An Amish Christmas (Das Weihnachtswunder) - Cynthia Keller

  • All she knew for sure, she reflected, was that the lives of these people were infinitely more complex than she understood.* (Seite 184f)


    243 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
    Verlag: Ballantine (Randomhouse) New York 2010
    ISBN-10: 0-345-52378-4
    ISBN-13: 978-0-345-52378-5



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)


    Jason und Meg Hobarth leben den amerikanischen Traum: großes Einkommen, großes Haus, drei Kinder, keine Sorgen. Bis der Traum an Thanksgiving wie ein Kartenhaus zusammenstürzt: Jason wurde bereits im August entlassen und hat nichts davon gesagt. Zudem hat er sich an der Börse verspekuliert, nun ist alles weg. Einschließlich Megs Vertrauen in Jason. Die Hobarths besitzen nur noch den alten Ford Mustang, ein paar hundert Dollar und das, was sie auf dem Leib tragen. Kurz vor Weihnachten müssen sie ihr Haus verlassen und machen sich auf den Weg zu Megs Eltern, wo sie Unterschlupf zu finden hoffen; aber dort sind sie nicht willkommen.
    Irgendwo in Pennsylvania kommt es zu einem Fast-Zusammenstoß mit einem Buggy, in dessen Folge das Auto nicht mehr fahrtüchtig ist. David Lutz, der Fahrer des Buggy, nimmt die Hobarths als Gäste in sein Haus auf.
    Herausgerissen aus der gewohnten Welt, ohne die Annehmlichkeiten der modernen Zivilisation, sind die Hobarths plötzlich auf sich selbst zurückgeworfen. Indem sie als Gäste Teil des Lebens der Lutzens werden, haben sie alle fünf Zeit, und sind gezwungen, sich mit ihrer eigenen Situation zu beschäftigen. So wird die äußere Reise ergänzt und fortgesetzt durch eine innere, und immer wieder stellen sich die Fragen: was ist wichtig im Leben, ist unsere Familie noch zu retten.



    Über die Autorin


    Weder der Verlag noch das Internet geben mehr her als dieses: Cynthia Keller lebt mit Ehemann und zwei Kindern in Connecticut. Dies ist offensichtlich ihr erstes Buch.


    - < Klick > - die Homepage der Autorin (in englischer Sprache), von dort eine Bildergalerie sowie der Buchtrailer erreichbar




    Meine Meinung


    Geschichten, in denen die Welt der Englischen auf die der Amish trifft, interessieren mich immer. So habe ich mir das Buch, gleich nachdem ich es entdeckt habe, gekauft und jetzt an Weihnachten innerhalb von zwei Tagen ausgelesen. Wieder stellt sich die Frage, was denn eigentlich ein Weihnachtsbuch eigentlich ausmacht. Denn vieles, was man in einem solchen vermuten würde, fehlt hier ganz einfach. Nicht nur, weil die Amish Weihnachten nicht so feiern, wie wir das gewohnt sind.


    Das luxuriöse Leben der Hobarths wird nur vorgestellt, damit es mit einem Schlag zusammenkracht und nichts als ein Scherbenhaufen übrig bleibt. Als der Sturm vorbei ist, besitzen sie nichts weiter als den alten Ford Mustang, was sie auf dem Leib tragen und soviel, wie in den Kofferraum paßt. Dazu ein paar hundert Dollar, die für ein einige Wochen reichen müssen. Damit machen sie sich auf den Weg nach Norden zu Megs Eltern, wo sie unterkommen wollen. Die jedoch sind gar nicht sehr erfreut, wußten sie doch schon immer, daß das mit Jasons Job nicht gut gehen konnte, und Kinder können sie sowieso nicht ausstehen, auch nicht die eigenen Enkelkinder. „Schöne Aussichten“ also auf ein Leben quasi in der Hölle.


    In dieser gespannten Atmosphäre kommt es zu einem Fast-Zusammenstoß mit einem Buggy, durch den das Auto fahruntüchtig beschädigt wird. David Lutz, der Fahrer des Buggy, merkt sehr schnell, daß die Hobarths nicht wissen wohin und lädt sie alle in sein nahegelegenes Haus ein. So steigen denn die fünf in den Buggy und beginnen ihre Reise ins Ungewisse, in ein Land und eine Welt, in der die Zeit anscheinend stehen geblieben ist, in der man - ohne Elektrizität, ohne Computer, iPod oder Telefon - auf sich selbst zurückgeworfen und damit gezwungen wird, sich mit den Problemen zu beschäftigen. Eine in mancherlei Hinsicht durchaus schmerzhafte Erfahrungsreise.


    Im Folgenden treffen die beiden Weltsichten aufeinander. Jason und Meg wollen, solange sie bei den Lutzens sind, den Schein der auf der Kippe stehenden Ehe bewahren, und integrieren sich, so gut es geht; die drei Kinder zeigen ihre Unzufriedenheit mit der Situation offen. Rund zweihundertdreißig Seiten sind nicht genug, um ausführlichen Milieu- und Charakterbeschreibungen Platz zu bieten, und so empfand ich die ein oder andere Szene etwas skizzenhaft oder zu wenig umfangreich beschrieben, wobei letzteres allerdings meiner Vorliebe für ausführliche Schilderungen geschuldet sein könnte. Die Personen konnte ich mir allesamt gut vorstellen, wenngleich manche Nebenfiguren etwas blaß blieben. Das Grundthema - Aufeinanderprallen der beiden Welten - fand ich gut, nachvollziehbar und überzeugend dargestellt. Hilfreich war sicherlich, daß ich einiges Vorwissen zur Lebensweise der Amish mitbringe und damit deutlich mehr wußte als die Hobarths, die recht unbedarft in ihr Abenteuer gestolpert sind. ;-) Ich vermute, wenn es nicht ein Weihnachtsbuch, sondern ein „normaler“ Roman wäre, hätte das Buch etliche Seiten mehr und dieser Kritikpunkt käme gar nicht erst aufs Tapet. Denn daß die Autorin gut recherchiert hat und weiß, wovon sie schreibt, merkt man der Geschichte an.


    Wenn man etwas näher mit den Amish in Kontakt kommt, sei es persönlich, sei es „nur“ in Büchern, bleibt es auf die Dauer nicht aus, daß man von ihrer Lebensweise berührt wird und das eine oder andere der eigenen infrage stellt. So ging es, wie auf der Homepage nachzulesen, der Autorin selbst während ihren Recherchen, so geht es mir immer wieder beim Lesen, und so ergeht es auch den Hobarths. Wenngleich es bisweilen erst eines weiteren Unfalls bedarf, bis die harte Schale durchbrochen wird und der „Knoten platzt“, bei den Kindern jedenfalls.


    Das Buch endet, wie der Titel nahelegt, an Weihnachten, und zwar mit einer Lösung, die sich am Anfang überhaupt nicht abzeichnete, im Verlauf des Buches wünschenswert, aber nicht durchführbar erschien. Mit Sicherheit nicht möglich wäre sowohl das Leben der Amish als auch die Lösung hier in Deutschland. Zu viele Vorschriften und Paragraphen stünden dem im Weg. In Amerika jedoch ist das, zumindest vom Rechtlichen her, kein Problem. So hat man die häßlichen wie die guten Seiten des „American Dream“ der Freiheit in diesem Buch vereint, die Risiken wie auch die Chancen, die gleichermaßen geboten werden. Ich habe mich während der letzten Seiten mehrfach gefragt, ob es in „good old Europe“ vielleicht um manches besser aussähe, wenn dieser Mut zur Freiheit hier etwas stärker entwickelt wäre. Aber das ist wohl eine ziemlich hypothetische Frage.


    Ich jedenfalls freue mich auf weitere Bücher der Autorin.



    Kurzfassung:


    Die Hobarths verlieren durch die Wirtschaftskrise und eine Fehlspekulation ihre Existenz und müssen ihr bisheriges Leben aufgeben. Nach einem Unfall kurz vor Weihnachten bei einer Amischfamilie gestrandet, gibt es Zeit und Gelegenheit, sich über Vergangenheit wie Zukunft, so es denn eine für die Familie gibt, klar zu werden. Ein etwas anderes Weihnachtsbuch.



    Sinngemäße Übersetzung (aus dem Kontext):
    Alles, was sie sicher wußte, war, daß das Leben dieser Menschen weitaus komplexer war, als ihr bewußt war.


    Edit hat den Titel der deutschen Weltbild-Ausgabe ergänzt, siehe Post weiter unten.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • An Amish Christmas - Cynthia Keller


    Da das Buch bei Randomhouse (Bertelsmann) erschienen ist, wird es vielleicht doch mal eine deutsche Ausgabe geben. Für diesen Fall hier der Platzhalter der von mir gelesenen amerikanischen Originalausgabe.


    243 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
    Verlag: Ballantine (Randomhouse) New York 2010
    ISBN-10: 0-345-52378-4
    ISBN-13: 978-0-345-52378-5
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Soeben entdeckt: von diesem Buch ist (zu meiner Verwunderung) tatsächlich eine deutsche Ausgabe erschienen. Allerdings bei Weltbild und nur dort erhältlich, weshalb ich die nicht direkt verlinken kann. Hier die Daten:


    Das Weihnachtswunder
    2011, 1, 253 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
    Weltbild ISBN-10: 3868007792, ISBN-13: 9783868007794
    EUR 4,99


    Hier der Link zur derzeitigen Weltbildproduktseite:
    http://www.weltbild.de/3/16515…das-weihnachtswunder.html
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Ich bin auch an Geschichten über Amish People interessiert, deshalb freue ich mich über deine Rezension. Neben vielen Büchern wird das Thema gerne auch in amerikanischen Serien behandelt. Zum Beispiel in der Cold Case Folge Running Around http://www.tv.com/shows/cold-case/running-around-1123965/
    Aber genug Werbung gemacht.


    Ich wollte nur kurz anmerken, dass die deutschen Lizenzausgaben von Titeln bei z. B. Random House USA, sehr oft bei anderen deutschen Verlagen erscheinen als bei einem der deutschen Random House Verlage. Die deutschen Random House Verlage konkurrieren sogar um Titel. Ich habe mal einen sehr interessanten Vortrag darüber gehört.

  • Danke für den Serienhinweis, aber ich gucke wenig Serien, wenn, dann meist von DVD, und neue will ich möglichst keine anfangen.



    Zitat

    Original von Bookmark6
    Ich wollte nur kurz anmerken, dass die deutschen Lizenzausgaben von Titeln bei z. B. Random House USA, sehr oft bei anderen deutschen Verlagen erscheinen als bei einem der deutschen Random House Verlage. Die deutschen Random House Verlage konkurrieren sogar um Titel.


    Das ist mir auch schon öfters aufgefallen und hat mich in Erstaunen versetzt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Danke für den Serienhinweis, aber ich gucke wenig Serien, wenn, dann meist von DVD, und neue will ich möglichst keine anfangen.


    das schöne bei cold case ist, dass die folgen nicht zusammenhängen sondern nur einen abgeschlossenen fall behandeln. vielleicht kannst du genau die folge mal erwischen.

  • Meine Meinung:


    Auch wenn sich mir nicht gänzlich erschlossen hat, warum das Buch als Weihnachtsbuch firmiert, danke ich doch sehr für den Hinweis, denn ohne SiColliers Rezi hätte ich es wohl eher nicht gekauft. Es hat mir ganz ausgezeichnet gefallen, auch wenn es vielleicht ein wenig arg viel Schwarz-Weiß war: Hier die verwöhnten reichen Kids, die vor lauter Selbstbezogenheit kaum geradeaus schauen können, dort die überaus wohlerzogenen Kinder der Amish, hier die sich für ihre Familie aufopfernde Hausfrau und der Kämpfer an der Wirtschaftsfront, der die schwerwiegendsten Entscheidungen natürlich alleine trifft, dort das nur scheinbar sich so wenig zu sagen habende Amish-Ehepaar, das sich dennoch ohne Worte versteht.


    Für jemanden, der sich mit der Welt der Amish ein wenig vertraut gemacht hat, bietet sich nichts neues, dafür muss aber auch niemand, der mit eben dieser Welt so gar nichts anfangen kann, weil Glaube dort (in der Regel) gelebt wird, Sorge haben, zu viel über diesen zu erfahren: So wenig, wie die Familie Hobart damit „behelligt“ wird, so wenig erfährt auch der Leser.


    „Das Weihnachtswunder“ ist für mich eher ein Winterbuch, im Januar hätte ich es sehr wahrscheinlich mit der gleichen Freude gelesen wie im Dezember. Als einziges Manko empfinde ich die doch eher sparsame Vorstellung der Amish-Lebensweise; wer nichts darüber weiß, wird hin und wieder vermutlich ähnlich ungläubig auf die Seiten schauen wie die Familie Hobart auf Haus und Familie Lutz.



    P.S.: Meine Meinung bezieht sich auf die Weltbild-Ausgabe "Das Weihnachtswunder" in deutscher Sprache.
    Es ist hoffenlicht ok, dass ich das jetzt einfach unter der englischen Ausgabe poste.


    ---


    Edit: Die im Buch angegebene ISBN funktioniert nicht - und weil das so ist, verpasse ich der englischen Ausgabe meine acht Punkte. :-]

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Auch wenn sich mir nicht gänzlich erschlossen hat, warum das Buch als Weihnachtsbuch firmiert, danke ich doch sehr für den Hinweis, denn ohne SiColliers Rezi hätte ich es wohl eher nicht gekauft.


    In beiden Punkten :write


    Ich habe auch die empfohlene und ansprechende Weltbildausgabe gelesen.
    Ich war froh, dass das Buch vergleichsweise unkitschig war.
    Die Perspektive der Protagonistin war stimmig, das hat gut funktioniert.
    Da nimmt man auch in Kauf, dass die anderen Familienmitglieder, insbesondere Jason, weniger ausführlich charakterisiert werden.


    Als leichtes, aber für das Genre noch anspruchsvolles Buch war Das Weihnachtswunder auch ohne Wunder gut geeignet und im Moment genau das richtige.