Originaltitel: Caught (2010)
Page & Turner 2011, 444 Seiten
Über den Inhalt:
Idylle oder Abgrund, Täter oder Opfer – nichts ist so, wie es scheint ...
Die 17-jährige Haley McWaid führt ein idyllisches Vorstadtleben: mustergültige Schülerin, Captain des Lacrosse-Teams und schon mit einem Bein im renommierten Elite-College. Doch dann verschwindet Haley von einem Tag auf den anderen spurlos, und für die McWaids bricht eine Welt zusammen.
Derweil feiert Fernsehreporterin Wendy Tynes mit ihrer Show Quotenerfolge: Vor laufender Kamera stellt sie mutmaßlichen Sexualverbrechern eine Falle. Ihr neues Opfer ist Sozialarbeiter Dan Mercer, den sie mühelos überführt und der bald auch mit Haleys Verschwinden in Verbindung gebracht wird. Doch Dans Geschichte ist nicht so einfach, wie alle glauben, und nach und nach kommen Wendy Zweifel. Sie beginnt neue, unbequeme Fragen zu stellen. Und obwohl ihr dabei jemand gewaltige Steine in den Weg legt, merkt sie bald, dass auch in der Vorstadtidylle oft alles anders ist, als es scheint …
Über den Autor:
Harlan Coben wurde 1962 in New Jersey geboren. Nachdem er zunächst Politikwissenschaft studiert hatte, arbeitete er später in der Tourismusbranche, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Er hat bislang elf Thriller geschrieben, die in über zwanzig Sprachen übersetzt wurden. Harlan Coben wurde als erster Autor mit den drei wichtigsten amerikanischen Krimipreisen ausgezeichnet, dem "Edgar Award", dem "Shamus Award" und dem "Anthony Award".
Für "Ein verhängnisvolles Versprechen" ist er 2006 mit dem "Quill Book Award" in der Kategorie "Mystery / Suspense / Thriller" ausgezeichnet worden. Harlan Coben gilt als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Thrillerautoren seiner Generation. Er lebt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in New Jersey.
Meine Meinung:
Dies ist mein erster Roman von Harlan Coben und ich habe ihn praktisch in einem Rutsch durchgelesen.
Der Jugendsozialarbeiter Dan Mercer wird durch den vermeintlichen Anruf eines seiner Schützlinge in ein verlassenes Haus gelockt, in dem nur die Enthüllungsjournalistin Wendy Tynes mit einem Kamerateam auf ihn wartet. Wendy ist dafür bekannt, Pädophile zu entlarven, indem sie ihnen eine Falle stellt. Anschuldigungen im Internet und diese Aktion reichen aus, um Dans Leben zu ruinieren und führen schließlich zu seiner Ermordung. Bei den polizeilichen Ermittlungen tauchen Hinweise auf, die Dan in Verbindung mit der spurlos verschwundenen Highschool-Schülerin Haley McWaid bringen. Als Wendy arbeitslos wird, nutzt sie ihre freie Zeit und nimmt Kontakt zu Dans Kollegen und Freunden auf, von denen niemand glaubt, dass er pädophil war. Wendy gräbt tiefer und vermutet auf eine Verschwörung gestoßen zu sein, die auch das Leben einer Reihe ehemaliger College-Zimmergenossen Dans zerstört hat.
Den Inhalt in ein paar Sätzen zusammenzufassen, ohne gleichzeitig zuviel zu verraten, ist nicht einfach. Viele Wendungen und Richtungsänderungen bestimmen die Geschichte, viele Handlungsstränge verlaufen parallel, laufen ineinander oder berühren sich nur.
„Ich wusste, wenn ich die rote Tür öffnete, würde das mein Leben zerstören.“ Mit diesem Gedanken Dan Mercers, dem Ich-Erzähler des Prologs, beginnt der Roman. Durch den geschickten Schachzug, Mercer selbst auftreten zu lassen, sind die Sympathien sofort auf seiner Seite. Es fällt schwer, den sympathischen Mann als Pädophilen zu sehen. Wer bei diesem Thema Bedenken hat und so etwas nicht lesen mag, braucht hier nichts zu befürchten. Coben belässt es bei Andeutungen und geht nicht ins Detail.
Von der ersten Seite an entwickelt das Buch eine unwiderstehliche Sogwirkung, ich konnte es nicht aus der Hand legen. Coben verlangt von seinen Lesern höchste Aufmerksamkeit. Bereits in den Anfangskapiteln werden viele Charaktere vorgestellt und mehrere scheinbar voneinander unabhängige Handlungsstränge eröffnet. Geschickt gestreute Anhaltspunkte ermöglichen die verschiedensten Spekulationen, lassen jedoch kein Gesamtbild entstehen.
Trotz der Anhäufung von aktuellen und brisanten Themen gelingt es Coben, sich nicht zu verzetteln. Leichtfüßig navigiert er durch den dichten Wald von Drehungen und Wendungen, erzeugt dadurch ein enormes Tempo und die dazugehörige Spannung. Manche Schachzüge sind nicht neu, das fand ich aber verzeihlich. Erst im Nachhinein fielen mir ein paar Nachlässigkeiten und Logikfehler auf. Dem schnellen Vorantreiben der Handlung ist die Entwicklung der Charaktere etwas zum Opfer gefallen.
Die Protagonistin ist gut gelungen. Wendy Tynes stellt sich als sympathische Person heraus, sie ist zäh und man nimmt ihr Interesse an der Wahrheit ab. Das Zusammenleben mit ihrem 16-jährigen Sohn Charlie funktioniert erstaunlich gut. Und Schwiegervater Pops ist eine liebenswerte Nebenfigur. Einzig mit der albernen Figur des weißen Rappers "Ten-a-Fly" hat der Autor sich aus meiner Sicht einen Fehlgriff erlaubt.
Mit seinem lockeren Schreibstil gelingt Coben immer wieder gelingt der Balanceakt, humorvolle Szenen in die Geschichte einfließen zu lassen. Die Dialoge sind erstklassig. Bis ganz zum Ende überrascht er durch immer neue Wendungen, doch schließlich sind die Geheimnisse gelöst und alle Handlungsstränge enden in einem zufrieden stellenden Abschluss. Die Mischung aus aktuellen Themen und hohem Tempo macht das Buch zu einem nahezu perfekten und empfehlenswerten Pageturner.
Ach ja: Ich habe mir sagen lassen, versierten Coben-Lesern sagt der Name Win etwas. Der hat in diesem Thriller eine kleine Nebenrolle.