berufsausbildung vorzuweisen.


    Immer wieder lassen sich Vergleiche ziehen, doch trotzdem geht es in der Hauptsache um Adam und dessen Lebensgeschichte, die im Nachhinein viele Dinge in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.


    Die Sprache packt einen beim Lesen und es ist, als können man das, was kommt, genauso wie Adam nur mit diesem allgegenwärtigen Wortwitz ertragen, der sich gekonnt und immer fein dosiert, durch das ganze Buch zieht. Es sind fiktive Personen, die die Autorin hier zum Leben erweckt hat, doch sie hat mit ihrer Hilfe Bilder einer grausamen Zeit heraufbeschworen, die genau durch solche Romane vor dem Vergessen bewahrt werden sollte.


    Mein Fazit: Ein beeindruckendes und bewegendes Buch, dessen starke Bilder mir nicht so bald aus dem Kopf gehen werden.

  • Und ich freue mich nach den vielen positiven Rezensionen, dass es mir vor einiger Zeit bei TT über den Weg gelaufen ist und ich nicht lange gefackelt habe und es ertauscht habe. :-]
    Dann werde ich es wohl bald lesen.


    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Conor ()

  • Nun endlich habe ich es auch gelesen und bin begeistert. :anbet


    Da zur Inhaltsangabe schon genug gesagt wurde und ich jetzt garnicht weiß wie ich meinen Eindruck beschreiben soll, werde ich einfach den letzten Absatz des Klappentextes zitieren:


    "Bewegend und mit unerschrockenem Humor erzählt Astrid Rosenfeld von Schicksalen und großen Gefühlen und davon, wie die Vergangenheit die Gegenwart durchdringt".

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Ich war nicht so begeistert. Kurz und schmerzlos: hier meine Rezension.


    ***
    Dieses Buch nimmt sich viel vor. Es schnappt sich die deutsche jüdische Vergangenheit, und will sie auf neue Art und Weise porträtieren und umsetzen. Die Autorin bedient sich zweier Mittel, nämlich eines Handlungsgerüsts aus Liebesgeschichte und Familiensaga, und eines Schreibstils frisch aus der Pop-Literatur, voller kleinschrittiger Erzählabschnitte, schräger Personen-Porträts und humoristischer Einschübe. Was dabei herauskommt, ist zweifellos ein eigenwilliges Produkt.


    Ich will nun nicht das Können der Autorin mies machen, oder das Buch an sich verreissen. Festzustellen bleibt für mich jedoch, dass man für diese Art Buch eine Ader haben muss. Leider ist das bei mir weniger der Fall. Für diese Art von Thema hätte ich mir eine eher "klassische" Schreibweise gewünscht. So aber war ich von der Sprunghaftigkeit der Schreibweise, und der teils flotten Ausdrucksweise, eher abgeschreckt. Und auch die eigentliche Thematik, sowie den Fortgang der Handlung und die Auflösung, hätte ich mir origineller gewünscht.


    Es wirkte auf mich oft wie eine postmoderne Collage, und nicht wie ein Buch. Schade. Es gab zwar durchaus tolle Ansätze, wie zum Beispiel die vielen Charaktere, die einem durchaus im Gedächtnis bleiben. Wo gibt es zum Beispiel eine Oma, die trinkfest ist und die Hitler als einen "dummen August" bezeichnet? Oder einen Stiefvater, der gleichzeitig cholerisch und liebenswert ist? Aber, starke Charaktere allein machen für mich noch kein Buch aus.


    Ich würde insgesamt sagen, dass ich weiteren Werken der Autorin durchaus mit Interesse entgegensehe. Denn Talent hat sie durchaus. Nur denke ich, dass sie bei "modernen" Themen und Erzählwelten besser aufgehoben wäre.

  • Anfangs dachte ich mir bei diesem Roman noch, als es um Edward ging, das ist ja alles ganz nett, aber mehr auch nicht. Doch dann kam der Teil rund um Adam und ich war begeistert. Mit viel Wortwitz, fabelhaftem Humor, spritzigem Schreibstil und gut gezeichneten Figuren schildert die Autorin das dunkelste Kapitel unserer Geschichte auf eine ganz eigene Art und Weise.
    "Adams Erbe" hat geschafft, was heuer noch keinem Buch gelungen ist: ich hatte bei mehreren Passagen im Warschauer Ghetto eine Gänsehaut.
    Ein bewegender, klug komponierter, leicht lesbarer Roman mit viel Tiefe.

  • Zitat

    Original von mankell
    Ein bewegender, klug komponierter, leicht lesbarer Roman mit viel Tiefe.


    :write Auf den Punkt gebracht!


    Die respektlose und ironische Art, wie Astrid Rosenfeld ihre Figuren mit dem Grauen umgehen lässt, macht das Lesen leicht und doch ungeheuer intensiv.


    Schon den ersten Teil um Eddies Kindheit und Jugend hat mir sehr gefallen mit seinem Humor und den eigenwilligen Figuren.
    Doch der folgende Part über Adam und sein Erbe lässt wohl (fast) niemanden unberührt.


    Im weiteren Verlauf wird die Geschichte deutlich vielschichtiger als der Beginn vermuten lässt. Es mag Geschmacksache sein, aber ich habe es so empfunden, dass gerade durch die lockere Erzählweise ohne jegliche Theatralik auf besondere Weise unterstrichen wird, mit welch unerschrockener Tapferkeit die Figuren ihr Schicksal auf sich nehmen.


    Ein geniales Buch, absolute Leseempfehlung und auf jeden Fall 10 Punkte!

  • Dieses Buch lag viel zu lange ungelesen bei mir herum und das absolut unverdient.
    Der Schreibstil Astrid Rosenfelds ist bemerkenswert. Er ist sehr harmonisch und wirkt dabei recht ruhig. Dabei ist er stellenweise sehr tiefgründig und an Wortwitz fehlt es diesem Buch auch nicht.
    Die Autorin hat sicherlich Charaktere geschaffen, die einem im Gedächtnis bleiben. Vor allem die Figuren rund um Edward sind herrlich skurril.
    Mir fällt es schwer, meine Gedanken zu diesem Buch in Worte zu fassen. Ich muss aber sagen, dass dieser Roman irgendwie ganz anders ist, als diejenigen die ich bisher zu dieser Thematik gelesen habe. Hier wird wunderschön aufgezeigt, dass nicht immer alles Schwarz oder Weiß ist, sondern dass es auch etwas dazwischen gibt: Grautöne in verschiedenen Schattierungen.


    Ein sehr berührendes Buch, dass ich uneingeschränkt empfehlen würde. 9 Punkte.

  • Ich hatte mir das Buch doch glatt zweimal während der letzten Deutschlandreise gekauft, unbeabsichtigt, aber letztlich bereue ich es keinen Moment, weil ich schon drauf brenne es weitergeben zu können !!! Es sollte wirklich von so vielen Lesern wie nur möglich gelesen werden, es lohnt sich!


    Viele neue Perspektiven zum Thema gibt es eigentlich nicht mehr. Und dennoch hat es Astrid Rosenfeld geschafft, einen Roman zu schreiben, der den Leser mit seinen wunderbaren und vielfältigen Charakteren in den Bann zieht. Dabei ist er flüssig leicht, hat einen sehr feinen Sinn für Humor - und man merkt erst am Ende wieviel Tiefe sie dabei gezeigt hat. Ein kleines Kunstwerk an sich, und eines, das ich sehr hoch anrechne.


    Absolut empfehlenswert! Übrigens auch für einen Lesekreis - unserer war begeistert.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich