'Purpurdrache' - Seiten 001 - 099

  • Zitat

    Original von Johanna


    Negativ sind mir auch die ständigen Markennamen aufgefallen.


    Es geht natürlich auch ohne - und manche Leser stört es, andere Leser wiederum nehmen es überhaupt nicht wahr: Ich selbst zum Beispiel merke das überhaupt nicht, wenn ich Stephen King lese, und das stört mich auch nicht. Und ich schreibe lieber Mentos statt Pfefferminzkaubonbon und Burger King oder McDrive statt Fastfoodrestaurant, nur um künstlich Begriffe zu umschiffen, die in unserer Alltagssprache längst etabliert sind. Solche Produkte prägen uns ja auch topografisch bei Ortsbeschreibungen: "Beim Löschdepot rechts und dann hinter dem Real links rein bis kurz vor dem Gartenmarkt". ;-) Zudem gibt ein Audi TT nach meiner Meinung ein klares Bild ab - und ein Sportwagencabrio, das wäre mir nun echt zu krampfhaft umschifft.


    Aber: Ich habe nachgedacht, und wir haben vor einiger Zeit in einem Autorenforum auch breiter darüber diskutiert. Zudem war ich bei einer Reihe von Leser-Rezensionen über den Kritik-Punkt von Marken-Dropping überrascht. Im nächsten Roman, das verrate ich mal, gibt es deutlich weniger davon ;-)

  • Sven
    Grundsätzlich hast du Recht.
    Wenn man den Markennamen einsetzt, um etwas zu beschreiben, dann ergibt das durchaus Sinn und ist auch hilfreich, wie bei dem von dir genannten Audi TT.
    Was es mir aber bringen soll, zu wissen, daß die und die Figur jetzt Mentos statt Fishermans Friend futtert weiß ich jetzt nicht so genau...
    Auch bei Zigarettenmarken finde ich es schlicht nicht wichtig, zu wissen, welche es ist, denn den Marlboro-Raucher stelle ich mir genauso vor, wie den West-Raucher.
    Interessant wird es immer dann, wenn man mit der Marke eine bestimmte Vorstellung oder Eigenschaft verbindet. Raucht der Ermittler zum Beispiel Reval ohne, fände ich das schon wichtig, um ihn zu beschreiben, weil es eben das Bild des Kettenrauchers mit quarzig gelben Fingern unterstreicht...

  • Zitat

    Original von Babyjane


    Wenn man den Markennamen einsetzt, um etwas zu beschreiben, dann ergibt das durchaus Sinn und ist auch hilfreich, wie bei dem von dir genannten Audi TT.
    Was es mir aber bringen soll, zu wissen, daß die und die Figur jetzt Mentos statt Fishermans Friend futtert weiß ich jetzt nicht so genau...


    Genau, es macht Sinn, wenn es einen Mehrwert ergibt. Aber: Es geht zB nicht um die Abgrenzung zwischen zwischen Fishermans und Mentos. Es geht eher halt auch mal darum, Thesaurus-mäßig ein paar mehr Bezeichnungen für etwas im Köcher zu haben, damit du keine Wortwiederholungen hast. Sagen wir: „Alex warf sich ein Pfefferminzbonbon ein und kaute darauf herum. "Hast du für mich auch eines?", fragte Schneider. Sie nickte und drückte ihm ein Mentos in die offene Hand." Macht es einfacher, Wiederholungen zu vermeiden - und mir an der letzten Stelle einen Zacken aus der Krone zu brechen, nur um keinen Produktnamen nicht zu erwähnen - ja mei... Und bei den Kippen: Eklige Worte wie Glimmstängel lasse ich als Synonym für Zigarette lieber sein, bevor ich Ausschlag bekomme, da schreibe ich lieber Pallmall, hehe.


    Aber wie erwähnt: So ein Buch ist ja auch ein Lernprozess ;-) Ich habe es in jedem Fall im Blick, dass es offenbar auch nerven kann, und in den kommenden zwei Romanen (das weiß ich sicher, weil sie schon nahezu fertig sind ;-)) tauchen sehr viel weniger Markennamen auf.

  • Zu den Markennamen - mein Problem leigt eher bei den Mode-Marken.


    Wenn von einem Versace-Kostüm oder Gucci-Handtasche die Rede ist habe ich überhaupt keine Vorstellung davon und es hat damit für mich kein besonderes Bild für mein Kopfkino. Mag bei Leserinnen ja wieder anders sein.
    Der Begriff Designer oder teuer würde mir schon reichen, da damit ja in der Regel nur ausgedrückt werden soll, dass es sich nicht um etwas alltägliches handelt.
    Kann aber den Einwand der Wiederholungsgefahr auch verstehen.


    Ist halt der Seiltanz des Autors :knuddel1

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von dyke
    Zu den Markennamen - mein Problem leigt eher bei den Mode-Marken.


    Wenn von einem Versace-Kostüm oder Gucci-Handtasche die Rede ist habe ich überhaupt keine Vorstellung davon und es hat damit für mich kein besonderes Bild für mein Kopfkino. Mag bei Leserinnen ja wieder anders sein.
    Der Begriff Designer oder teuer würde mir schon reichen, da damit ja in der Regel nur ausgedrückt werden soll, dass es sich nicht um etwas alltägliches handelt.
    Kann aber den Einwand der Wiederholungsgefahr auch verstehen.


    Ist halt der Seiltanz des Autors :knuddel1


    Nicht nur Du - ich hab da auch keine Ahnung von, weil mich Mode noch nie interessiert hat :schaem
    Bei Autos gehts mir aber auch genauso.
    Hauptsache das Ding fährt, hat ne Heizung und einen Aschenbescher :grin

  • Eine Abwägungssache - wohl war. Für Alex zum Beispiel wären Gucci und Versace sicher relevant, und in einem Kapitel aus ihrer Sicht würde sie das auch so benennen und sich eher einen *Prada-Mantel* als ein pauschales *Designerstück* anziehen, während das für Schneider dann irgendsoein Designerfummel wäre, der aber durchaus eine schlanke Taille macht ;-)

  • Zitat

    Original von Johanna


    Nicht nur Du - ich hab da auch keine Ahnung von, weil mich Mode noch nie interessiert hat :schaem
    Bei Autos gehts mir aber auch genauso.
    Hauptsache das Ding fährt, hat ne Heizung und einen Aschenbescher :grin


    Es kommt immer darauf an was es ist :-)


    Bei Autos ist das schon etwas anderes, ich erinnere da nur mal an Columbo mit seinem Oldtimer, das hat ihn noch kultiger gemacht als er ehh schon war.


    Genau so ist es auch bei der Walther die Helen und Alex benutzten, ich fand das an diesem Punkt nicht schlecht, schlicht und einfach da es etwas über Alex aussagte.

  • Die Markennamen haben mich gar nicht so gestört. Nur über die Zigarrettenmarke "Malboro" bin ich gestolpert. Da habe ich mir gleich einen coolen Typen mit Pferd und Cowboyhut vorgestellt. :lache


    Den ersten Abschnitt fand ich interessant zu lesen. Alex gefällt mir. Ob sich zwischen ihr und Marcus noch etwas entwickelt ? :gruebel


    Marlon finde ich (bis jetzt) sehr unsympatisch.

  • Ich bin immer noch nicht sehr weit, daher habe ich die bisherigen Beiträge noch nicht gelesen und entschuldige mich vorab, wenn meine Fragen schon beantwortet wurden ... :-)


    Also, erste Frage: Gibt es das Medikament, das Marlon testweise von seiner Therapeutin bekommt, tatsächlich bzw. wird es derzeit getestet? Ich finde die Wirkung irgendwie sehr heftig (Ich kenne mich mit solchen Medikamenten nicht aus ...), dieses beinahe komplette Vergessen - ich stelle es mir bald schlimmer vor als die eigentlichen Erlebnisse. :gruebel


    Und noch eine andere Interessensfrage: In welchem Jahr spielt "Purpurdrache"? Ich habe bisher noch keinen Hinweis darauf gefunden. :-)

  • Iszlá : Die Handlungszeit ist so in etwa 2009/2010.


    C-12 gibt es tatsächlich nicht - ich erkläre das auch im Nachwort. Es gibt allerdings eine Reihe von Ansätzen, ähnlich wirkende Stoffe in der Behandlung von Menschen, die an einem Trauma leiden, einzusetzen. Ich habe in meinem Recherchekrams mal einen älteren Link gefunden, da wird ein wenig darüber zusammenfassend erzählt: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20683/1.html Ursprünglich hatte ich irgendwann mal im Spiegel etwas darüber gelesen.


    Ich habe mir da die Frage gestellt, wie wäre das eigentlich, wenn wir keine Angst mehr hätten, und Pillen gegen böse Erinnerungen nehmen könnten? Was, wenn Angst uns nicht mehr hemmt, bestimmte Dinge zu tun?

  • Danke für den Link. :-)


    Ja, wie wäre es, wenn wir schlimme Erinnerungen einfach aus dem Gedächtnis streichen könnten? So schlimme Erinnerungen wie Marlon habe ich zwar (zum Glück) nicht, und obwohl ich dennoch auf so manche Erinnerung verzichten könnte, hätte ich mehr Angst davor, dass ich auch schöne Erinnerungen verlieren könnte. Woher soll die Pille schließlich "wissen", welche Erinnerungen sie löschen darf und welche nicht, wie soll diese Pille hergestellt werden?


    Aber ich habe das Gefühl, dass dieses Medikament noch eine größere Rolle erhält ... Bis zu der armen Frau im Kornfeldkreis bin ich ja immerhin "schon" vorgedrungen ... :rolleyes

  • Zitat

    Original von SvenKoch


    Ich habe mir da die Frage gestellt, wie wäre das eigentlich, wenn wir keine Angst mehr hätten, und Pillen gegen böse Erinnerungen nehmen könnten? Was, wenn Angst uns nicht mehr hemmt, bestimmte Dinge zu tun?


    Das wäre sicher völlig furchtbar. Da wäre ja ein wichtiger Teil des menschlichen Alarmsystems ausgeschaltet.
    Angst hat ja eine wichtige Funktion.


    Und gegen die Anststörungen, die die "unbegründete" Angst so hochtreibt gibt es ja sehr gute Mittel wie SSRI oder Verhaltenstherapie. Die sind im großen und Ganzen ja äßerst wirksam.


    Ich denke mal, mit einen Mittel wie C-12 würde sich ja nicht nur pathologische Angst behandeln lassen sondern die Angst generell. Eben auch die, die so notwendig ist.


    Hach ja - da hast Du ja eine Lieblingsthema und Nerv von mir angsprochen :grin

  • Ich fand das im Zusammenhang des Romans ebenfalls sehr interessant - und deswegen geht es auch viel um Verantwortung. Vorab steht daher dieser schöne Satz von Rilke über die Drachen unseres Lebens, die uns stark und mutig sehen wollen und eigentlich Prinzessinnen sind - kurz: Angst ist eine gute Sache. Denn ohne Angst davor, Verantwortung übernehmen zu müssen oder zur Rechenschaft gezogen werden können - was wir dann aus einem? Marlon ist sehr verantwortungslos und egozentrisch. Er verdrängt vieles, auch mit C-12, und solche Dinge können einen immer wieder einholen ;-) Und was ist, wenn solche Drogen wie C-12 in höherer Dosierung missbraucht werden? Wenn Ängste gezielt unterdrückt werden?

  • Nun habe ich den ersten Teil hinter mich gebracht und bin bisher mehr als entzückt ... :grin Ich fand ja das erste Kapitel bereits nervenaufreibend, aber nachdem ich mich in die Geschichte hineingefunden habe, kann es richtig los gehen.


    Ich fange mal ganz vorne an ... Also, ich weiß nicht, ob mir Marlon sympathisch ist oder nicht. Er kann ein Arschloch sein, ja, viele Dinge könnte er sich wirklich schenken, aber irgendwie verstehe ich ihn auch. Nicht nur deshalb, weil ihn das Theater im Kindergarten so sehr mitnimmt, sondern generell - die Dinge, die Marlon so offen ausspricht, denke ich mir oft. Ich habe aber gelernt, mir durchaus auch mal auf die Zunge zu beißen. :grin Momentan ist Marlon mir jedenfalls ganz sympathisch. Ich würde mit ihm nicht jeden Tag verbringen wollen oder so, aber so ist es ganz in Ordnung.


    Alex ist mir noch etwas fremd, obwohl ich ich auch sie verstehen kann. Zumindest etwas - wie es ist, unter einem Haufen Männer zu arbeiten, weiß ich zum Beispiel nicht, ich war und bin irgendwie immer zum großen Teil von Frauen umgeben. Aber dieser kleine Perfektionismus-Tick kommt mir sehr bekannt vor.


    Und zu Marcus habe ich noch überhaupt kein Beziehung. (Ich kann mir übrigens noch überhaupt nicht vorstellen, dass sich zwischen Alex und Marcus etwas entwickeln könnte ... So viel Kontakt hatten sie bisher ja nun auch noch nicht. Und die wenigen Gespräche zwischen ihnen - hm, scheint mir völlig normal zu sein.) Dafür mag ich Rolf Schneider, er ist wirklich in Ordnung, finde ich.


    Auf die Auflösung einiger Fragen bin ich sehr gespannt - ich frage mich, wie die Geiselnahme im Kindergarten Marlons Art zu schreiben verändert hat, ob sie seine Art überhaupt verändert hat. Vorher schien er mir sehr kaltblütig und skrupellos zu sein, und nun ... schreibt er weiterhin so? :gruebel Bis auf die innerlichen Veränderungen scheint da nicht so viel passiert zu sein, zumindest nach außen hin ist er immer noch das Ekelpaket.


    Ich glaube übrigens, dass "Purpurdrache" seit zwei Jahren mein erster Thriller ist, in dem es zu einem weiten Teil um die Ermittlungsarbeit geht. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, so darüber gelesen zu haben, und ich finde es wahnsinnig interessant.


    Zum Großteil der Geschichte kann ich gar nicht so viel sagen, momentan bin ich eher mit den Figuren beschäftigt, mit der Ermittlungsarbeit. Gut, eigentlich geht es ja nun auch erst richtig los - nicht nur ich frage mich, wer diese E-Mails schreibt. Ich meine, Roth liegt ja irgendwie nahe, der Purpurdrache ... Aber ganz ehrlich, wie soll es denn mit dem Kindergarten zusammen passen, warum soll es Marlon treffen?


    Wer die Tote im Kornfeld ist, kann ich mir übrigens denken - obwohl es vorher kurzzeitig ja nicht so schien, aber der Obduktionsbericht klingt ziemlich eindeutig.


    Wie hast du eigentlich für die Beschreibung der Ermittlungsarbeit recherchiert, Sven? Und noch eine andere Frage: Die Sache mit Leonardo di Caprio war doch vor einer Weile tatsächlich mal in den Medien, wenn mich nicht alles täuscht, oder? (Ich habe es gerade nachgesehen - vor einer Weile? Na ja, zwölf Jahre ist es dann doch schon her ... :grin)


    Zu den Markennamen noch: Für mich waren sie anfangs etwas ungewohnt, weil ich es nicht kenne, sie in dieser Anhäufung in einem Buch zu lesen. Als störend empfinde ich sie allerdings nicht, im realen Leben benenne ich die Dinge ja auch so.


    Und nun habe ich zum ersten Mal in meinem Leben einen John Deere gesehen. Was für ein Monstrum! :yikes Wie der Tatort ausgesehen haben muss, kann ich mir schon vorstellen, aber nachdem ich nun den Mähdrescher auf einem Bild gesehen habe, nimmt die Sauerei noch viel schlimmere Ausmaße an ...


    Weiter geht's, ich bin gespannt ...

  • Liebe Iszlá,


    die Sache mit di Caprio, das habe ich so ein wenig hautnah miterlebt, weil es in meinem Redaktionsbereich als Reporter geschah. Tatsächlich hieß einmal eine Eisdiele so, und Anwälte vom guten, alten Leo haben dem armen Eisdieler eine einstweilige Verfügung reingereicht.


    In Bezug auch die Recherchen und Polizeiarbeit: In meinem Beruf als Redakteur habe ich oft mit der Polizei zu tun und auch über Gerichtsverhandlungen berichtet. Da ist man an Unfallstellen, nach Banküberfällen, auch mal an Tatorten bei Schwerstverbrechen, um zu berichten. Man macht mal Hintergrundreportagen über Polizeiarbeit. Man telefoniert, man geht zu Pressekonferenzen - und davon habe ich mir immer mal was gemerkt ;-) Und ich weiß daher auch, wen ich anrufen muss, wenn ich mal eine Frage habe - weil man sich kennt, so über die Jahre entstehen ja persönliche Kontakte, bekomme ich dann auch meist eine Antwort. Weiter habe ich eine Reihe von forensischen Fachbüchern im Regal, die sich mit Ermittlungsarbeit befassen, um etwas nachzuschlagen. Ich habe mich auch einmal durch die Rechtsmedizin führen und mir von einer sehr freundlichen Ärztin (liest auch gerne Thriller) alles erklären lassen - das allerdings explizit im Hinblick auf Romanrecherche.

  • Hallo Sven,


    da fällt mir doch direkt die nächste Frage ein, allerdings eher in Bezug auf die Arbeit der Journalisten und Redakteure. Wie nah kommt ihr wirklich an die Tatorte heran? Bis zu welchem Punkt erfahrt ihr die euch wichtigen Dinge für die Berichte, wann gibt es eine Information wie "Mehr dürfen / können wir Ihnen nicht sagen."? Und wie geht es dann für euch weiter? Marlon geht da ja sehr skrupellos vor, für ihn zählt nur die Story, wie er da herankommt, wem er auf dem Schlips tritt, interessiert ihn gar nicht.


    Wie hartnäckig dürft ihr also sein? Und könnt ihr sein?


    (Hoffentlich habe ich mich nicht zu schwammig ausgedrückt, ich kann es momentan nicht schöner formulieren ...)

  • Wie weit man geht und wie forsch man ist, hängt von einem selber und dem Medium ab, für das man arbeitet. Sozusagen vom Berufsethos.


    Boulevardleute können mehr vorpreschen als andere bei einer lokalen Tageszeitung vor Ort, die es sich natürlich nicht mit den Behörden verscherzen wollen. Im Boulevard steht auch das Persönliche, Emotionale mehr im Vordergrund - und die Konkurrenz zu anderen Medien, mehr Infos zu bieten und die eine Info, die die anderen nicht haben. Dazu werden dann auch Verwandte, Nachbarn, Angehörige angezapft und gelegentlich ein Scheck für Bildmaterial rübergeschoben. So radikalere Jungs und Mädels ist das auch egal, was die Polizei oder Staatsanwaltschaft offiziell verlauten lassen - die fragen lieber Leute, die ganz dicht dran waren oder Täter/Opfer kennen. Ich kann und will so was nicht. Aber ich weiß schon, wie es läuft. Und um die Nähe auf den Punkt zu bringen: Die Polizei tut aus gutem Grund einen Teufel, einen bei einem Mord sozusagen ins Herz der Finsternis vorzulassen. Was haben wir da auch zu suchen? Es kann aber schon sein, dass man später bei Verhandlungen oder Pressekonferenzen aus erste Hand erfährt, was da genau los war - meist mit der Bitte, das aber bloß nicht zu schreiben ;-)


    Ein Tatort ist natürlich abgesperrt, wenn man da ankommt. Da kommt man auch nicht rein während der Spurensicherung. Kann aber trotzdem mal sein, wenn einen der Pressesprecher lässt. Grundsätzlich kommt man natürlich an alles sehr dicht ran, vor allem bei Unfällen, Bränden, Unglücken, Überfällen usw. Man ist oft auch sehr schnell vor Ort und sieht natürlich Dinge, die Einsatz- oder Rettungskräfte ebenfalls sehen. Was nicht immer so schön ist.


    Wie sehr man sich in eine Berichterstattung reinhängt, kann ich gar nicht mal pauschal sagen. Und was zum Beispiel einen Mord anbelangt, erfährt man das eher durch Zufall oder wenn die Polizei eine Pressekonferenz einberuft. Man bekommt dann natürlich gesteuerte Informationen, weil ja Verfahren schweben - und manchmal hat das auch ermittlungstaktische Gründe, wenn bestimmte Dinge nicht an die Öffentlichkeit gegeben werden, oder eben nur so in der Art, dass sie den gewünschten Effekt erzielen. Bei allem kommt dazu, dass man bösen Buben ja keine Anleitungen geben möchte oder Infos darüber, was die Polizei so alles kann und tut und weiß. Deswegen werden bei Banküberfällen zum Beispiel fast nie die Summen genannt ;-)


    Was da rausgegeben wird, hängt natürlich von der Polizei und Staatsanwaltschaft ab. Wenn einem das für eine Berichterstattung nicht reicht, was vom Einzelfall abhängt, kann man hintenrum bei persönlichen Kontakten nochmal nachhaken oder hat bereits Dinge gehört, mit denen man dann offizielle Stellen konfrontiert. Und das jeweilige Engagement hängt natürlich vom jeweiligen öffentlichen Interesse ab, das man abwägen muss: Hat jemand in der Nacht hinter verschlossener Tür seine Frau erdrosselt und sich dann gestellt - dann ist das noch was anderes, als wenn jemand nachmittags vor einer Spielhalle in der Innenstadt jemanden erschießt, eine Geisel nimmt und sich anschließend eine Verfolgungsjagd mit anschließendem Schusswechsel mit der Polizei durch die Innenstadt liefert. Ganz einfach deswegen, weil mehr Menschen es dann mitbekommen haben, es Freunden usw erzählen. Sprich: Der Grad öffentlicher Betroffenheit ist dann größer.


    Weiter muss man natürlich Personenschutzrechte beachten - und halt immer die Grenzen abwägen. Muss ich erzählen oder fotografieren, was da wirklich im Detail geschehen ist? Aber pauschal lässt sich das echt nicht sagen, und zum Beispiel sind Medien in Südamerika oder anderswo sehr, sehr viel härter drauf als wir das hier so kennen. Die bringen auch Bilder von Menschen mit Kopfschuss auf der kompletten Titelseite.


    Ich hoffe, das gibt einen kleinen Einblick, diese Arie ;-)

  • Oh ja, vielen Dank für diesen Einblick. :-)


    Sobald mir noch etwas einfallen sollte, melde ich mich ... :grin Aber zunächst werde ich mit Abschnitt Zwei beginnen, bisher bin ich nämlich immer noch nicht vorangekommen - was übrigens nicht am Purpurdrachen liegt. (Sondern an dem Chaos, das sich mein Leben schimpft ...)