Zum Buch
Informationen über die aktuelle Sicherheitslage im Irak beruhen auf Berichten aus der Grünen Zone Bagdads, die aus Angst vor Selbstmordattentätern mit Mauern, Militär und Polizei vom wirklichen Leben abgeschirmt ist.
Paul Flieder ließ die Grüne Zone links liegen und bereiste auf eigene Faust mit der Filmkamera den Irak. Sein neugieriger Blick gilt dem Alltagsleben der Menschen, deren ständige Angst vor Terror und Militärschikanen zu einer völligen Umstellung ihrer Lebensgewohnheiten geführt hat. Er berichtet über ein Land, dessen Bevölkerung traumatisiert ist und ohne Hoffnung in die Zukunft blickt. Und dennoch den Glauben an Gott nicht verliert, den Alltag mit Mut und Humor meistert. Er verlässt sich nicht auf die offiziellen Statements von Politikern und Regierungsbeamten, sondern spricht mit Witwen und Waisen, Entführungs- und Bombenopfern, Geschäfts- und Theaterleuten, Imamen und Polizisten, die er auf Reportagereisen – oder in einem Bagdader Friseurladen kennenlernt.
Ohne Eskorte unterwegs in Mossul, Erbil, Kirkuk und Bagdad gerät er mitunter in missliche Situationen, aus denen ihn nur beherztes Handeln im richtigen Moment rettet. Seine Erlebnisse zeigen mit erschreckender Deutlichkeit, wie die Sicherheitslage im Irak im Moment des Abzugs der US-Truppen wirklich ist. Ein Bericht über die menschliche Tragödie im Irak, voller Unmittelbarkeit.
Über den Autor
Paul Flieder geboren 1953 in Wien, arbeitete als Opernregisseur und Drehbuchautor u.a. in Berlin, Hamburg, Novi Sad und Wien. In Athen inszenierte er mit »Der fliegende Holländer« die erste griechische Wagner-Aufführung, in Ulan Bator mit »Don Giovanni« die erste Mozart-Aufführung.
1997 wurde er als Konsulent des österreichischen Kulturministeriums in Tirana vom Bürgerkrieg überrascht und berichtete live für den ORF. Seither dreht er auch Reportagen für den ORF und »Spiegel«-TV auf dem Balkan, in der Mongolei, im Nahen und Mittleren Osten. In den Irak führten ihn mehrere Reisen zwischen 2001 und 2009, wo u.a. eine Reportage über die Situation der im Irak verfolgten Christen entstand. Im Juli 2010 verstarb Paul Flieder völlig unerwartet.
Meine Meinung
Das Buch hatte ich mir gekauft, weil ich inzwischen einige Bücher aus dem Irak gelesen hatte, die sich aber entweder mit der Zeit unmittelbar nach Ausbruch des Krieges, also 2003 beschäftigten, oder aber 2006 endeten. Ich wollte gerne einen aktuelleren Bericht haben und bin mittlerweile sehr misstrauisch dem gegenüber geworden, was unsere Medien uns so erzählen.
Das Buch hat in dieser Hinsicht meine Erwartungen erfüllt, auch wenn es mit seinen 200 Seiten nicht sehr umfangreich war und die Berichte über die einzelnen Menschen, die er trifft, daher kürzer ausfallen, als ich es mir gewünscht hatte. Zumal der Autor zu Beginn der Kapitel häufig wertvollen Platz "verschwendet", um immer wieder Geschichten aus Tausend und einer Nacht nach zu erzählen, und sie anschließend mit dem aktuellen Tagesgeschehen in Verbindung zu setzen.
Was mich am Anfang geärgert hatte, dass er teilweise so abfällig über die Iraker schrieb. Ich habe inzwischen eine gewisse Zuneigung für meine Iraker entwickelt und bin es auch von Joe Sacco so gewohnt, dass er immer sehr wertschätzend über seine Palästinenser schreibt. Da will ich von dem Autor nicht solche Bilder in den Kopf gesetzt bekommen, dass irgendein irakischer "Großwesir bei einer Wasserpfeife" über sein Visum entscheidet, dass die Iraker ihre Termine immer nicht einhalten, oder alle drei Seiten lesen, dass kaum ein Iraker, selbst wenn er Übersetzer ist, Englisch kann (vor allem, wenn ich seit Wochen irakische Blogs und Forenbeiträge lese, die in einem besseren Englisch geschrieben sind, als ich es je schreiben könnte). Abgesehen davon, dass der Autor selbst nur wenige Silben Arabisch konnte, immer einen Übersetzer dabei hatte und deshalb mal nicht so tun soll.
Dann gab es aber auch wieder andere Kapitel, die mir sehr gut gefallen haben, in denen der Autor die von mir teilweise vermisste Wertschätzung für seine Interviewpartner zeigte und in denen klar wurde, dass im Land und Leute am Herzen liegen.
Insgesamt würde ich also sagen, dass es sich um ein lesenswertes Buch handelt, indem man Informationen und persönliche Einschätzungen des Autors über ein Land bekommt, in dem die Bewohner auch sieben Jahre nach Kriegsende immer noch jeden Tag Angst um ihr Leben haben müssen.
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