Literatur und Wirklichkeit - Länderklischees in Büchern

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Und warum fällt uns bei Kanada Wald und Bären ein, obwohl die Städte dort viel aufregender sind?


    Genau deshalb gibt es wohl so unterschiedliche Darstellungen, je nach Zielgruppe, weil der eine die Städte aufregender findet, der andere die Natur. :gruebel

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Zitat

    Original von ottifanta


    Genau deshalb gibt es wohl so unterschiedliche Darstellungen, je nach Zielgruppe, weil der eine die Städte aufregender findet, der andere die Natur. :gruebel


    Ist das Leben in den großen Städte nicht eher austauschbar?


    Kann man Bilder ohne markante Kennzeichen einer Stadt zuordnen?


    Ist diese Vereinheitlichung die Triebfeder für die "romantischen Klischees", weil man sich wünscht, das es wo anders auch anders ist?

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Nicht nur Neuseeland, auch Australien ist beliebte Kulisse für Schmonzetten und "Auswandererglücks-Geschichten" aller Art.


    Ebenso Afrika und Wales. Rosamunde Pilcher und wie die alle heissen. :grin

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Das habe ich auch gemerkt! Bei Neuseeland wurde ich ja letztlich fündig, aber ich suche immer noch einen ansprechenden zeitgenössischen Australienroman :-(


    Huhu, ganz kurz off topic, bevor ich es vergesse. Zu DraperDoyles Frage fiel mir nämlich spontan Cloudstreet von Tim Winton ein. Ich fand es fantastisch!
    :wave SteffiB

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling

  • Zitat

    Original von rienchen
    Ebenso Afrika und Wales. Rosamunde Pilcher und wie die alle heissen. :grin


    Wobei die Britin Rosamunde Pilcher ja wie die zuvor auch schon genannte Maeve Binchy die hier diskutierte These, daß einheimische Autoren die Realität besser beschreiben und keine Klischees verwenden, widerlegt.


    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Dieses Beispiel trifft ganz gut, was ich meine. Die meisten Deutschen, die nach Kanada (wahrscheinlich weil es ein Sehnsuchtsort ist) auswandern , gehen letztlich in Großstädte, um dort zu arbeiten. Trotzdem wird von einem solchen Buch erwartet, dass die Auswanderer sich eigenhändig eine Blockhütte bauen und Bären abwehren.


    Ich muß gestehen, ich kenne keine Auswanderer-Romane, aber soweit ich das mitbekommen habe, spielen z.B. die Lark-Auswanderergeschichten in Zeiten, als man noch wochenlang mit dem Schiff nach Neuseeland fuhr. Da gab es noch gar keine "Großstadt". Aber vielleicht gibts ja demnächst auch für Kanada so ein Auswandererbuch, wie sie für europäische Länder den Markt überschwemmen ("Ein Jahr in ...Schweden, Italien, Finnland, Großbritannien etc").


    P.S. ein bißchen Googeln hat dieses Buch gefunden - vielleicht ist das ja der gewünschte "moderne" Kanada-Auswanderer-'Roman'?

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von LeSeebär
    Wobei die Britin Rosamunde Pilcher ja wie die zuvor auch schon genannte Maeve Binchy die hier diskutierte These, daß einheimische Autoren die Realität besser beschreiben und keine Klischees verwenden, widerlegt.


    Ne, das habe ich ja nie behauptet, dass nicht auch einheimische Autorinnen solche Schmonzetten schreiben. Ich meine nur, dass solche Autorinnen bevorzugt gelesen (und übrigens auch ins Deutsche übersetzt) werden, wenn man ein Buch über Irland lesen will.


    Zitat

    Original von LeSeebär
    P.S. ein bißchen Googeln hat dieses Buch gefunden - vielleicht ist das ja der gewünschte "moderne" Kanada-Auswanderer-'Roman'?


    Och, ich suche doch gar keinen Auswandererroman.
    Sehr bezeichnend ist aber, dass wenn man bei Amazon bei der Stichwortsuche Kanada eingibt, zumindest die ersten drei Seiten entweder Auswanderergeschichten ("Eine Sachse verloren am Yukon" u.ä., meist BoD-Bücher), Abenteuergeschichten (gerne mit Wölfen im Titel) oder Selbstfindungsromane, die in den einsamen Wäldern/bei den Indianern spielen.


    Zitat

    Ist das Leben in den großen Städte nicht eher austauschbar? Kann man Bilder ohne markante Kennzeichen einer Stadt zuordnen?


    Städte sind wohl weniger austauschbar als Wälder ;-)
    OK, in einem sibirischen Wald triffst du vielleicht keinen Holzfäller im rotkarierten Hemd und auch keinen Mountie. Aber das wirst du heutzutage auch in einem kanadischen Wald nicht tun :grin

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Hallo DraperDoyle,


    so ganz trübe sehe ich die irische Literaturlandschaft nicht ;-).


    Denken wir mal an Buch und Film von Gerry Conlon "Im Namen des Vaters" oder an "McCarthy's Bar" von Pete McCarthy oder "Michael Collins" von T.R. Dwyer.
    Und nicht zu vergessen der Bestseller "Die Asche meiner Mutter von Frank McCourt. Oder die Bücher der bekannten zeitgenössischen Autorin
    Nuala O'Faolain, die mich leider nie für sich begeistern konnte.
    Wenn man tatsächlich etwas über die Iren - wenn auch aus englischer Sicht - erfahren möchte, könnte vielleicht "Mit dem Kühlschrank durch Irland" von Tony Hawks interessant sein. Wegen des speziellen Humors würde ich allerdings das Original lesen.


    Bei längerem Nachdenken fallen mir sicherlich noch mehr Hinweise zu irischer Literatur ein.

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Sehr bezeichnend ist aber, dass wenn man bei Amazon bei der Stichwortsuche Kanada eingibt, zumindest die ersten drei Seiten entweder Auswanderergeschichten ("Eine Sachse verloren am Yukon" u.ä., meist BoD-Bücher), Abenteuergeschichten (gerne mit Wölfen im Titel) oder Selbstfindungsromane, die in den einsamen Wäldern/bei den Indianern spielen.


    Das liegt wohl an Amazons 'Scoring'-System - wer speziell Bücher mit dem Stichwort Kanada sucht, wird in aller Regel wohl ein Auswanderer-Buch oder ein Abenteuer mit Indianern und Blockhütten im Wald suchen und nicht gerade einen Krimi in Toronto - die kennen eben unsere Lese-Weltreise noch nicht. :-]


    Ich habe im Prinzip das gleiche Problem - wenn ich bei Amazon nur nach Ländern suche, kommen in der Regel Bücher raus, die mich nicht die Bohne interessieren (also besagte Auswanderergeschichten z.B.). Mein Tipp, gib als Suchbegriff nicht den Namen des Landes, sondern die Namen von Städten ein, das klappte zumindestens bei meiner LeseWeltreisen-Suche deutlich besser, insbesondere bei den großen 'Sehnsuchts'ländern wie den hier genannten.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Salonlöwin, weltreisetechnisch habe ich Irland schon abgehakt und überhaupt schon einige Perlen dort gefunden, Roddy Doyle und Hugo Hamilton zum Beispiel.


    Was mir nebenbei noch auffiel, ist, dass offensichtlich kein Mensch Auswanderergeschichten lesen will, aber offensichtlich so mancher Auswanderer sich bemüßigt fühlt, eine zu schreiben :lache


    Ich habe noch keine gefunden, die von einem größeren Verlag veröffentlicht wurde; offensichtlich sind die der Ansicht, dass es dafür nur einen sehr beschränkten Markt gibt. Die allermeisten Auswanderergeschichten (und die gibt's ja massig) sind bei BoD oder DKZV-Verlagen erschienen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle: Was mir nebenbei noch auffiel, ist, dass offensichtlich kein Mensch Auswanderergeschichten lesen will, aber offensichtlich so mancher Auswanderer sich bemüßigt fühlt, eine zu schreiben Lachen


    Ich wäre gar nicht so abgeneigt, eine Auswanderergeschichte zu lesen, vorausgesetzt mir fällt die richtige vor die Füße :lache.
    Aber zu DKVZ sag ich jetzt nichts, siehe meine Rezension von gestern.


    Apropos, der Hinweis von LeSeebär zur Eingabe von Städtenamen bei Amazon.
    Was eine moderne Stadtbeschreibung von Tel Aviv betrifft, bin ich nicht sonderlich fündig geworden. Falls eine Eule da Ideen haben sollte ...