Warum seid ihr nicht religiös?

  • Zitat

    Original von vallenton
    Zu finden und nicht zu weichen. Wenn mein Ziel als Wissenschaftler nur darin besteht alles Herausgefundene immer und immer wieder neu zu prüfen komme ich doch nie ans Ziel. Wenn ich nicht weiß ob die Basis stimmt, wie kann ich dann von so einem unsicheren Grund aus weiter forschen?


    Eine erste und letzte Ursache, hinreichender Grund und notwendige Bedingung für "alles, was ist" und "alles, was existiert", einen Inbegriff aller Möglichkeiten kannman nicht erkennen -- man kann sich "herantasten", es ahnen, glauben -- aber nicht kennen.


    Vor diesem Problem steht doch alle Wissenschaftstheorie am Ende -- ob sie nun das cartesianische Ego, das platonische Eins den aristotelischen unbewegten Beweger, die kantische Deduktion der reinen Verstandesbegriffe, die Hegelsche Logik des Seins oder sonstwas zur ersten und letzten Ursache nimmt.

  • Das ist ja schon ein heisses Eisen...


    Ich bin nicht religiös, weil ich es nicht brauche. Ich kann es voll und ganz akzeptieren, dass ich nicht alles erklären kann. Ich brauche dafür keine dubiose Schöpfungsgeschichte und ähnliches. Der Glaube an die biblischen Geschichten (und das, was dahinter steht) kommt mir immer vor wie ein Rettungsanker in einer grossen bösen Welt, durch die man ohne vielleicht nicht so leicht kommt.


    Allerdings habe ich grosse Achtung vor der Natur und ich denke auch, dass da irgendwo und irgendwie ein Geist drin wohnt. Überall drin halt.


    Aber ich muss nicht immer alles benennen, weder *Gott* noch *Göttin* :grin. Ich muss auch nicht "Heil, Dir Odin" rufen und ums Feuer laufen und mir daüber Gedanken machen welche Rolle der Alkohol beim Ritual hat :lache.


    Im Grossen und Ganzen glaube ich schon das, was ich sehen und anfassen kann (weil ich so erzogen worden bin), lasse mir aber immer ein Hintertürchen offen für das, was ich nicht erklären kann ;-).


    *fasel* :wow

  • Zitat

    Original von Orlando
    ... lasse mir aber immer ein Hintertürchen offen für das, was ich nicht erklären kann ;-).


    Dir ist aber folgender Satz bekannt, oder?
    Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht!!! :lache

  • Ich les grad das Buch zum Thread :lache : “Euthyphron” von Platon – Untertitel: Über das Fromme.


    Worum geht’s:


    Sokrates ist gerade auf dem Weg ins Gericht, wo er wegen Abesie angeklagt ist. Ihm wird vorgeworfen, nicht an die alten Götter zu glauben, aber neue zu erfinden und die Jugend zu verderben. Vor dem Gerichtsgebäude trifft er Euthyphron, der sich gerade anschickt, seinen Vater wegen Mordes zu verklagen, weil der einen Tagelöhner, der einen anderen ermordet hatte, gefesselt in eine Grube gestoßen hat und dieser Tagelöhner nun vernachlässigt in dem Loch verstorben war, während der Vater sich bei den Rechtskundigen informieren wollte, wie mit dem Mörder zu verfahren sei. Euthyphron wirft seinem Vater vor, in Kauf genommen zu haben, dass der Tagelöhner stirbt und hält es nun für eine fromme Tat seinen Vater zu verklagen, was Sokrates auf die Idee bringt, Euthyphrons Schüler zu werden und sich darin unterweisen zu lassen, was das Fromme denn sei.


    Ich bin erst halb durch, aber ich so wie ich den alten Platon kenne, werden am Ende weder Sokrates noch ich wissen, was das Fromme denn nun eigentlich ist und Euthyphron wird es auch nicht mehr wissen. :lache


    Das wäre doch vielleicht auch was für Dich, His, wenn Du Philosophie studieren willst. ;-)


    Lg Iris

  • Zitat

    Original von vallenton


    Dir ist aber folgender Satz bekannt, oder?
    Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht!!! :lache


    Wer diesen Satz geprägt hat, verfügt m.E. lediglich über geringe "Kapazität" und Dummheit....in jeder Hinsicht.


    LG
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Baumbart


    Wer diesen Satz geprägt hat, verfügt m.E. lediglich über geringe "Kapazität" und Dummheit....in jeder Hinsicht.


    LG
    Baumbart


    Baumbart,
    der Satz ist nicht gegen Toleranz, sondern gegen die allgemein herrschende BELIEBIGKEIT gerichtet.
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • magali
    ich hätte es nicht besser ausdrücken können.


    Ich (die Betonung liegt auf ICH, jeder hat wahrscheinlich andere Erfahrungen gemacht) mußte feststellen, das immer weniger Leute (Umfeld, Arbeitsplatz, Nachbarschaft,...) dazu neigen eine feste Überzeugung oder Einstellung zu vertreten. Diese Larifari-Positionen greifen immer mehr um sich. Eine eigene Meinung zu haben bedeutet für mich, diese auch zu vertreten, auch gegen Anfeindungen von anderen, aber es bedeutet auch, in der Lage zu sein, eine einmal gefaßte Position zu korrigieren wenn man zu der Erkenntnis gekommen ist, das diese falsch ist.


    Einige kennen das vielleicht. Man ist in einer Diskussionsrunde, oder Stammtisch oder im Freundeskreis und es ist garantiert mindestens einer dabei, der zu allem Ja und Amen sagt, jede Meinung abnickt und bestätigt: Ja, so sehe ich das auch. Fragt man ihn nach seiner Meinung, bekommt man irgendsoein Konglomerat aus diffusen Andeutungen und Vermutungen. Man will es ja allen recht machen und eine eigene Meinung kann da schon recht hinderlich bei sein.


    Der Spruch bedeutet nicht, das man hinsichtlich Neuerungen oder auch neuen Umständen sich NICHT öffnen sollte.
    So denke ich mal hat es Baumbart interpretiert und da gebe ich ihm durchaus auch Recht.