Buick Rivera – Miljenko Jergovic

  • literarische Weltreise: Bosnien-Herzegowina


    Hasan muslimischer Bosnier, lebt seit zwanzig Jahren in den USA, hat es aber bis auf eine deutschstämmige Ehefrau und einen 40 Jahre alten Buick Rivera nicht allzuweit gebracht. Was hauptsächlich daran liegt, dass er keinerlei Ehrgeiz hat, es zu irgendwas zu bringen, und so war sein Leben bisher auch ganz in Ordnung, seine Frau verdient als Schauspielerin das Geld, Hasan versorgt den Haushalt, trifft sich mit seinen Freunden in der Drei-Mann-Kneipe Alhambra und kümmert sich nebenher liebevoll um seinen Oldtimer. Dumm nur, dass seine Frau diesem Gefährt so gar nichts abgewinnen kann, vielmehr ist es, wenn nicht Ursache, so doch Anlass ernsthafter Missstimmungen in Hasans Ehe. Die Situation wird aber richtig ernst, als Hasan den Serben Vuko aufgabelt. Vuko war vor einigen Jahren aus Bosnien geflohen, um einer möglichen Verhaftung als Kriegsverbrecher zu entgehen und hatte sich mit Charme und Chuzpe eine reiche Amerikanerin geangelt. Fatalerweise ließ er sich in einem Wutanfall dazu hinreißen, ihren Hund zu erwürgen und ist nun, mit ihrem Mercedes und ihrem Notgroschen von 15000 Dollar, auf der Flucht. Irgendwo in der Schneewüste Oregons kreuzen sich nun die Wege von Hasan und Vuko: der eine hat seinen Buick Rivera nächtens in den Graben gesteuert, der andere versucht, ihn wieder rauszuziehen. So beginnt ihre fatale Beziehung, die sich zu einem subtilen Stellvertreterkrieg mit dramatischen Ausgang entwickelt.


    In diesem skurrilen Roman voll schwarzen Humors und absurder Situationskomik, lässt Jergovic den Balkankrieg im Kleinen nacherleben: Hasan, der den Krieg im sicheren Amerika verbracht hat und sich deshalb ungetrübt den Erinnerungen seiner friedlichen Kindheit in einer bosnisch-muslimischen Familie hingeben kann versus Vuko, dem serbischen Kämpfer, den weniger das schlechte Gewissen, als viel mehr die Angst vor Aufdeckung plagt und antreibt. Und wie im wahren Krieg fängt alles ganz harmlos an, eine freundschaftlich-distanzierte Begegnung im Schneesturm, anlässlich des Schlamassels mit dem Buick, führt am Ende zu einer knallharten Konfrontation, im Mittelpunkt wiederum dieses Auto, die von Vorurteilen und Klischees befeuert wird. Freilich, man befindet sich schließlich in den zivilisierten USA, wird dieser Kampf mit ganz anderen als physischen Waffen ausgetragen


    Vielleicht möchte man bemängeln, dass die beiden Gegner zu schwarzweiß dargestellt werden, der nachdenkliche Hasan mit seiner südosteuropäischen „Soon-come“-Mentalität gegenüber dem skrupellosen Macher Vuko, doch Jergovic spielt mit den Klischees, setzt bewusst ein, um die Absurdität des Lebens offensichtlich zu machen und generiert einen Großteil des Witzes aus dieser Konstellation. Trotz der ernsten Thematik also eine witzige, lehrreiche, nachdenkliche Lektüre.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Bei mir subbte das Buch auch geraume Zeit herum, vielleicht, weil ich amerikanische Autos nicht mag, vielleicht, weil ich trotz einiger positiver Überraschungen, meine Vorurteile gegenüber südosteuropäischen Autoren pflege.
    Ich bin gespannt, was du zu dem Buch sagen wirst.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)