Titel: Last Exit Volksdorf
Autorin: Tina Uebel
Verlag: C. H. Beck
Erschienen: 2011
Seitenzahl: 302
ISBN-13: 978-3406612695
Preis: momentan nicht erhältlich
In ihrem Vorspruch schreibt die Autorin:
„Alles erfunden. Fiktive Personen an einem irrealen Ort, Volksdorf genannt, warum?“
Dabei ist dieses Volksdorf alles andere als irreal. Volksdorf ist ein Stadtteil in Hamburg und zählt zu den „gehobenen“ Stadtteilen. Und das Tina Uebel in ihrem Buch schreibt, ist Realität, fast eine Studie über das kleinbürgerliche Milieu in einem Stadtteil, deren Bewohner sich für etwas Besseres halten.
Man trifft auf die unterschiedlichsten Typen. Da ist Klara in ihrem hoffnungslosen Kampf gegen die eigene Demenz, da ist Joshua der Punk, der vermeintliche Außenseiter, auch er auf der Suche nach sich selbst, nicht zu vergessen die 14jährige Natalie die meint mitmachen zu müssen um dazu zugehören, aber die Folgen nicht bedenkt. Auch Finn kämpft mit den Erkenntnissen der Pubertät und muss sich irgendwann entscheiden, egal ob er nun will oder nicht.
Tina Uebel ist es gelungen einen eindrucksvollen Blick hinter die Kulissen der sogenannten „heilen Welt“ zu werfen und dem ach so toleranten – aber eben auch verlogenem – Bürgertum die Maske vom Gesicht zu ziehen. Man lernt, dass Toleranz oftmals nur ein anderes Wort für „Lass mich in Ruhe“ ist. Und im Endeffekt steht eh nur jede und jeder für sich allein. Und nichts ist so hoffnungslos wie auf die Hilfe von anderen zu warten. Das Programm ist nichts anderes als die gelebte Oberflächlichkeit. Die Autorin bringt den eingetüteten „bürgerlichen Mief“ mit diesem Buch so richtig zum stinken. Eine wirklich gelungene Beschreibung der herrschenden Doppelmoral.
Doch dann passierte folgendes:
Der Verlag nahm das Buch vom Markt, weil irgendein „Würstchen“ offenbar meinte in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt zu sein. Wobei jetzt wieder die Frage auftaucht, was denn mehr zählt, die individuellen Persönlichkeitsrechte oder die Freiheit von Wort und Bild. Eine Güterabwägung mit der sich wohl bald mal wieder die Gerichte auseinandersetzen müssen.
Tina Uebel sagte dazu dem HAMBURGER ABENDBLATT das sie nie habe jemanden verletzten wollte, sie habe lediglich mit Versatzstücken einer in Volksdorf nicht unbekannten Geschichte gearbeitet.
Folgendes konnte man unter www.kulturnews.de lesen:
„Gegen das neue Buch der Hamburger Autorin Tina Uebel liegt eine Unterlassungserklärung vor. Dies bestätigte der C.H.Beck-Verlag gegenüber kulturnews.de. Allerdings wird "Last Exit Volksdorf" in den Buchläden derzeit noch verkauft, weil die Juristen beider Parteien noch zu keiner Einigung kamen. In den Onlineshops im Internet kann man das Buch bereits nicht mehr kaufen.“
Hier geht es zum ganzen Artikel
Tina Uebel hat ein ehrliches und schonungslos offenes Buch geschrieben und es wäre schade wenn dieses Buch gänzlich vom Markt verschwinden würde, nur weil sich jemand durch die Wahrheit auf die Füße getreten fühlt. Wobei man als Außenstehender eh nicht weiß um wen es dabei handeln könnte und es ist genau genommen auch nicht interessant da dann weiter nachzuforschen.
Die Autorin erzählt die Geschichte aus mehreren Erzählperspektiven. Sprache und Stil passen sich dabei fast perfekt den gerade handelnden Protagonisten an. Eine stilistische Gratwanderung die der Autorin wirklich gelungen ist. Sie übertreibt nicht, Überzeichnungen sucht man vergeblich – Beschreibung der Realität ist das was dieses Buch so auszeichnet.
Ein sehr lesenswertes Buch, unabhängig davon, dass es zurzeit bei Amazon oder anderen Onlineshops nicht erhältlich ist.
Edit: Ich habe die ISBN ergänzt, damit das Buch auch über das Verzeichnis gefunden werden kann. LG JaneDoe