Zeugin der Toten - Elisabeth Herrmann

  • Judith Kepler ist eine Cleanerin, das heißt sie kümmert sich um die Tatorte von blutigen Verbrechen oder um die Wohnungen, in denen Menschen verstorben sind und nun „entwest“ werden müssen.
    Bei einem ihrer Aufträge entwickeln sich die Dinge aber anders als gedacht und schon bald gerät Judith in den Sog ihrer Vergangenheit und weckt damit alte Geister, die aber niemals ans Licht kommen sollten!


    Die Autorin hat mit Judith Kepler eine Protagonistin kreiert, die auf Grund ihrer schlimmen Kindheit im Sassnitzer Kinderheim und ihrer Teenager Zeit auf der schiefen Bahn sehr gefühlskalt wirkt und man als Leser dadurch Schwierigkeiten hat, mit ihr zu sympathisieren. Um dem entgegen zu wirken stehen die beklemmenden Szenen aus dem Kinderheim im starken Kontrast dazu, die die kleine Judith mit ihrem Monchichi völlig verängstigt und nach ihrer Mutter rufend zeigen.
    Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen und die Spannung hält sich konstant bis zum Schluss.
    Am meisten fasziniert hat mich die Leichtigkeit, mit der die verschieden Personen an die notwendigen Informationen gelangt sind und unter wie vielen unterschiedlichen Identitäten diese aufgetreten sind.
    Das Ende hat den Egoismus der Menschen noch einmal deutlich unterstrichen und zeigt, dass im Notfall manche sogar die Liebsten verraten würden, nur um nicht selbst ins Fadenkreuz zu gelangen.


    Die Arbeit, die in diesem Kriminalroman steckt ist sicherlich enorm und man merkt als Leser, wie viel Mühe sich die Autorin gegeben hat, um die Geschichte immer weiter zu verweben und uns langsam an des Rätsels Lösung heranzuführen.
    Hätte ich vorher gewusst, wie viele Passagen einzig den Stasi Korruptionen und damit dem politischen Aspekt gewidmet worden ist, wäre das Buch wahrscheinlich niemals in mein Regal gewandert! Die Tatsache, dass diese Passagen aber immer wieder durch Judiths Handeln unterbrochen und dadurch etwas aufgelockert wurden, war gut, um etwas durchatmen zu können.
    Nun muss ich aber auch gestehen, dass ich die DDR mit all ihren Tücken nicht miterlebt habe und mir dadurch der entscheidende Bezug, wie es die Mauer-Generation hat, fehlt – für historisch und politisch interessierte Leser ist „Zeugin der Toten“ aber genau das richtige!
    Mein Fazit ist, dass mit ein bisschen weniger BND, CIA & Co und dafür mit ein wenig mehr Cleaner-Handlung dieses Buch noch einen Stern mehr bekommen hätte, ich so aber „nur“ vier (von fünf) vergebe und trotzdem gespannt auf die Fortsetzung warte!

  • Alles beginnt und endet mit den Geschehnissen einer Nacht 1985 in Sassnitz.
    Judith Kepler, aufgewachsen in einem Kinderheim, arbeitet als Cleanerin und versucht ihr Leben einigermaßen in den Griff zu bekommen. Während sie einen Tatort reinigt, nimmt sie auch einen Eilbrief für das Opfer entgegen, dessen Inhalt Judith in ihre eigene Vergangenheit führt.
    Auf der Suche nach der Wahrheit gerät sie unweigerlich zwischen die Fronten.


    Spannend und glaubwürdig inszeniert die Autorin das Schicksal einer Familie zu Zeiten des eisernen Vorhangs, vorbei an den Machenschaften der Spionagetätigkeit und deren Kollateralschäden.
    Ihre Figuren sind überzeugend, mit Ecken und Kanten gezeichnet, die es ermöglichen Motivation und Handlung nachzuvollziehen.
    Verpackt in klare und flüssige Sprache erlebt man ein Stück Geschichte nahe an der Wahrheit.

  • Elisabeth Herrmann erzählt in ihrem neuen Buch “Zeugin der Toten” die Geschichte von Judith Kepler, einer Cleanerin, die für eine Reinigungsfirma Tatorte reinigt und wieder “bewohnbar” macht. Sie ist ein Profi auf ihrem Gebiet und wird besonders gern für Spezialfälle eingesetzt. Ihr Chef, ein Rauhbein mit Herz, hat sie selbst vor Jahren zur Cleanerin ausgebildet.


    Doch eines Tages wird sie auf unangenehme Weise mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert. Eine Frau in einem Plattenbau in Berlin, nicht unweit ihrer eigenen Wohnung, wurde brutal ermordet. Nachdem der Tatort freigegeben wurde, wird Judith zur Reinigung dahin geschickt und findet Hinweise, dass die Tote mit ihrem eigenen Schicksal verknüpft ist: Judith selbst wurde unter mysteriösen Umständen in einer Nacht-und Nebelaktion in ein Kinderheim in Sassnitz auf Rügen gebracht und verbrachte dort rund 10 Jahre. Sie wuchs ohne Familie auf, wurde drogenabhängig und hat viel Schlimmes erlebt. Trotzdem hat sie die Kurve gekriegt und ins Leben zurückgefunden. Doch ihr Rätsel konnte sie nie lösen.


    Sie findet heraus, dass die Tote, eine Schwedin, Judith’s Unterlagen aus dem Heim aus Sassnitz angefordert hat. Dieselben Unterlagen von denen Judith dachte, sie wären im Zuge der Stasi-Aktenvernichtung entsorgt worden.


    Judith begibt sich auf ihre Spur und wird schnell selbst zur Gejagden: BND, CIA und MfS sind hinter ihr her. Hat all das etwas mit ihrer Vergangenheit zu tun? Mit ihrer Herkunft?


    Judith kreuzt den Weg des EX-BND-Agenten Quirin Kaiserly, der sein ganz eigenes Trauma zu bewältigen hat. Vor rund 25 Jhren ist bei dem Versuch, geheime Daten, sogenannte Klarnamen von Agenten in den Westen zu schmuggeln, deutlich etwas schief gegangen. Ganz allmählich wird klar, dass Judith in all das verwickelt ist.


    Notgedrungen raufen die beiden sich zusammen und ihr Weg führt sie von Berlin über Sassnitz nach Malmö und wieder zurück. Doch bis das ganze Rätsel um Judith’s Vergangenheit gelöst wird, vergeht noch eine ganze Weile. Während dieser Zeit ist sie sich nicht sicher, wem sie überhaupt noch trauen kann. Geheimdienste treten an sieheran und versuchen nicht nur für das eigene Land einen Vorteil aus der Geschichte zu ziehen. Letztendlich verfolgt jeder sein ganz eigenes Ziel.


    Elisabeth Herrmann versteht es den Leser in ihren Bann zu ziehen. Was zunächst als Krimi mit einer ungewöhnlichen Heldin, die beruflich Tatorte reinigt, begann, entwickelt sich allmählich zu einem spannenden Agentenkrimi, der das Thema des kalten Krieges, der Verschwörungen und der konspirativen Zusammentreffen und nicht zuletzt das ganze Ost-/West-Trauma wieder aufleben lässt.


    Die Autorin hat die Geschichte hervorragend recherchiert und teilweise wahre Fakten mit einfliessen lassen. Die Charaktere sind glaubwürdig und es wird abwechselnd aus mehreren Perspektiven erzählt. Die Stukturen, vor allem die der Geheimdienste, sind komplex – es ist auf jeden Fall kein Buch, dass man so eben nebenbei lesen kann.


    Auch wenn es eigentlich nicht mein Thema ist, muss ich sagen, daas es mich regelrecht gefesselt hat. Das Buch macht Lust auf mehr und zum Glück ist hier eine Fortsetzung geplant.


    Von mir gibt es 9 von 10 Punkten!

  • Ich habe das Buch innerhalb der Leserunde gelesen.


    Ich muss sagen, ich war wirklich ziemlich begeistert! Obwohl es überhaupt nicht mein Thema war.


    Es war von Anfang bis Ende spannend, in den letzten beiden Abschnitten war es echt schwer, das Buch aus der Hand zu legen.


    Eulen, die das Buch noch vor sich haben, empfehle ich, wirklich Notizen zu den einzelnen Personen zu machen. Ich war zwischendurch immer mal wieder ein bisschen verwirrt, wer nun jetzt wer ist. Zu viele Personen waren es aber in meinen Augen nicht. Vielleicht hätte ich an manchen Stellen konzentrierter lesen sollen.

  • Elisabeth Herrmanns Krimiserie um den Berliner Anwalt Joachim Vernau lese ich mit Vergnügen. Mit „Zeugin der Toten“ legt die Autorin nun den ersten Teil einer neuen Serie um die „Cleanerin“ Judith Kepler vor.


    Das Buch hat mit seinen 427 Seiten für mich die perfekte Krimilänge. Die Autorin beschränkt sich in ihrem oft kargen und nüchternen Stil auf das Notwendige, ausschmückende Beschreibungen fehlen.


    Aufgewachsen in einem Kinderheim, war Judith Keplers Leben bisher nicht einfach und sie hat es nur ihrem zähen Willen zu verdanken, dass es zur Zeit in ruhigen Bahnen verläuft. Das ändert sich schlagartig, als ihr der Zufall einen Briefumschlag in die Hände spielt, der sie mit ihrer Vergangenheit in der ehemaligen DDR konfrontiert und das erste Puzzlestückchen in einem höchst komplexen Spiel bildet. Auf der Suche nach Antworten gerät Judith in einen Strudel aus Ereignissen, den ich mir so zu Beginn des Buches nicht einmal ansatzweise ausgemalt hatte.


    Elisabeth Herrmann gelingt es hervorragend, die Spannung in diesem sich immer mehr zum Spionagekrimi entwickelnden Roman hochzuhalten. Aufmerksames Lesen ist angeraten, damit man der Fülle von Figuren, den verschiedenen Orts-, Perspektiv- und Handlungsebenen folgen kann. Der nüchterne Schreibstil kommt der Story zugute, wobei es da ein wenig emotionaler wird, wo es um die Vergangenheit geht. Dabei wird die ganze Tragik erst am Ende deutlich. Die Handlung ist lange nicht durchschaubar, viele Figuren sind undurchsichtig und die Frage, wer auf der „richtigen“ Seite steht, wird erst am Schluss beantwortet.


    Judith Kepler ist ein Charakter, der nicht auf den ersten Blick Sympathie erweckt. Aber mit ihrer Intelligenz und ihrer eigenwilligen Art hat sie sich schnell meinen Respekt erworben. Dieser Krimi hat mir ausgesprochen gut gefallen und ich bin sehr gespannt darauf, wie Judith sich in der geplanten Fortsetzung weiterentwickeln wird.


    Das ergibt 9 von 10 Punken.

  • Meine Meinung


    Judith Kepler ist eine Cleanerin, jemand, der die Tatorte von blutigen Verbrechen oder auch die Wohnungen von vergessenen und stark verwesten Menschen reinigt. Sie ist ein Heimkind, aufgewachsen in der ehemaligen DDR. Ihre Geschichte ist eng mit der deutsch-deutschen verknüpft, enger, als ihr lieb sein kann. Bei ihrer Arbeit stößt sie auf Unterlagen, die sie neugierig machen und die sie auf eine Suche nach ihrer Identität und ihrer Familie schickt.
    Durch ständige Perspektivewechsel erfährt man mehr über Judiths „Gegenspieler“, Mitarbeiter verschiedener Nachrichtendienste, die ihre eigenen Ziele verfolgen. Ihnen ist nicht daran gelegen, dass mehr über diese besondere Zeit der Wende und die Jahre zuvor an die Öffentlichkeit dringt. Es entspannt sich eine Suche in die Vergangenheit, in der vieles nicht so wahr, wie es sein sollte.


    Für mich war „Zeugin der Toten“ der erste Roman von Elisabeth Herrmann, welcher mich überzeugt hat. Er ist gut gemacht und recherchiert, ein wirklich guter, deutscher Agenten- und Spionagethriller. Zwar hat mich nicht alles überrascht, aber Judith ist überzeugend, der Stil passt zu ihr, die Handlung ist gut mit der deutsche Geschichte verwoben und nie langweilig. Es macht Lust auf mehr mit Judith in der Hauptrolle, gibt es doch noch mehr über sie zu entdecken.

  • ich fand die Geschichte ein wenig zu konsturiert, obwohl ich die Reise in die DDR-Vergangenheit doch recht interessant fand. Die Idee der Geschichte an sich fand ich gut und gut recherchiert, aber so richtig gepackt hat mich das Buch nicht. Ich habe es nicht abgebrochen, weil ich doch neugierig auf das Ende war. Allerdings bin ich bei der Aufklärung am Schluß gar nicht mehr durchgestiegen.
    Es wird allerdings trotzdem nicht das letzte Buch von Elisabeth Herrmann sein.

  • Der Leseeindruck hatte mir schon sehr gut gefallen, und das Buch hält wirklich das, was es verspricht.


    Protagonistin ist Judith Kepler, eine junge Frau, die einen außergewöhnlichen Beruf ausübt: Sie ist eine sogenannte Cleanerin, d.h., dass sie beispielsweise Tatorte von Verbrechen reinigt. Bei einem ihrer Jobs gerät sie jedoch in einen Strudel aus Ereignissen, die tief in ihre Vergangenheit reichen, zurück bis in die Zeit des kalten Krieges. Sie macht eine Zeitreise in den Ort ihrer Kindheit und Jugend: ein Kinderheim in Saßnitz, damals noch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Zusammen mit dem Ex-BND-Agent Kaiserly versucht sie das Geheimnis um ihre Herkunft zu lüften und begibt sich dabei immer wieder in Gefahrensituationen, die sie das Leben kosten können. Denn es gibt viele Personen und mächtige Organisationen, die unbedingt verhindern müssen, dass sie die Wahrheit über sich und die Ereignisse von damals herausfindet.


    Der Schreibstil von Frau Herrmann ist sehr flüssig, und es gelingt ihr mühelos, den Spannungsbogen bis zum Schluss aufrecht zu erhalten. Dabei verzichtet sie vollkommen auf blutrünstige Szenarien. Ich konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen. Und mit Judith Kepler hat die Autorin eine Hauptperson erschaffen, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihr Leben in den Griff bekommen hat. Sie ist in früher Jugend mit der Polizei in Konflikt geraten und war heroinsüchtig. Sie ist beileibe nicht perfekt, aber gerade das macht sie menschlich und sympathisch.


    Einen klitzekleinen Kritikpunkt habe ich aber, und zwar bleibt eine Frage ungeklärt: wie kam das Monchichi in den Besitz von Christina Borg? Aber das tut der Qualität dieses Buches keinerlei Abbruch.


    Mein Fazit: absolut empfehlenswert!


    10. Punkte!