Klappentext:
Die zurückgezogen lebende Amber wird vom Rat der Berglöwen gebeten, den Adlerwandlern eine Nachricht zu überbringen. Dafür überschreitet sie zum ersten Mal die unsichtbare Grenze zwischen ihr und dem Adler Griffin, der sie als Kind vor den Mördern ihres Vaters gerettet und den Berglöwenwandlern schon einmal zur Seite gestanden hat. Als Amber von den feindseligen Adlerwandlern angegriffen wird, kommt Griffin ihr erneut zu Hilfe und stellt sich damit bewusst gegen seine eigenen Leute. Zum ersten Mal begegnen sich Amber und Griffin in ihrer menschlichen Gestalt. Sie fühlen sich unwiderstehlich zueinander hingezogen - aber können eine Berglöwin und ein Adler als Paar zusammenfinden? Griffin, der kurz darauf von seinen Leuten verstoßen wird, folgt Amber in ihre Heimat. Auf dem Weg dorthin findet er den Berglöwenwandler Conner, der von unbekannten Angreifern schwer verwundet wurde. Griffin bringt den Verletzten zu den Berglöwen, die ihn trotz des Angriffs seiner Leute auf Amber freundlich aufnehmen. Doch während er und Amber nach einem Weg suchen, ihr Leben gemeinsam zu gestalten, wächst die Bedrohung für alle Gestaltwandler. Das Paar begreift, dass viel mehr auf dem Spiel steht als bloß ihre Liebe - nur wenn die beiden Gruppen es schaffen, sich zu verbünden, können sie gegen den mysteriösen Feind im Schatten bestehen, der alles daran zu setzen scheint, die Wandler in seine Gewalt zu bekommen.
Meine Meinung:
Sie sind wieder da, alle unsere liebgewonnenen Gestaltwandler aus den ersten beiden Bänden - und sie bringen eine Menge an Neuigkeiten mit. Bis auf Kainda, die lediglich erwähnt wird, nehmen auch alle am Geschehen teil. Diesmal geht es vordergründig um Amber, die Schwester von Coyle, dem Helden des ersten Bandes, und dem immer wieder auftauchenden Adlerwandler Griffin. Aber das Buch ist ja nicht umsonst so dick, wenn es sich nur um diese beiden drehen würde. Wie immer hat Michelle ihre Geschichte vollgepackt mit einem weiteren Liebespaar, neuen Wandlern, unvorhergesehenen Wendungen und ganz, ganz heißer Bettgymnastik - rote Ohren inklusive.
Im Gegensatz zu den Berglöwen bleiben die Adlerwandler lieber unter sich, ihre Obersten sind zu verbohrt, um die neuen Gefahren zu erkennen. Als Amber mit beunruhigenden Nachrichten zu ihnen unterwegs ist, wird sie von den Wächtern gejagt und stürzt aus Versehen eine Klippe hinunter. Nur dem beherzten Eingreifen Griffins ist es zu verdanken, dass sie sich nicht zu Tode stürzt. Endlich lernt Amber ihren heimlichen Verehrer in seiner menschlichen Gestalt kennen - und sofort ist es restlos um sie geschehen. Man hatte zwar in den vorherigen Bänden immer den Eindruck, sie würden sich schon kennen, hier treffen sie aber wirklich das erste Mal bewusst aufeinander. Griffin liebt sie schon lange, seit er sie als junger Adler das erste Mal gerettet hat, will er keine andere als Gefährtin. Beide sind sich der Schwierigkeiten allerdings sehr bewusst, die auf sie einstürmen werden, wenn sie sich zusammentun. Griffin ist frustriert, dass seine Oberen so verbohrt sind und kann auch darüber seinen Schnabel nicht halten. Außerdem ist er sich gar nicht so sicher, dass es wirklich nur ein Versehen war, dass Amber über die Klippe fiel. Da die Oberen Proteste und andere Meinungen nicht gelten lassen, wird er gebeten, sich Zeit außerhalb zu nehmen und sich darüber klar werden, wo er seine Zukunft sieht. Amber lässt ihn in dieser Zeit nicht alleine und auch bei den Berglöwen wird er freundlich aufgenommen, da seine eigenen Fähigkeiten sich als besonders hilfreich herausstellen. So rettet er nicht nur Amber vor dem sicheren Tod und erringt damit die Anerkennung der Gruppe. Wieder einmal ist Melvin verschwunden, der junge Berglöwe, der schon einmal die Gruppe an die Menschen verraten hat. War er diesmal wirklich unschuldig? Wer sind die Männer, die auf einmal in der Wildnis auftauchen, woher wissen sie, wo sie suchen müssen? Und wer ist der geheimnisvolle Fremde, der irgendwie die Fäden in der Hand hält und einen unbezähmbaren Hass auf die Berglöwen pflegt?
Fast unmerklich hat sich ein ernsterer Ton in die Geschichte eingeschlichen, die lockere Heiterkeit der ersten Bände fehlt doch anfangs sehr. Die Ereignisse sind aber auch besorgniserregend, das FBI hat ein Auge auf Marisa geworfen und ist penetrant hinter ihr her. Leider kann Coyle ihr da gar nicht helfen, was ihn fürchterlich wurmt. Dann ist da noch Gary Jennings, der einst mit Melvins Mutter verlobt war und sie als sein Eigentum betrachtete. Seine Rache soll tödlich sein. Und der geheimnisvolle Lee, der die Fäden in der Hand hält und von dem man so wenig weiß. Mit Harken, der so ganz plötzlich auftaucht, hat Michelle Raven eine noch interessantere Figur geschaffen, die Bröckchen, die sie uns hinwirft, dienen lediglich dazu, die Neugier weiter anzustacheln. Es bleiben noch viele offene Fragen übrig - und viele Charaktere, die ihren Partner noch nicht gefunden haben. Wie gut, dass der nächste Band schon in Sichtweite ist.
Neben Amber und Griffin findet sich wieder auch ein weiteres Liebespaar. Connor, Melvins Vater, liebt Fay, die Heilerin, schon sehr lange. Vor acht Jahren verließ er Melvin zuliebe die Gruppe und verletzte Fay damit sehr. Diesmal wird er schwer verletzt ins Lager gebracht und Fay kümmert sich aufopferungsvoll um ihn. Da er körperlich nicht in der Lage ist, sich ihr zu entziehen, können beide endlich ihre Vergangenheit aufarbeiten und Missverständnisse aus dem Weg räumen. Beide sind sehr eigenbrötlerische Charaktere, die durch ihre Art zwar ihre Mitmenschen in Angst und Schrecken versetzen können, sich andererseits hingebungsvoll um ihre Lieben kümmern. Connor sieht die Aufmüpfigkeit und Unzufriedenheit in Melvin, er verzichtet ihm zuliebe auf seine eigene Liebe, nur damit Melvin nichts Dummes anrichtet. Dieses passiert dann zwar doch, aber Melvin zeigt in diesem Band eindrucksvoll, was er aus seinen Fehlern gelernt hat.
Mit Amber und Griffin hat sich Michelle zwei sehr charakterstarke Wandler ausgesucht. Beide wissen genau, was sie wollen und sie sind beide sehr edelmütig. Sie sorgen sich, umeinander und um ihre Artgenossen. Wenn sich auch manchmal Zweifel einschleichen, ob der Hindernisse, die vor ihnen auftürmen, so bleiben sie sich doch selbst immer treu. Wird ihre Liebe stärker sein, als der Wunsch, mit den Artgenossen zusammen zu bleiben? Wunderschön geschrieben, in einem unglaublich fesselnden Stil, der den Leser in das Buch hineinsaugt, ihn mit den Adlern fliegen und das schmeichelnde Fell der Berglöwen streicheln lässt. Anschließend wird er wieder in den grauen Alltag hinausgespuckt, muss sich von seinen Freunden verabschieden, die heimlichen Tränen wegwischen, die Röte aus den Wangen vertreiben und voller Bangen und Zittern auf das nächste Buch warten. Was Michelle in mühevoller Kleinarbeit auf die Reihe gebracht hat, wird von uns Lesern förmlich verschlungen - aber die Emotionen, die wir durchleben, sind es allemal wert.
Ein bisschen ratlos bleibt man bei einigen Sachen aber doch zurück, so fragt man sich insgeheim, warum sich Coyle nicht längst schon Papiere besorgt hat, um offiziell mit Marisa zusammenleben zu können. Aus den vorherigen Bänden ist bekannt, dass sich die Wandler, wenn der Löwe sich aus ihnen zurückzieht, wie Michelle immer so schön formuliert, Papiere besorgen können, die auch einer Überprüfung standhalten. Mit Harken und Lee tauchen zwei sehr geheimnisvolle Figuren auf, bei denen Michelle mit Informationen äußerst sparsam umgeht. So ist überhaupt nicht absehbar, in welches Tier sich Harken verwandelt – dass er sich verwandelt, ist allerdings unbestritten. Er selbst bezeichnet sich als Prototyp, eine verbesserte Form der Gestaltwandler. Was Lee wirklich beabsichtigt, wird auch nicht annähernd bekannt, hier müssen wir uns wohl notgedrungen auf die nächsten Bände verlassen.
Zum Schluß noch etwas zur Covergestaltung, die mit dem Adler wunderbar stimmig ist, nur der Coverboy wirkt doch etwas zu jung und dünn. Aber Adler dürfen ja auch nicht zu kräftig sein, denn - Adler wollen fliegen. Die Qualität von Lyx ist wieder mal gewohnt hochwertig, da gibt es keine Leseknicke. Wunderschön auch das Adlerbild im inneren Cover, hier hat sich Lyx fast selbst übertroffen.
Fazit
Knisternde Erotik, spannende Action, ungewöhnliche Lebensformen und ein spielerischer Erzählstil machen diesen unglaublichen Reiz des Buches aus, Spannung und Liebe gepaart mit Ironie und Wortwitz lassen die Seiten nur so fliegen. Neue Charaktere, neue Paarformationen, ein mitreißender Erzählstil, man fühlt regelrecht die Adlerfedern unter den eigenen Händen machen das Buch zu einem außergewöhnlichen Lesespaß, dem sich kaum einer entziehen kann. Wer schon immer mal wissen wollte, was Adler beim Berühren ihrer Federn empfinden, der sollte das Buch unbedingt lesen.