Philippa Gregory: Der Thron der roten Königin [The red queen]

  • "The red queen" ist der zweite Teil der geplanten Trilogie "Cousins´ War" nach dem Vorgängerband "The white queen " über Elizabeth Woodville. Derzeit ist noch keine deutsche Ausgabe vorbestellbar.
    Inhaltsangabe (diesmal kopiert bei amazon.com)


    Having fictionalized Elizabeth Woodville in The White Queen (2009),
    royal chronicler Gregory now turns to Henry VIII's other indomitable
    grandmother. The opposite of her alluring Yorkist rival, plain
    Lancastrian heiress Margaret Beaufort grows up knowing women are useful
    only for bearing sons, but divine visions grant her an unwavering
    conviction about her future greatness. At age 12, she weds Lancastrian
    warrior Edmund Tudor and pours her ambition into his posthumous son,
    Henry. Constantly separated from her beloved child after her second
    marriage to a pacifist knight, her frustrations are palpably felt; she
    later brokers her own union with a crafty turncoat who may be the key to
    her hopes. While England seethes with discord during the turbulent Wars
    of the Roses, Margaret's transformation from powerless innocent to
    political mastermind progresses believably as rival heirs to England's
    throne are killed in battle, executed, or deliberately eliminated. With
    constant pronouncements about Margaret's God-given destiny, the approach
    isn't exactly subtle, but Gregory's vivid, confident storytelling makes
    this devout and ruthlessly determined woman a worthy heroine for her
    time. --Sarah Johnson





    Meine Beurteilung


    Margaret Beaufort (1443 - 1509) war die Großmutter väterlicherseits von Henry VIII . Ihr Sohn Henry Tudor (Henry VII) besiegte den berühmt-berüchtigten Richard III auf dem Schlachtfeld und heiratete Elizabeth of York, die älteste Tochter von Edward IV und Elizabeth Woodville. Durch diese Ehe wurden die lang andauernden Rosenkriege beigelegt, die Ehe zwischen Henry aus dem Hause Lancaster (rote Rose) und Elizabeth aus dem Hause York (weiße Rose) begründete die Dynastie der Tudors.
    Margaret Beaufort lernt schon früh, dass Mädchen nur als Gebärerinnen von Söhnen Wert haben. Da sie als weibliche Erbin des Hauses Lancaster keine eigenen Thronansprüche stellen kann, wird sie bereits mit 12 Jahren mit Edmund Tudor, dem Halbbruder des geistig umnachteten Lancasterkönigs Henry VI, verheiratet, um einen männlichen Erben zu "produzieren". Mit 13 Jahren wird sie Witwe und Mutter von Henry VII, der ihr einziges Kind bleibt, auf das sich in den folgenden Jahren ihre ganzen Ambitionen richten. Sie ist fest davon überzeugt, dass nur die Lancasters die gottgewollten Könige stellen können, weil sie von einem älteren Sohn Edwards III abstammen als die Yorks.
    Ihre Mutter verheiratet Margaret sofort wieder, ihr zweiter Mann Henry Stafford ist jedoch ein sehr vorsichtiger, bedächtiger Mann, der in den blutigen Schlachten um den Thron nur sinnloses Blutvergießen sieht und nicht bereit ist, für die Lancasters in den Krieg zu ziehen. So sind die Jahre ihrer zweiten Ehe für Margaret sehr frustrierend: ihr Sohn Henry wächst unter der Obhut ihres Schwagers Jasper Tudor in Wales und später im Exil auf dem europäischen Festland auf, während sie selbst sich vor Eifersucht auf ihre ihrer Meinung nach unwürdige Rivalin Elizabeth Woodville verzehrt. Diese ist schön, führt eine glückliche Ehe und bringt ein Kind nach dem anderen zur Welt. Margaret hat dagegen ihr Leben ganz dem Ehrgeiz für ihren Sohn und ihrer Religion geweiht. Sie führt in ihren Ehen - auch ihr dritter Ehemann Thomas Stanley wird nur aus politischem Kalkül gewählt - ein asketisches Leben. Als nach dem Tode Edwards IV dessen Bruder Richard III die Macht übernimmt, lässt sie keine Gelegenheit aus, gegen den neuen König zu intrigieren. Ihr und ihrem klugen Ehemann, der ein geborener Verschwörer ist und immer zur richtigen Zeit auf der richtigen Seite steht, gelingt es schließlich nach vielen Rückschlägen, ihren Sohn mit auf dem Festland angeworbenen Soldaten zur entscheidenden Schlacht nach England zu bringen.
    Margaret Beaufort, hier als Ich-Erzählerin auftretend, die ich aus anderen Quellen als äußerst fromme und gebildete Dame kenne, wird hier nicht sehr sympathisch porträtiert. Die Religion spielt zwar eine große Rolle in ihrem Leben, aber Margaret geht selbstverständlich und unbeirrbar davon aus, dass Gottes Wille mit ihrem eigenen identisch ist und sie ist sehr geltungssüchtig. Um ihre Ziele zu erreichen, geht sie skrupellos vor und schreckt auch an Mordaufträgen zur Beseitigung von (minderjährigen) Thronrivalen nicht zurück. Es ist schwer zu beurteilen, wo sich hier genau Fakten und Fiktion vermengen, die Autorin gibt selbst in ihrem Nachwort an, dass sie Lücken in der Geschichte durch eigene Interpretation ausfüllt.
    Wie schon der erste Band "The white queen" liefert auch "The red queen" für den an englischer Geschichte interessierten Leser faszinierende Lesestunden. Ein Stammbaum des englischen Königshauses vorn im Buch erleichtert den Durchblick bei den Verwandtschaftsverhältnissen, dennoch wäre auch hier ein weiteres Personenverzeichnis über die Angehörigen der wichtigsten Adelsfamilien vorteilhaft gewesen. Auch dieses Buch enthält wieder eine umfangreiche Bibliographie zu der von Philippa Gregory konsultierten Literatur.


    Edit: Damit die deutsche Ausgabe auch im Verzeichnis sichtbar wird, habe ich die ISBN und den Titel entsprechend angepasst. LG JaneDoe

  • Danke, €nigma, für diese informative Rezi. Das Buch sollte ich mir bald zulegen, solange mir "Die Königin der weißen Rose" noch gut in Erinnerung ist. Ich finde es interessant, das ganze noch einmal aus der Sicht einer anderen Person zu lesen.

  • Es soll sogar noch eine dritte Perspektive hinzukommen, diesmal aus der Sicht der Elizabeth of York. Das wird sicher nochmal besonders interessant, weil sie einen Großteil der Ereignisse als Kind erlebt hat und durch die Rosenkriege sicher sehr beeinflusst wurde (Jahre im Kirchenasyl etc)


    Ich finde diese verschiedenen Perspektiven auch sehr interessant. Mit den Augen des Lesers im 21.Jhdt. erscheinen beide Frauen (Elizabeth Woodville, Margaret Beaufort) sehr berechnend und nicht besonders sympathisch. Vor dem Hintergrund der Zeit (und der frustrierenden Rolle, die Frauen damals innehatten) kann man aber ein gewisses Verständnis für sie aufbringen.

  • Danke für die Info über den 3. Band. Ich habe das auch irgendwo gelesen, bin aber einfach nicht mehr darauf gekommen, wer im Mittelpunkt stehen soll. Da freu ich mich auch schon drauf! Elizabeth of York erschien mir in "Die weisse Königin" schon interessant.

  • Der ausführlichen Rezi von €nigma ist nichts mehr hinzuzufügen!
    Ich habe "the red Queen" auf deutsch gelesen, ohne vorher das andere erwähnt Buch gelesen zu haben, welches sich mit Elizabeth Woodville befasst. Dies werde ich allerdings schnellstmöglichst nachholen!
    "Der Thron der roten Königin", so heißt dieses Buch auf deutsch erzählt die Geschichte von Margaret Beaufort, welche 12 - jährig mit Edmund Tudor verheiratet, Mutter von Henry VII wird. Da sie selbst als Erbin keinen Anspruch auf den englischen Thron hat, wird es für Lady Margaret zum Lebensziel, ihren Sohn Henry auf den Thron zu bringen - und der Leser darf sie dahin begleiten.
    Ich stimme hier €nigma zu, Margaret wird nicht sonderlich sympathisch dargestellt, dennoch habe ich ihre Geschichte fasziniert gelesen! Philippa Gregory konnte mich mit anderen Büchern schon begeistern, auch hier gelang es ihr wieder, Geschichte für mich lebendig und spannend zu erzählen! Inwieweit alles historisch korrekt ist, vermag ich nicht zu beurteilen - den hier fehlt mir klar das Wissen über dieses Stück englische Geschichte. Aber ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen, und freue mich weitere Bücher der Autorin in die Finger zu bekommen!

  • Inzwischen gibt es einen dritten Band. Dieser beschäftigt sich merkwürdigerweise aber nicht mit Elizabeth of York, sondern mit Jacquetta Woodville, der Mutter von Elisabeth Woodville. Chronologisch würde dieses Buch also eigentlich an den Anfang der Reihe gehören.
    Ich habe "The Lady of the Rivers" noch nicht gelesen, habe das aber noch vor.

  • Da hat die Autorin aber tief in der Mottenkiste gewühlt. Jacquetta Woodville dürfte den wenigsten Lesern ein Begriff sein.


    Ich selbst hadere nach "The other Boleyn Girl" ständig damit, noch weitere Bücher der Reihe zu lesen. Zum Einen, weil ich die Persönlichkeiten Elizabeth I. als auch Mary I. zu abgegriffen finde (da würde mich z.B. Lady Jane Grey wesentlich mehr interessieren), zum Anderen, weil ich Bedenken habe, dass diese Romane mit der Geschichte um Mary Boleyn mithalten können.


    Für Tipps und Empfehlungen wäre ich deshalb dankbar.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Da hat die Autorin aber tief in der Mottenkiste gewühlt. Jacquetta Woodville dürfte den wenigsten Lesern ein Begriff sein.


    Ich selbst hadere nach "The other Boleyn Girl" ständig damit, noch weitere Bücher der Reihe zu lesen. Zum Einen, weil ich die Persönlichkeiten Elizabeth I. als auch Mary I. zu abgegriffen finde (da würde mich z.B. Lady Jane Grey wesentlich mehr interessieren), zum Anderen, weil ich Bedenken habe, dass diese Romane mit der Geschichte um Mary Boleyn mithalten können.


    Für Tipps und Empfehlungen wäre ich deshalb dankbar.


    Das ist gar nicht so einfach. Es gibt Bücher von Philippa Gregory, die mir nicht sehr zugesagt haben, weil sie mit der Geschichte zu "ungenau" umgeht oder weil ich sie als langatmig empfand (The virgin´s lover), andere Bücher (White Queen, Red Queen) fand ich sehr gut recherchiert und unterhaltsam.


    Zu denen, die mir gut gefallen haben, gehört "The Boleyn Inheritance"

  • Vielen Dank für den Hinweis, €nigma. :wave


    Ich behalte das im Hinterkopf. Außerdem werde ich mal ein bisschen in Gregorys früheren, nicht Tudor-bezogenen Werken stöbern. "Die Glut" soll sehr gut sein und hört sich inhaltlich vielversprechend an.

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  • Ja, "Wideacre" lautet der deutsche Titel. Die Handlung spielt im 18. Jahrhundert und nimmt keinen Bezug auf historische Persönlichkeiten.


    Ich habe das Buch jetzt da und finde, dass es sich gut liest, ein echter Pageturner. Gregory scheint eine Vorliebe für berechnende skrupellose Heldinnen zu haben.


    Die Sprache unterscheidet sich sehr vor dem, was heute im Bereich Historisches veröffentlicht wird, ist wesentlich weitschweifiger, emotionaler und bildhafter.


    Als Nackenbeißer würde ich das Buch unter keinen Umständen bezeichnen, dazu ist es zu psychologisch und gut recherchiert, auch wenn sexuellen Handlungen viel Raum zugestanden wird.
    Ich habe allerdings oft den Eindruck, dass dies für die Zeit ab 1960 sehr typisch war, sowohl im literarischen wie filmischen Bereich. Heute findet sich das zunehmend weniger, stattdessen sind Gewaltdarstellungen weiterhin auf dem Vormarsch.

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  • An dieser Stelle möchte ich mich doch auch noch kurz einmischen. ;-)
    Ich habe einige Bücher von Philippa Gregory gelesen und muss sagen, dass ich nicht alle überragend gut fande. Aber "The white queen" und "The red queen" waren wirklich toll. Es war faszinierend, dass dieselbe Geschichte im Grunde zwei Mal erzählt wird, nur aus verschiedenen Perspektiven, ohne dass es dabei langweilig wird.
    Es ist erfrischend, dass die Autorin nicht versucht, den Leser auf eine Seite der beiden Parteien zu ziehen, wie es ja oft der Fall ist. Man muss sich hier nicht zwischen dem Haus York und dem Haus Lancaster entscheiden - bzw man kann es auch gar nicht. Beide Bücher sind fesselnd und schön, wenn auch auf völlig andere Weise. Man kann sich selbst ein Bild davon machen, auf wessen Seite man im Rosenkrieg steht, was ich als eingefleischter Fan des englischen Spätmittelalters eine tolle Abwechslung fand.
    Da ich es im Original gelesen habe, kann ich nichts zur deutschen Übersetzung sagen, aber im Englischen sind die Bücher wirklich empfehlenswert und einfach toll! :fingerhoch :-)

  • Zitat

    Als Nackenbeißer würde ich das Buch unter keinen Umständen bezeichnen,


    Vielleicht habe ich noch nie einen echten Nackenbeißer gelesen und kann das gar nicht beurteilen. ;-)



    Zitat

    Da ich es im Original gelesen habe, kann ich nichts zur deutschen Übersetzung sagen, aber im Englischen sind die Bücher wirklich empfehlenswert und einfach toll!


    Ich lese sie auch immer im Original. Was die Parteinahme betrifft, bin ich zwiegespalten: Mit Elisabeth Woodville habe ich es nicht so, dafür "liebe" ich die gebildete und belesene Margaret Beaufort, erst im November habe ich an ihrem Sarkophag meinen Kratzfuß gemacht - ein sehr erhebender Moment! :grin


    Aber auch für Richard III habe ich eine Schwäche. Ich halte ihn nicht für einen Schurken, was sicher auch darauf zurückzuführen ist, dass "The sunne in splendour" zu meinen Lieblingsromanen zählt.

  • Richard III. fand ich vor vielen, vielen Jahren auch einmal faszinierend. Inzwischen langweilt es mich, wie er immer zum Guten und Opfer stilisiert wird. Bestimmt war er nicht das Shakepearische Monster, aber auch nicht ein romantischer Held, um den herum sich eine leidenschaftliche Liebesgeschichte spinnen lässt.


    Mich begeister deshalb nach wie vor das Buch


    "Die Rose von York" von Charlotte Kaufmann,


    das sich auf Richard of Gloucester und Anne Neville konzentriert und ein interessantes und halbwegsrealistisches Bild dieser Personen zeichnet.


    Sie war eine der ersten, die zu diesem Thema einen Roman geschrieben hat und das meiste, was hinterhergekommen ist, blieb meiner Meinung nach weit dahinter zurück. Nicht, dass ich alles gelesen hätte ;-), auch "The sunne in splendour" kenne ich nicht, aber besonders schlimm sind zum Beispiel Bücher wie "Ginster und Schwert" oder "Die Rose von York" von Anne Easter Smith. :rolleyes

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  • Zitat

    Mich begeister deshalb nach wie vor das Buch "Die Rose von York" von Charlotte Kaufmann,


    Über die Anschaffung dieses Buchs habe ich auch schon nachgedacht, es dann aber doch nicht gekauft, weil es nach Meinung einer von mir sehr geschätzten Dame eher in die Richtung "leichte Frauenliteratur" ging.


    Ich finde eigentlich nicht, dass Richard III generell so gut wegkommt, Rebecca Gablé ist jedenfalls kein Fan von ihm. :-)


    Zitat

    "Die Rose von York" von Anne Easter Smith.


    Das liegt bei mir seit Jahren ungelesen herum, seit ich es mal von einem Bücherflohmarkt mitbrachte.

  • Es ist schon ein Weilchen her, dass ich den Roman von Charlotte Kaufmann gelesen habe. Eben habe ich nochmal kurz reingeblättert. Als "leichte Frauenliteratur" würde ich es nicht bezeichnen, sonst müsste ich wohl Gregory, Jennifer Donnelly oder Anne Golon in die gleiche Schublade packen. ;-)


    Von Gablé habe ich bisher nichts gelesen. Aller schwärmen von ihr, aber ich stehe deutschen Autoren generell skeptisch gegenüber, wenn sie englische Historie verhackstücken. :gruebel


    Die Darstellung Richards III. als positiven Charakter sehe ich als eine Entwicklung der letzten vielleicht 40-50 Jahre. Mag sein, dass ihn einige Autoren realistisch zeichnen, in vielen Romanen scheint er mir jedoch verklärt zu werden.

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  • Zitat

    Von Gablé habe ich bisher nichts gelesen. Aller schwärmen von ihr, aber ich stehe deutschen Autoren generell skeptisch gegenüber, wenn sie englische Historie verhackstücken.


    Gib ihr mal eine Chance. Ich lege bei historischen Romanen ziemlich strenge Maßstäbe an und kenne mich als Anglistin auch gut mit der englischen Geschichte aus. An den Büchern von Frau Gablé habe ich nichts auszusetzen. ;-)