Ein Buch für alle, die auch keine Ahnung haben, nennt die Autorin dieses kleine Buch in knallrotem Leineneinband mit weißer Bauchbinde. Übersehen kann man es auf keinen Fall und ebensowenig sollte man das ‚auch’ dieses Kernsatzes auf der Rückseite übersehen. Klobouk hatte tatsächlich keine Ahnung von Istanbul. Überhaupt wußte sie von Türken, Türkinnen und der Türkei nur das, was sie, als Studentin in Berlin gelandet, über die Medien und einige befremdliche Alltagserfahrungen mit ihnen erlebte. Das Ergebnis waren eine Menge seltsamer Eindrücke, die man auch Vorurteile nennen kann.
Dann kam ein Moment, der ihre Neugier weckte. Das nächste war, folgt man ihrem Bericht, ein siebenmonatiger Aufenthalt in Istanbul. Der Rest ist eine Liebesgeschichte, eben mit dieser Stadt.
Klobouk ist Grafikerin und sie setzt ihren Eindrücken von Istanbul nicht nur sprachlich ein witziges Denkmal. Es gibt viel Text, auf deutsch und türkisch, wohlgemerkt, vor allem aber gibt es Illustrationen. In Bilder umgesetzt sind die gängigen Vorurteile in der BRD ebenso, wie das chaotische Alltagsleben in Istanbul. Die Bedeutung von Tee und Kaffee, die wichtigsten Gesten (vor allem, die leicht zu Mißverständnissen führen), die Kunst in einem Sammeltaxi mitzufahren, wichtige Vokabeln und natürlich die Frage der Verhüllung der Frauen - es ist alles da. Sogar die allgegenwärtige Verehrung von Atatürk, eines der komischsten Kapitel.
Der Strich ist vorgeblich naiv, Kinderzeichnungen ähnlich, die Perspektive immer leicht verzerrt. Durch die Verwendung von Rot, Schwarz und Weiß wirkt das Ganze plakativ. Tatsächlich ist es aber präzise und originell ausgeführt, es zeigt nicht nur einen eigenen Zeichenstil, sondern spiegelt auch die Mischung aus Naivität, Staunen und wachsendem liebevollen Verstehen der Erzählerin dieser ganz anders funktionierenden Gesellschaft wider. Es gibt Nuancen, Schattierungen, Witz und Widerspruch.
Klobouk hat ein offenes Auge für die Widersprüche und die Probleme des Lebens in Istanbul ebenso wie für seine Schönheit und Liebenswürdigkeit. Eines der Kapitel heißt auch ‚Das Leben ist sehr schwer - Das Leben ist wunderschön’.
Den Widrigleiten des Alltags begegnet sie mit Humor und einer beträchtlichen Portion Selbstironie. Zur eigenen Meinungsbildung läßt sie ihren Leserinnen und Lesern auch genug Raum, es wird viel Stoff zum Nachdenken geliefert.
Das einzige, was ich nicht verstanden habe, ist der Titel des Buchs, weder in seiner seltsamen grammatikalischen Ausformung noch inhaltlich.
Eine ganz eigene, sehr persönliche Sicht auf Istanbul. Und schön, daß die Autorin sie so bereitwillig mit anderen teilen möchte.