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'Die Lichter des George Psalmanazar' - Seiten 065 - 126
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Nach seinem ersten Auftritt in London bei dem er als Formoser vorgestellt wird, wird George vom Bischof an Mr. Johnson verkauft, ich denke damit hat er ein besseres Los getroffen als beim Bischof, auch wenn das mit der Bibelübersetzung ins formosische auch unter der Obhut von Mr Johnson wohl nichts wird.
Lucy ist von dem neuen Mitbewohner, der nun die Küche belagert, völlig fasziniert und auch verwirrt, weil sie ihn nicht in ihre Listen einordnen kann, er ist nicht schön, erstrahlt aber in einem besonderen Licht, das irritiert Lucy.
Durch einen weiteren Auftritt Georges wird Mr. Johnsons Interesse am Theater geweckt und er beginnt ein Theaterstück zu schreiben, dazu holt er auch seine Geliebte nach Hause und seine ohnehin schon übergewichtige Frau wird durchs frustfressen immer fetter.
Wovon leben mr. Johnson und seine Frau und Tochter eigendlich?
Der Kerl scheint ja hauptsächlich damit beschaftigt zu sein, diverse Kneipen in London unsicher zu machen. -
Die Protagonisten erschliessen sich mir in diesem Leseabschnitt mehr und mehr. Ihre Wesen, ihre Persönlichkeiten, ihre Art zu leben kristallisieren sich langsam heraus und sie gewinnen ganz allgemein an Konturen. Die Beschreibung der Handlung bzw. Geschehnisse erfolgt ausdrucksvoll und sehr bildhaft, inzwischen habe ich mich an diesen Sprachstil gewöhnt und das Lesen geht etwas flotter vonstatten.
Ich glaube, ich habe verstanden was Daniela Dröscher mit Ihrem Kommentar im letzten Leseabschnitt sagen wollte. Die Sprache zwar opulent aber die Erzählung in sich sparsam und schlicht. Ich komme nicht drumherum zu erwähnen das die Sprache mit dem Erzählen an sich in meinem Kopf um den Vorrang kämpfen. Will sagen die poetische Sprache lenkt von der Handlung doch mehr ab als mir lieb ist.
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Für mich ergänzen sich die wirklich opulente Sprache und die Handlung sehr gut, die Sprache lenkt mich nicht ab, sondern macht die Handlung erst wirklich interessant.
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Hallo,
ich verstehe das absolut, dass man die Sprache als ablenkend empfindet, und dass das Verhältnis, von dem ich sprach, mal mehr, mal weniger harmonisch wirkt. Das soll es auch gar nicht immer.
Für mich ich ist Sprache etwas, über das ich stolpere, das widerständig ist und mir immer wieder entgleitet. Die Sprache war übrigens in der allersten Fassung NOCH wilder, da hat meine Lektorin viel geglättet und gestrichen. Die Sprache des 18. Jahrhunderts, insbesondere die Originalzitate von Samuel Johnson, von denen ich viele in den Roman eingeflochten habe, sie haben mich so begeistert, dass man die erst noch einmal zurücknehmen und ausdünnen musste.
Auch für George sind Sprache und Schrift ja etwas Lebendiges, Materielles - das durchaus auch 'zurückschlägt' und sich sträubt. Deshalb passt er so schlecht in diese Welt der professionellen Schreiber und Leser. Weil darin Schrift etwas Selbstverständliches ist. Deshalb mussten Lucy und Elizabeth auch halbe Analphabtinnen sein. Ich wollte versuchen, mir vorzustellen, wie das Leben ohne Schrift und Bücher ist; vielleicht auch, weil sich mir die Gesichter meiner Klassenkameraden eingebrannt haben, die in der Grundschule neben mir saßen und am Akt des Schreibenlernens verzweifelten. Mir ist das leicht gefallen, aber ich habe die Gewalt gespürt, die unsere Schriftkultur bedeuten kann: weil sie die ausschließt, die nicht schreiben lernen können... (wobei bei Lucy zwischen Nicht-Können und Nicht-Wollen bestimmt schwer zu unterscheiden ist...) -
Zitat
Original von Camdenesque
... weil sie die ausschließt, die nicht schreiben lernen können... (wobei bei Lucy zwischen Nicht-Können und Nicht-Wollen bestimmt schwer zu unterscheiden ist...)Ich denke das "Nicht-wollen" entsteht fast zwangsläufig aus dem "Nicht-Können". Wenn einem etwas so wahnsinnig schwer fällt, wie Lucy das Lesen und Schreiben, dann will man es irgendwann gar nicht mehr lernen, zumal, wenn dann noch ein so wenigt einfühlsamer Lehrer wie Mr. Johnson dazu kommt.
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das stimmt sicher! ich habe mich bei der recherche auch mit den 'hahnenfibeln' dieser zeit und überhaupt dem ungleich rigideren schreib-erwerb beschäftigt, und mr. johnson ist da durchweg ein kind seiner zeit. es gab zwar durchaus schon 'modernere' pädagogische ansätze, die dem kind einen spielerischeren umgang mit den schrifzeichen zugestanden haben, aber das hätte nicht mr. johnsons zwanghafter rationalität entsprochen (der er selbst widerum ja gar nicht entspricht!)
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"Sprache, die sich straeubt und zurueckschlaegt", gefaellt mir so gut.
Auch wenn ich lesend einen so anderen Eindruck hatte - von einer Sprache, die sich um das Transportierte schmiegt, die auch damit tanzt.
Aber dass das beim Schreiben ganz anders gewesen ist, kann ich mir auch vorstellen.
Und dass man das auch mal zulassen muss, sich baeumende, sogar stuerzende und splitternde Sprache.Ich finde: Es ist die angemessene Sprache fuer einen Roman, der so viel von Sprache erzaehlt!
Alles Liebe von Charlie
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Ich finde die Geschichte sperrig und komm drum nur langsam voran, aber niemand hetzt mich.
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Zitat
Original von beowulf
Ich finde die Geschichte sperrig und komm drum nur langsam voran, aber niemand hetzt mich.Genau diese Sperrigkeit, die ja stark auf die Sprache zurückzuführen ist, gefällt mir ausnehmen gut. Sie fordert mich, fordert meine Aufmerksamkeit. Viel zu selten auf dem Buchmarkt.
Nichts ist für mich schlimmer als der Satz: Das Buch ließ sich leicht und flüssig lesen.
Da könnte ich mir jedes Mal die Haare raufen.
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Ich bin sehr langsam, weil ich diesen Roman nur lesen möchte, wenn ich ihn auch wirklich würdigen kann. Dank Vollmond und mehr oder weniger schlaflosen Nächten war das in der letzten Woche nicht der Fall.
Ich fand das Bild sehr schön, dass George weniger schreibt als malt, denn genau das tut die Sprache dieses Romanes: Bilder in meinem Kopf malen.
Wie alt ist eigentlich Lucy? Sie kann ich nicht richtig einschätzen. -
Zitat
Original von Bouquineur
[Nichts ist für mich schlimmer als der Satz: Das Buch ließ sich leicht und flüssig lesen.
.Bin ja so froh, Anke.
Ich dachte, ich sei der einzige Mensch auf der Welt, der diesen Satz als Beleidigung empfindet.
Alles Liebe von Charlie
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(P.S.: Wobei ich diesen Roman nie sperrig fand, sondern verzaubernd. Aber meine Aufmerksamkeit forderte er in der Tat auch, weil ich ihn so weit gefaechert fand und staendig Angst hatte, Facetten zu uebersehen.
Vielleicht meinen wir ja ein bisschen dasselbe.) -
Zitat
Original von Bouquineur
Nichts ist für mich schlimmer als der Satz: Das Buch ließ sich leicht und flüssig lesen.Da könnte ich mir jedes Mal die Haare raufen.
Das sehe ich in dieser Absolutheit nicht so.
Dieses Buch fordert den Leser ganz, da geht nicht lesen in der Strassenbahn und im Zug oder beim Arzt im Wartezimmer, kaum im Flieger. Ich liebe aber auch meine Löhnig, Miscke, Neuhaus bei Krimis oder Kerstin Gier zum Entspannen, Bücher die sich lesen wie geschnitten Brot und eben auch im Zug oder im Wartezimmer lesbar sind. Genauso gerne lese ich aber eben auch Krimis von Britt Reißmann oder Rita Hampp, oder Fred Vargas (um mal Dürrenmatt et al erst gar nicht zu erwähnen), die viel mehr Konzentration erfordern oder eben auch historische Romane einer Charlotte Lyne, die manchmal eine Verdauungspause von einer Stunde erfordern pro gelesenen zwei- drei Seiten, wie auch dieses Buch hier oder viele andere gute Bücher. Die leicht und flüssig lesbaren Bücher sind dabei aber nicht weniger gut.
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Aber guck Dir doch mal die Rezis an, in denen dieser Satz steht. Und das, was sonst noch zu diesem Buch gesagt wird. Wenn dieser Satz kommt, dann ist das zu 99 % nicht positiv gemeint, sondern zielt darauf ab, dass der Schreibstil sehr einfach gehalten ist. Wenn man so etwas explizit erwähnt, dann hat man meistens nichts anderes über das Buch zu sagen.
Wenn ich einen solchen Satz lese, dann weiß ich, dass ich von diesem Buch nichts erwarten brauche.
Ja, für mich ist das absolut.
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Zitat
Original von Nachtgedanken
Ich bin sehr langsam, weil ich diesen Roman nur lesen möchte, wenn ich ihn auch wirklich würdigen kann. ....Da geht es mir wie dir
Gestern Abend habe ich ein gutes Stück des zweiten Teils lesen können, aber das habe ich erst mal setzen lassen. Es ist ein opulentes Buch, voller Bilder und besonderer Worte. Es regt die Phantasie an, auch eigene Bilder zu entwickeln.
Auf den bisherigen Seiten pappen bereits etliche Post-it-Streifchen, die auf solche Besonderheiten hinweisen.Die Idee ist, diese Sachen in ein Notizbuch zu schreiben. Auch wenn ich danach (lange) nicht mehr reinschaue oder nur sporadisch; es ist dieses Gefühl, die Worte "mitgeschrieben" zu haben