Fröööööööööööhlische Weihnachten...

  • Juchu... blinkte eine Reklametafel in meinem Kopf auf... „Du bist ausnahmsweise mal pünktlich!“ Mein Smart rollte vor der Haustüre meiner Eltern vor. Ich war wie die letzte Pistensau über Deutschlands Autobahnen gerast und nun ein wenig verschwitzt. Angeekelt schnüffelte ich an meinem Cashmirpulli...schon mal verschwitzten Cashmir gerochen? Widerlich sag ich euch, widerlich. Ich fummelte mein Parfum aus der Tasche und badete in einem Schwall Hypnotic poison... so nun dürfte den Schweiß keiner mehr riechen.


    Beladen mit ein paar kleinen Geschenkchen für meine Ma, weil sie mal wieder das Weihnachtsessen auf sich genommen hatte stiefelte ich gen elterliche Haustüre. Vom Balkon aus gröhlte mir mein Vater bereits ein O Tannenbaum entgegen und hinter mir hupte es weil, mein Schwesterherz mit ihrem Golf angerollt kam und ich den letzten freien Parkplatz ergattert hatte. Ich warf ihr eine Kußhand zu und deutete auf den Bürgersteig...“Park doch da, du Lusche, wer zu letzt kommt kriegt eben keinen Parkplatz mehr.“ Geflissentlich vergessend, daß ich normalerweise immer diejenige bin die im Halteverbot oder vor einer Garage parken muß.


    Ich stolzierte weiter, winkte fröhlich unserem Nachbars*jungen* zu, in den ich vor etlichen Jahren mal verschossen war und der mich aber nicht so wirklich wahr genommen hat... nun hatte er ne Halbglatze und einen Bauch, der eine Schwangerschaft vermuten ließ, ich dachte kurz an Tarzan und dankte Gott, daß er mich vor diesem fiesen Typen bewahrt hatte.


    An der Türe kam mir bereit Omi entgegen steckte ihre Nase in meine Taschen, bevor ich überhaupt „Hallo und frohe Weihnachten sagen konnte.“ Plötzlich fühlte sich meine Tasche viel schwerer an als vorher. Ah eine Dose Palmherzen aus dem belgischen Aldi und ein paar Austern hatten in einem Kistchen mit Trockeneis den Weg aus Omis Händen in meine Tasche gefunden. Ich grinst und Omi legte die Finger an die Lippen. „Nix dem Opa sagen.“ Vehement den Kopf schüttelnd wurde ich in Großmütterliche Arme geschlossen und abgeschlabbert.


    Mein Vater rannte wild fotographierend um uns herum und rief immer wieder Dinge aus wie: „Siehst du hübsch aus heute.“ 2Du solltest öfter Röcke tragen!“ „Wo ist Tarzan?“ „Dreh dich mal ein bißchen ich hab dich nur halb auf dem Bild!“


    Meiner Mutter ihre kleinen Päckchen aushändigend kam ich meinem Ritual nach und stiefelte erstmal an den Kühlschrank. „Jane, gleich gibt es doch essen.“ Schimpfte meine Mutter als eine der weißen Leonidas Pralinen in meinem Mund verschwand. „Musch grosch un schtark werden...“ nuschelte ich mit vollem Mund und wandte mich meinem Opix zu, der mir während ich ihn umarmte mit verschwörerischem Grinsen einen größeren Euroschein in den Ärmel schob. „ Aber nix der Oma sagen.“ wieder schüttelte ich vehement den Kopf. Und setzte mich artig an den Tisch. Klopfte mit dem Messer gegen mein Glas, um meine Mutter zu ein bißchen mehr Eile mit dem Essen anzutreiben, schließlich hatte ich schon mal im Voraus drei Tage nichts gegessen, damit ich den Tellerleeress-Ansprüchen meiner Oma auch genügen würde.


    Mein Schwesterchen rauschte hinter mir zur Türe rein, zu meiner Freunde ebenfalls ohne ihren Freund... Juchu ich würde nicht die einzige sein, die sich rechtfertigen müßte wo ihr Kerl sich mal wieder rumtrieb. (Irgendwie kann kein Mitglied meiner Familie nachvollziehen, daß Tarzan hin und wieder auch mal am Feiertag arbeiten muß) Und ihr komischer Macker muß nicht mal arbeiten... hämisch grinste ich mir eins....


    Schwesterchen hatte eine schicke weiße Pelzmütze auf dem Kopf und wurde direkt mehrfach von Vati abgelichtet, bevor sie die Mütze abnehmen durfte.
    Ich grinste und war froh nicht mehr Mittelpunkt zu sein, nahm beifällig wahr, daß auch in den Taschen meiner Schwester diverse Essenssachen meiner Oma verschwanden und Opix auch ihren Arm verdächtig lange festhielt... mir war als hätte ich einen Fuffi aufblitzen sehen.
    Neben mir plumpste Schwesterchen auf den Stuhl. „Hunger!“


    Zwischenzeitlich hatte Mutter den Tisch gedeckt und wir alle uns versammelt. Meine Brüder waren der Veranstaltung fern geblieben... es herschte also ausnahmsweise mal himmlische Ruhe, bis sich ein ekelerregender Geruch in meine Nase stahl.


    An allen Töpfen und Schüsseln schnuppernd konnte ich schließlich den Salat als Stinkfaktor ausmachen und tat meinem Unmut laut kund. Erstmal von allen angemotz und als verrückt bezeichnet bestand ich darauf, daß der Salat weggräumt wurde, zumindest aus meinem Geruchsfeld. Als mein Vater ihn in die Hand nahm, verzog er das Gesicht. „Hui, ich glaub da ist die Soße schlecht, der stinkt tatsächlich ein bißchen!“ „Sag ich doch!“ grummelte ich und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. „Ich hab die Soße aber frisch gemacht!“ tönte es aus der Küche.


    „Der kann nicht schlecht sein,“ tönte es neben mir und meine Schwester nahm probehalber einen Bissen und spuckte ihn sofort wieder auf den Tisch. „Sahne sauer. Trinken, schnell!“ Ich lachte mich halb tot, ob ihres fantastischen Gesichtsausdrucks und reichte ihr mein Glas Merlot. „Prost!“


    „Ihr Kinder habt ja keine Ahnung ich riech nichts.“ Kam es da aus Richtung meiner Oma und sie schaufelte sich den Salat mit der irgendwie bröseligen Soße auf den Teller. „Ihr müßt mal richtig Hunger leiden, dann wißt ihr sowas wie saure Sahne zu schätzen.“ Sie schmatzte und schaufelte sich mehr Salat auf den Teller. Mein Vater verzog angeekelt das Gesicht und mein Opix sah uns hilfesuchend an, als auch sein Teller voll Salat geschaufelt wurde.


    Mir fiel daraufhin ganz aus Versehen mein Glas um und auf Opix Teller, so daß der GUTE SALAT nicht mehr genießbar war. Dankbar trat er mir unterm Tisch auf den Fuß. Aber sogar ich konnte nicht ahnen, daß Omi den Salat später in eine Tupperdose packen würde, um ihn für den nächsten Tag aufzubewahren. Muß ich erwähnen, daß ich mich nach dem Essen in die Küche schlich und die Dosen austauschte, um meinem Opix das Essen von verdorbener Salatsoße zu ersparen? (In meiner ausgetauschten Dose waren 5 Päckchen Zigarren die ich Opix sowieso heimlich hatte zu schustern wollen)


    Der Rest des Abends verlief erstaunlich besinnlich und ohne weitere Vorkommnisse, ob das nun daran lag, daß alle mit Essen beschäftigt waren oder daran, daß er Großteil der Janeschen Familie erst am nächsten Tag auflaufen würde kann ich nur vermuten....

  • Hihi


    Ein netter Tausch von Heimlichkeiten in der Familie. Nette Geschichte, Danke SBJ.


    edit: Auch wenn es keine Mittwochsgeschichte mehr geben soll, freu ich mich jedesmal sehr eine kleine Geschichte von Dir zu lesen!

    Gruss Hoffis :taenzchen
    ----------------------
    :lesend Der fünfte Tag - Jake Woodhouse
    ----------------------

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Hoffis ()

  • Das ist mal wieder eine sehr Schöne Geschichte. Danke.


    Fröhliche Weihnachten wünsche ich Dir Jane. Und eine ruhige Arbeits-Nacht.

    Gruß Koala :wave


    -----------------------------------
    :lesend Das Licht der Welt von Daniel Wolf
    -----------------------------------

  • Oh ja es war göttlich... vielleicht sollte ich noch von den 100 Euronen berichten die irgendwie in meinem Portemonnaie auftauchten, als ich wieder zu Hause war, weiß der Geier, wer mir die da rein gesteckt hat.... vermutlich das Christkind

  • Batcat du bist böööööööööööööööööööööse....


    Das Geld ist für eine Zweitbrille gedacht.... aber so ein feines Büchlein..... *seufz*

  • Das scheint ja wirklich ein lustiger Abend gewesen zu sein :lache.
    Erinnert mich irgendwie an meine Familie. bei uns geht es an Feiertagen oder größeren Veranstaltungen ähnlich zu.


    Vielen Dank für die Geschichte, wie immer einfach klasse :-]

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Oh ja es war göttlich... vielleicht sollte ich noch von den 100 Euronen berichten die irgendwie in meinem Portemonnaie auftauchten, als ich wieder zu Hause war, weiß der Geier, wer mir die da rein gesteckt hat.... vermutlich das Christkind


    Da hat mans mal wieder. Man muss nur feste ans Christkind glauben, dann klappt das mit den Geschenken schon. :-]


    In unserer Verwandschaft herrschte die irre Angewohnheit, den kids für jeden sich bietenden Anlass Geld zuzustecken. Genauso sah das Ritual vor, dass diese Geschenke so lange wie möglich abgelehnt werden mussten. Gegenseitig versteht sich. Für uns Kinder war das damals nicht so leicht nachzuvollziehen, wenn der Kampf ums Geld loswerden losging. Es endete sowieso damit, dass unsere Taschen nach Abflug so herrlich knisterten. Zwischendurch flog schon mal der ein oder andere Geldschein durch die Luft. Lustig wars schon.
    Ab und zu versuchten die Erwachsenen das auch unter sich mit diversen edlen Tropfen. Ich erinnere mich, dass mein Vater mal das ganze Haus bis auf den Dachboden wochenlang nach einer Flasche Cognac absuchte, die meine Oma vermeintlich versteckt haben sollte. Irgendwann gab er auf und gab sich mit der Version zufrieden, dass er diesen Cognac wohl doch nur geträumt hatte. Immerhin war die Geschichte jahrelang ein hübscher running gag. :lache

  • Es hat sehr viel Freude gemacht, diese Geschichte zu lesen. Wahrscheinlich war das reale Leben hier die Vorlage. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.