Unerbetene Erinnerung - Raul Hilberg

  • # Broschiert: 175 Seiten
    # Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 1., Aufl. (4. April 2008)
    # Sprache: Deutsch
    # Originaltitel: Politics of Memory


    Kurzbeschreibung
    Als Raul Hilberg 1948 mit seinen Forschungen über die Vernichtung der europäischen Juden begann, traf er überall auf Skepsis, Ablehnung und Desinteresse. Die amerikanische Öffentlichkeit war mit dem Kalten Krieg beschäftigt und wollte weder vom Leiden und Sterben der Millionen Juden noch von der Schuld der - mittlerweile verbündeten - Deutschen allzuviel wissen. Der Holocaust war nicht nur tabuisiert, sondern es gab auch keine Sprache, die dem ungeheuerlichen Sachverhalt gerecht wurde. Hilbergs Versuche, seine Forschungsergebnisse in Worte zu kleiden, gerieten so zu einer »Revolte gegen das Schweigen« (Hilberg).


    Über den Autor
    Raul Hilberg wurde am 2. Juni 1926 in Wien geboren. 1939 flüchteten seine Eltern mit ihm vor dem nationalsozialistischen Terror nach Nordamerika. Dort studierte er u. a. bei dem Politikwissenschaftler und Juristen Franz Neumann, der aus Berlin hatte fliehen müssen. 1945 kam Hilberg als amerikanischer Soldat nach Deutschland und entdeckte in München die in Kisten verpackte Privatbibliothek Hitlers. Dieses Erlebnis steht am Beginn einer lebenslangen Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus.


    Meine Meinung

    "Das ist Ihr Untergang."


    In seiner Autobiographie "Unerbetene Erinnerung" schreibt Raul Hilberg vor allem über die Schwierigkeiten, die er bis zur endgültigen Veröffentlichung von "Die Vernichtung der europäischen Juden" - dem Standardwerk zum Holocaust - überwinden musste. Ungewöhnlich lakonisch berichtet er über die unzähligen Anläufe und Versuche, die er unternehmen musste, um sein Werk drucken zu lassen. Bei "Die Vernichtung der europäischen Juden" handelte es sich zunächst um seine Dissertation, die dann jedoch ein immer größeres und umfassenderes Ausmaß annahm. Er hatte nicht nur Schwierigkeiten damit, Druckzuschüsse und einen Verlag zu finden, sondern sah sich auch immer wieder mit Kritik und Ablehnung für seine Thesen konfrontiert. Die Ablehnung ist so massiv, dass Raul Hilberg zwischenzeitlich schon beinahe Zweifel an seinem Projekt kommen und ihm immer stärker klar wird, dass er in einer "geschlossenen Welt" lebt, da sein "Thema rigoros in die Vergangenheit verbannt" wird.


    Als Leser erfährt man auch etwas über seine Kindheit und sein eigenes Aufwachsen und das seiner Familie. Ich habe einen akribischen und detailversessenen Forscher kennengelernt, der auch nach mehr als 37 Jahren Lehrtätigkeit, nie aufhören konnte, zu forschen.


    Zitat

    "Je mehr ich suchte, desto mehr würde ich finden. Wenn ich dann mit gewissen Entdeckungen belohnt wurde, geriet ich in einen Zustand, den gerade Quellenforscher am besten kennen - eine Erregung, die mich nach wie vor befällt, wenn ich Mikrofilme durch ein Lesegerät ziehe."


    Raul Hilberg schreibt über seine Erinnerungen in einer lakonischen Sprache und ich habe sein Buch mit großem Interesse gelesen.


    8 Punkte.

  • Titel: Unerbetene Erinnerung. Der Weg eines Holocaust-Forschers
    Autor: Raul Hilberg
    Verlag: Fischer TB
    Erschienen: Mai 2008
    Seitenzahl: 175
    ISBN-10: 359618004X
    ISBN-13: 978-3596180042
    Preis: 10.95 EUR


    Raul Hilberg ist der Autor des dreibändigen Werkes „Die Vernichtung der euopäischen Juden“ - was gemeinhin als Standardwerk über den Holocaust angesehen wird.


    Hilberg wurde 1926 in Wien geboren und starb im Jahre 2007.


    In diesem Buch erinnert er sich, wie er zu dem wurde was er ist/war. Er macht das sachlich, teilweise sogar unterkühlt und schaut auf das für ihn Wesentliche, ein Blick ggf. auch zur Seite, findet man bei ihm nicht. Alles so scheint es, ist auf dieses eine Thema fixiert.


    Sehr intensiv setzt er sich dann aber auch mit seinen Gegner auseinander. Die qualifiziert er teilweise sogar sehr überheblich herab. Da wird er schon mal emotional.
    Da stellt sich einer selbst auf einen Sockel, sieht sich als einmalige Kapazität und reagiert sehr empfindlich, wenn jemand auch nur anscheinend an seinem Sockel rüttelt. Kritik kann Raul Hilberg offensichtlich nicht vertragen, wirkt dadurch nicht nur betriebsblind sondern auch selbstgerecht. Das passiert wohl, wenn man sich selbst für das Nonplusultra hält.


    Und so zeigen diese Erinnerungen eben auch einen Menschen der keinen Widerspruch verträgt, obwohl Widerspruch oder auch nur andere Ansichten sein großartiges Werk in keiner Weise schmälern oder herabsetzen würden. Ein Charakterzug, der schon nachdenklich macht. Denn, vielleicht haben ja seine Kritiker doch nicht so Unrecht?


    In jedem Falle aber ein sehr lesenswertes und interessantes Buch – ein Buch das eben auch beweist, dass weiß nicht immer weiß ist und das schwarz eben auch manchmal eben nicht schwarz ist. Ein Buch aber auch über die Streitereien und Eifersüchteleien unter den Historikern.


    7 Punkte für ein Buch das den Leser durchaus in einigen Punkten ratlos zurücklässt – ihn aber auch auffordert, sich ggf. auch aus anderen Quellen zu informieren.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.