Leipziger Buchpreis – Übersetzung: Nominierte 2011

  • Nominiert in der Kategorie Übersetzung:


    Barbara Conrad: Krieg und Frieden, aus dem Russischen neu übersetzt und kommentiert, von Lew Tolstoi (Carl Hanser Verlag)


    Kurzbeschreibung
    Das Epos einer Welt des Friedens, die unaufhörlich bedroht ist vom Krieg: Tolstois Klassiker der Weltliteratur liegt nun nach einem halben Jahrhundert endlich in einer Neuübersetzung vor, die als erste konsequent dem Original folgt. Tolstois größtes Werk beschreibt die Epoche der Napoleonischen Kriege und vor allem des Russlandfeldzugs in unvergleichlicher, monumentaler Weise. Er spannt ein weit verzweigtes Netz von Machtkämpfen, Familien- und Liebesgeschichten, in das die Weltgeschichte immer wieder gewaltsam eingreift. Nachwort und Anmerkungen der Neuausgabe beschreiben den geschichtlichen Hintergrund und machen die überwältigende Leistung des großen Schriftstellers durchschaubar.

  • Nominiert in der Kategorie Übersetzung:


    Ralph Dutli: Fatrasien. Absurde Poesie des Mittelalters, aus dem Altfranzösischen, Autor anonym (Wallstein Verlag)


    Kurzbeschreibung
    Nonsens-Gedichte aus dem 13. Jahrhundert? - schier unglaublich!Wer auf die "Fatrasien" stößt, traut seinen Augen nicht. Wie kann es sein, dass diese surrealistisch anmutenden, erstaunlich modern wirkenden absurden Sprachspektakel im tiefsten Mittelalter entstanden sind? Eine tollkühne Fantasie hat hier um das Jahr 1290 reimend Dinge zusammengebracht, die nie und nimmer zusammengehören. Sind es Ausgeburten der Lachkultur, der Karnevalskunst, sind es hochbrisante Zaubersprüche, heilsame Beschwörungen oder purer Nonsens? Die unmögliche Poesie der "Fatrasien" gibt viele Rätsel auf. Ihr Name ist Verballhornung der "Fantasie"; alles kann mit allem verknüpft werden, Zartes und Krudes, Deftiges und Obszönes, die unverrückbaren Gesetze von Zeit und Raum sind außer Kraft gesetzt.
    Die anonymen "Fatrasien" aus der nordfranzösischen Stadt Arras sind nur in einer einzigen Handschrift des 13. Jahrhunderts aufbewahrt worden. Nach mehr als siebenhundert Jahren hat Ralph Dutli sie nun erstmals ins Deutsche übersetzt und legt damit eine bisher unbeachtete Wurzel der modernen Poesie frei.

  • Nominiert in der Kategorie Übersetzung:


    Maralde Meyer-Minnemann: Mein Name ist Legion, aus dem Portugiesischen, von António Lobo Antunes (Luchterhand Verlag)


    Kurzbeschreibung
    In einem Elendsviertel von Lissabon treffen sie aufeinander: eine Jugendgang, die hauptsächlich aus Schwarzen, Farbigen und Osteuropäern besteht, die Polizei, die der kriminellen Jugendlichen nicht mehr Herr wird, die Bewohner des Slums. In seinem neuen Roman fängt Lobo Antunes die sozialen Verwerfungen einer globalisierten Moderne ein und verleiht den Menschen am Rande der Gesellschaft starke, unverwechselbare Stimmen.


    Kurz vor der Pensionierung verfasst ein Polizist einen Bericht über die kriminellen Taten einer Jugendgang, die in einem heruntergekommenen Viertel am Rande von Lissabon ihr Unwesen treibt. Zugleich erinnert er sich an seine Kindheit in der Provinz, seine gescheiterte Ehe, seine entfernt lebende Tochter. Allmählich mischen sich andere Stimmen ein, verschiedene Bewohner des Elendsviertels, die unter den polizeilichen Maßnahmen mindestens ebenso leiden wie unter den Jugendlichen, die Tankstellen und Supermärkte brutal überfallen und mit Drogen handeln. Und auch die Mitglieder der Gang selbst kommen zu Wort. Hautnah erleben wir die Wut und die Verzweiflung von Menschen, die im Schatten der Welt existieren, deren Leben von den Konflikten zwischen Mann und Frau, Reich und Arm, Schwarz und Weiß bestimmt ist und die sich dennoch zu behaupten versuchen. Wie unter einem Brennglas fängt Lobo Antunes in seinem neuesten Roman die sozialen Probleme der Moderne ein, zeigt, was Migration, Entfremdung und der Zusammenprall verschiedener Kulturen für den Einzelnen bedeuten und findet eindringliche, poetische Stimmen für die Zukurzgekommenen, die überall durch das Raster fallen, nicht nur in Portugal.

  • Nominiert in der Kategorie Übersetzung:


    Terézia Mora: Ein Produktionsroman (zwei Produktionsromane) aus dem Ungarischen, von Péter Esterházy (Berlin Verlag)


    Kurzbeschreibung
    Ein Roman aus zwei Teilen. Teil I ist die grandiose Parodie eines "Produktionsromans", jener Gattung, in der die Autoren der kommunistischen Hemisphäre gemäß der Doktrin des sozialistischen Realismus das Leben der Arbeiterklasse optimistisch "widerzuspiegeln" hatten. Esterházy zeigt den Tagesablauf in einem mathematischen Institut, die Irrungen und Wirrungen des Rechentechnikers Imre und seines Genossen Generaldirektor Gregory Peck, beide hin(und her-)gerissen von der blonden Sekretärin Marilyn Monroe. Aber jede Produktion, die der Titel verspricht, wird von der Papierflut überschwemmt, die die groteske Slapstick-Suche nach einer verloren gegangenen Studie auslöst. Teil II heißt "E.s Aufzeichnungen". Der Chronist Peter Eckermann (oder Péter Esterházy?) berichtet in Anmerkungen voller Verehrung und Respekt, aber hochvergnüglich über die Umstände, unter denen Teil I vom "Meister" (Goethe?, Péter Esterházy?) geschrieben wurde, über dessen Privatleben - in Szenen von gnadenloser Alltäglichkeit, immer wieder unterbrochen von den Kommentaren des "Meisters", seinen Reflexionen über den Roman. Nur scheinbar ein Anmerkungsteil, ist es in Wahrheit ein "Produktionsroman" im Esterházy'schen Sinne, ein Roman über die Produktion eines Romans, die Keimzelle seiner späteren Themen und Schreibweisen und, zusammen mit den typo - graphischen Frechheiten und dem bischofsvioletten Umschlag (eine Reminiszenz an eine Jugend als Messdiener), ein Affront zu Zeiten der herrschenden "Widerspiegelungstheorie", der Einbruch der Moderne in die ungarische Literatur. Nach dem Erscheinen des "Produktionsromans" 1979 gab es dort nur noch ein "Davor" und "Danach", und in der Weltliteratur hatte er nur einen Vorläufer: Nabokovs Fahles Feuer.

  • Nominiert in der Kategorie Übersetzung:


    Dagmar Ploetz: Unter dieser furchterregenden Sonne, aus dem argentinischen Spanisch, von Carlos Busqued (Antje Kunstmann Verlag)



    Kurzbeschreibung
    Cetarti versinkt im Nichts. Ohne Arbeit und Plan verbringt er seine Tage kiffend vor dem Fernseher und schaut mit Vorliebe Tierfilme über kannibalische Riesenkraken und militärhistorische Dokumentationen im Discovery Channel. Der Anruf eines Unbekannten reißt ihn jäh aus seiner Lethargie. Seine Mutter und sein Bruder seien erschossen worden, er solle sich um die Leichen kümmern. Eher unwillig und mit genügend Dope in der Tasche macht er sich in das abgelegene Provinzdorf im Chaco auf. Lapachito ist ein finsterer Ort, wo die Häuser immer tiefer im Schlamm versinken und eine grelle, furchterregende Sonne die Menschen in den Wahnsinn treibt. Für Cetarti und den Leser beginnt ein halluzinogener Horrortrip in eine surreale Welt, in der es von giftigen Insekten wimmelt und die Menschen sich wie Raubtiere verhalten. Entführungen, Erpressungen und Erniedrigungen sind hier so selbstverständlich wie das Basteln an Modellen von Langstreckenbombern, Fastfood und Kabelfernsehen. Carlos Busqued zeichnet in diesem erstaunlichen Debüt mit einer direkten, harten und melodiösen Sprache das Bild eines zivilisatorischen Untergangs, in dem die Grenze zwischen albtraumhafter Realität und realistischen Albträumen zunehmend verschwimmt. Ein flammend radikaler Roman, voller Verweise auf die jüngste Geschichte Argentiniens, auf Folter, Verbrechen, Schuld und Hass, auf die Tiefenwirkungen der Diktatur. Mit der sezierenden Unerbittlichkeit eines Zoologen blickt Carlos Busqued in das Antlitz des Kraken, der nicht nur Argentinien in seinen Fängen hält.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich habe Clemens Setz nicht gelesen, die anderen Gewinner auch nicht, aber ich hatte andere Favoriten!


    Das enttäuscht mich jetzt etwas ;-)


    Wie kann ich für oder gegen Autoren bei einer BUCHpreisverleihung sein, wenn ich die zur Wahl stehenden Werke gar nicht kenne?

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)