Titel: Licht der Welt
Autor: Benedikt XVI im Gespräch mit Peter Seewald
Verlag: Herder
Erschienen: November 2010
Seitenzahl: 255
ISBN-10: 3451325373
ISBN-13: 978-3451325373
Preis: 19.95 EUR
Peter Seewald arbeitete als Redakteur beim SPIEGEL, STERN und beim Magazin der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Er lebt als freier Publizist in München.
Dieses Buch ist eine Niederschrift eines „Sechs-Stunden-Gespräches“ welches Peter Seewald mit Papst Benedikt XVI führte.
„Licht der Welt“ ist ohne Frage ein bemerkenswertes Buch. Zwar wird kein überzeugter Katholik die Katholische Kirche nach der Lektüre dieses Buches verlassen, andererseits ist es aber auch kaum vorstellbar, dass überzeugte Nichtkatholiken der Katholischen Kirche beitreten werden, wenn sie denn dieses Buch gelesen haben. Und dieses Buch wird sicher auch keinen Nichtchristen dazu bewegen nun zum Christen zu werden. Aber darum geht es auch gar nicht.
Man kann zu diesem Papst stehen wie man will, aber es wird wohl niemand bestreiten wollen, dass es – egal wo man steht – interessant ist diesem Papst zuzuhören. Benedikt XVI hat etwas zu sagen; auch wenn es sicher sehr viele Dinge gibt, wo man ihm vehement widersprechen kann und muss.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass der Papst keine Frage unbeantwortet gelassen hat. Seine Antworten mögen für den einen oder anderen sicher das eine oder andere Mal unbefriedigend gewesen sein, aber die Antworten wurden von jemanden gegeben, der überzeugt davon ist was er sagt und der den Eindruck vermittelte, hier mit aller Ehrlichkeit zu antworten. Taktieren ist nicht Sache dieses Papstes.
Papst Benedikt XVI sieht sich selbst in einer Phalanx mit seinem Vorgänger Papst Johannes Paul II. Trotzdem wirkt er viel weniger reaktionär als der polnische Papst. Benedikt XVI ist zwar sicher nicht der Erfinder der „Glaubenstoleranz“ aber er scheint toleranter als sein Vorgänger zu sein und scheint darüber hinaus auch bereit zu sein, sich abweichende Ansichten anzuhören, auch wenn er sie nicht teil. Aber Zuzuhören sieht er schon als eine seiner päpstlichen Pflichten. Die katholische Amtskirche sieht aber auch Benedikt XVI als die einzig wahre christliche Kirche an. Die Evangelische Kirche ist für ihn lediglich eine christliche Glaubensgemeinschaft. Auch die orthodoxen christlichen Kirchen finden zwar seine Sympathie, aber auch sie sieht er mehr als christliche Glaubensgemeinschaften. Von diesem „Alleinvertretungsrecht“ weicht er nicht einen Millimeter ab. Da wird sich aber wohl auch in hundert Jahren nichts bewegen und die Ökumene ist für den Papst nur solange in Ordnung, solange der Führungsanspruch der Katholischen Kirche nicht angetastet wird. Ein echtes brüderliches und schwesterliches und gleichberechtigtes Miteinander mit den anderen christlichen Kirchen findet hier in diesem Alleinvertretungsanspruch ein wirkliches Hindernis. Bestes Beispiel dafür ist die Ablehnung der Katholischen Kirche mit den Christen der anderen Glaubensrichtungen eine gemeinsame Abendmahlsfeier abzuhalten.
Manche Ansichten des Papstes mögen für den Nichtkatholiken kaum nachvollziehbar zu sein. Seine Ansichten zur Ordination von Frauen und zur gelebten Sexualität lassen den Leser – wenigstens den nichtkatholischen Leser – schon ab und an etwas mit dem Kopf schütteln. Manches dieser Ansichten wirken fast wie verbohrt.
Auch zum Missbrauchsskandal hätte man sich eine härtere Linie gewünscht. Hier versucht der Papst zwar nicht die Verbrechen seiner Mitarbeiter zu entschuldigen, aber einige Antworten haben trotzdem dem Tenor der Rechtfertigung. Anstatt hier gnadenlos aufzuräumen, wird versucht zu relativieren. Und offenbar sieht der Papst auch nicht – oder will es nicht sehen – dass viele dieser Verbrechen ihrer Ursachen eben in den erzreaktionären Ansichten der Katholischen Kirche haben. Die Ansichten der Katholischen Kirche zum Zölibat und zur Sexualität, insbesondere zur Homosexualitäten, wirken altbacken und passen nicht mehr in diese Zeit. Einleuchtende Antworten konnte der Papst dazu nicht geben sondern erging sich dazu mehr oder weniger in kaum nachvollziehbaren Allgemeinplätzen.
Durch dieses Buch lernt man den amtierenden Papst ganz sicher aber besser kennen. Auch wenn viele seine Ansichten nicht teilen können, so wird es aber sicher nichts schaden sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Eine Kirche die lebendig sein will, braucht eben auch die kritische Auseinandersetzung.
Eine sehr interessantes und lesenswertes Buch; als Diskussionsgrundlage perfekt geeignet.