Originaltitel: La grand-mère de Jade (2009)
Ruetten & Löhning, 2010, 286 S.
Über den Inhalt:
Das Schicksal führt Mamoune und ihre umtriebige junge Enkelin Jade unter einem Pariser Dach zusammen. In ihrer ungewöhnlichen Zweier-WG lernen Großmutter und Enkelin sich neu kennen und lieben. So entdeckt Jade, die selbst gern Schriftstellerin wäre, eines Tages, wie ihre scheinbar ungebildete Großmutter heimlich die anspruchsvollsten Bücher verschlingt. Gemeinsam hecken sie einen Plan aus …
Über die Autorin:
Frédérique Deghelt ist Journalistin und Fernsehregisseurin sowie leidenschaftliche Weltreisende. Wenn sie nicht unterwegs ist, lebt sie in Paris. 2008 erschien ihr Roman „Die Liebe der anderen“ im Gustav Kiepenheuer Verlag.
Meine Meinung:
Indem Jade ihre 80-jährige Großmutter „Mamoune“ bei sich aufgenommen hat, konnte sie verhindern, dass die alte Dame von ihren drei Töchtern in ein Pflegeheim abgeschoben wurde.
Was am Anfang wie eine unüberlegte Aktion aussieht, entpuppt sich schnell als ideale Lösung. Beide Frauen profitieren von dieser ungewöhnlichen Wohngemeinschaft. Jade lernt ihre Großmutter von einer bisher unbekannten Seite kennen. Die alte Bauersfrau hat Zeit ihres Lebens verschwiegen, wie sehr sie die Literatur liebt. Für eine einfache Frau vom Lande wurde das Lesen als Zeitverschwendung angesehen und sie konnte es immer nur heimlich tun. Ihre Enkelin Jade hat selbst einen Roman geschrieben, bisher aber noch keinen Verleger gefunden. Gern nimmt sie Mamounes Hilfe an, ihr bei der Überarbeitung des Manuskripts zu helfen.
Die Autorin schildert die gefühlvolle Geschichte abwechselnd aus der Perspektive von Jade und Mamoune. Ihre Gedanken werden in Form von Monologen wiedergegeben, aus denen der größte Teil des Buches besteht. Es gibt wenig Dialoge und selten Szenen, die die Geschichte voranbringen. Dadurch entstehen auch gewisse Längen.
Nicht nur, dass sich das Zusammenleben der beiden unterschiedlichen Frauen in Jades Pariser Wohnung so harmonisch gestaltet, hält das Leben für sie neue Begegnungen und Überraschungen bereit, die fast zu schön sind, um wahr zu sein. Alles fügt sich wie durch Zauberhand gelenkt perfekt ineinander. Wäre da nicht der Epilog, könnte man an ein Märchen glauben.
Auf leichte Art wird hier ein ernstes Thema aufgegriffen, das uns alle angeht: wie gehen wir mit dem Alter um. Mit dem eigenen und mit dem von Menschen, die uns nahe stehen. Frédérique Deghelt hat daraus ein warmherziges, feinfühliges Buch gemacht.
Ach ja: Wem „Ein Winter mit Baudelaire“ von Harold Cobert gefallen hat, der wird auch dieses Buch gerne lesen.