Ein tristes Leben
Der Roman „Das Strudelloch“ von dem litauischen Autor Romualdas Granauskas ver-fasst, handelt von einem jungen Mann, der in einem Dorf aufwächst, doch dann ein schicksalhaftes Erlebnis ihn dazu bringt, seinen Lebensentwurf über Bord zu werfen.
In der Literatur gilt ein Dorf zwar idyllisch, vielleicht sogar romantisch aber als rückstän-dig und die Stadt steht für Fortschritt, doch in dem vorliegenden Roman sieht die Sach-lage anders aus: Das Dorf, in dem der Protagonist aufwächst ist zwar naturnah und die Menschen, die dort leben, sind Bauern, aber das war es auch schon mit der Idylle. Der Protagonist wächst im Grunde einsam auf, ein Zustand, der in der neueren Literatur für Stadtbewohner Geltung hat und man sich kaum vorstellen kann, dass es Menschen gibt, die in einem Dorf einsam sind. Er hat nur zwei Bezugspersonen, nämlich seine Mutter und einen Freund. Zum Glück hat er diesen Freund. Mit diesem Freund kann er etwas erleben, doch dieses Erleben bedeutet nicht Action, sondern Gespräche, bei-spielsweise über die Literatur. Die beiden Freunde träumen davon, das Dorf zu verlas-sen und eine Ausbildung an einer Universität zu machen, doch dann stirbt der Freund und der Protagonist Jiuozapas Gau
ys fühlt sich für diesen Tod verantwortlich. Deshalb entscheidet er sich, nicht an eine Universität zu gehen, sondern in eine Stadt zu ziehen, um zu malochen. Es ist irgendeine Stadt, vielleicht eine Stadt die noch unter der Herr-schaft des Sozialismus entstanden ist, aber diese Stadt ist nicht fortschrittlich, im Ge-genteil, sie wird als grau und eintönig beschrieben. Jiuozapas Gau
ys kommt in einem Wohnheim unter. In diesem Wohnheim leben all die Arbeiter, die bei der selben Firma arbeiten, wie Gau
ys selbst. Sie müssen sich zu mehreren ein Zimmer teilen und es wird geklaut und zwar von den Mitbewohnern des Wohnheims selbst und um den Alltag irgendwie erträglich zu machen, wird gesoffen. Des weiteren wird die Situation für die Arbeiter im Wohnheim noch zusätzlich unerträglich gemacht, indem sie alle sehr wenig verdienen, von dem Geld, was sie bekommen, können sie so gerade eben günstige Le-bensmittel und Alkohol kaufen. In dieser Unerträglichkeit lernt Jiuozapas Gau
ys eine Frau kennen. Diese Frau hat eine eigene Wohnung und hat zwei Kinder. Sie kommen sich näher, doch bald stellt sich heraus, dass eine dauerhafte Beziehung nicht möglich ist. Doch diese Frau hat mit Gau
ys Mitleid und gibt ihn an ihre Freundin weiter, die noch nicht verheiratet ist. Die beiden verstehen sich auf Anhieb gut und beschließen, zusammen zu ziehen. Endlich finden sie eine Wohnung, doch beide sind vom Leben dermaßen geprägt, dass es schwierig ist, sich in den anderen hineinzuversetzen und so kommt das, was passieren musste: Die Ehe geht in die Brüche. Aber für den Protago-nisten geht nicht nur die Ehe in die Brüche, ja, er verliert sein eigenes Leben, lässt sich vom „Strudelloch“ mitreißen in die Tiefe.
Der ganze Roman ist durchzogen von einem tristen Leben, ein Leben, das keine Hoff-nung bietet auf ein besseres Leben und es zeigt auch, wie so ein Leben die Menschen prägen und deshalb Egoismen entwickeln, die sie zum Überleben brauchen. Als Leser beginnt man zu verstehen, warum Menschen nicht aus ihrer Rolle herauskommen und man beginnt zu verstehen, warum Menschen sich nicht in ihr Gegenüber hineinverset-zen können, man beginnt zu verstehen, warum Menschen nichts an den gegebenen Situationen verändern können; sie verstehen nicht, was mit ihnen geschieht. Sie kom-men aus ihrer Rolle nicht heraus, vereinsamen und es bleibt nur noch das Überleben und selbst darauf gibt es keine Garantie, wie das Ende von Gau
ys zeigt.
Kurz zum Autor:
Ich weiß leider nur, dass der Autor aus Litauen stammt.