Todesnummer/Richard Stevenson

  • Ich borge mir hier mal Delphins schöne Übersicht aus. Aber stimmt, ist ein bißchen schwer, ohne Klappentexte, die deutschen Titel den englischen zuzuordnen. Hier war es noch relativ eindeutig.
    Zumindest auf Englisch scheinen einige der Bände jetzt neu aufgelegt worden zu sein. Fein!


    1. Death Trick (1981) = Todesnummer
    2. On the Other Hand, Death (1984)
    3. Ice Blues (1986)
    4. Third Man Out (1992)
    5. A Shock to the System (1995) = Umgepolt
    6. Chain of Fools (1996)
    7. Strachey's Folly (1998)
    8. Tongue Tied (2003)
    9. Death Vows (2008)


    Inhalt:
    Donald Strachey, Privatdetektiv in Albany, wird von den Eltern des eines Mordes verdächtigten Billy Blount engagiert, um diesen zu finden. Als nach dem ersten Opfer weitere Freunde Blounts bedroht werden, scheint klar zu sein, daß dieser unschuldig ist. Aber um herauszufinden, wer der Mörder sein könnte, muß Strachey Blount erst mal finden, um ihm ein paar Fragen zu stellen.


    Autor:
    Richard Stevenson, aufgewachsen in Pennsylvania, ist Autor mehrer Bücher und Journalist.
    Vier der Bände seiner "Donald Strachey"-Reihe wurden mit Chad Allen in der Hauptrolle verfilmt. (So wurde ich darauf aufmerksam.)


    Meinung:
    Das Buch hat sich sehr nett und komplett von selbst gelesen. Strachey, der die Geschichte erzählt, ist sehr sympathisch und sein Hang zur (Selbst-)Ironie ist herzlich willkommen und lässt einen häufig grinsen beim Lesen.
    Sehr schön finde ich auch, daß wir hier mal einen Titelhelden mit offenbar stabilem Privatleben haben, da er in einer zwar noch jungen, aber glücklichen Beziehung zum wunderbaren Timmy lebt. Der ist eine echte Bereicherung, da er nicht nur absolut kein Drama aus Stracheys Beruf macht, sondern zeitweise auch fleißig mithilft, nicht selten mit bissigen Bemerkungen seinerseits. Also weder ein Vehikel für ein nerviges Liebesdrama des Helden, noch ein simpler Stichwortgeber.
    Auch die anderen Nebenfiguren sind sympathisch bis interessant. Nicht zuletzt der gesuchte Blount, den man schon relativ gut zu kennen glaubt, bevor Strachey ihn dann endlich findet.


    Was den kriminalistischen Teil betrifft, war ich tatsächlich überrascht - und das obwohl ich bekennende Endleserin bin. Allerdings bin ich keine erfahrene Krimileserin, von daher kann ich nicht beurteilen, ob es nicht vielleicht doch vorhersehbar war.
    Tatsache ist, ich mache nur dann Ausnahmen und lese Krimis, wenn nicht der Fall im Mittelpunkt steht, sondern die darin verwickelten Personen und das war hier der Fall.


    Das Buch mag stilistisch oder inhaltlich dennoch nicht der große Wurf sein, aber es hat Spaß gemacht. Und es ist nicht frei von Sozialkritik, wenn zB ein Polizeioffizier einem Mann verächtlich verwehrt, die Wohnung zu betreten, in der dieser seinen Freund tot aufzufinden fürchtet.


    Ich merke mir den Namen Stevenson sehr gerne und freue mich auf Nachschub.


    PS: Zur Verfilmung. Im nachhinein erscheint mir Chad Allen als leichte Fehlbesetzung, weil er zu jung aussieht, denn Strachey ist hier bereits 40. Verfilmt wurden allerdings nur die Bände 2 - 5.
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  • Death Trick - Richard Stevenson


    Diesen Krimi, so mußte ich feststellen, gehörte eigentlich in die Rubrik ‚Klassiker’. Ich stolperte durch Zufall über Donald Strachey, Privatdetektiv in Albany, NY und offen schwul. Das Buch, das der erste Band einer inzwischen zwölfteiligen Serie werden sollte, wurde um 1980 geschrieben und erschien 1981. Der Autor war kein Krimi-Autor, noch besonders interessiert an Krimis. Was mehr mit ihm umging, war das politisch immer bewußter werdende gay movement in den USA und das nahezu unverändert schlechte Ansehen Homosexueller in der Öffentlichkeit. Mit einem Krimi gegen den Vorwurf des Abnormen anzutreten, ist ein etwas anderer Ansatz.
    Was Stevenson nach eigener Aussage vorschwebte, waren die Helden der klassischen hard-boiled detective stories. Das verbindet sich mit seinen ehrlich humanistischen Überzeugungen zu einem Krimityp, der eine überraschende Mischung aus Häkelkrimi und abgebrüht darstellt. Im Ergebnis überzeugend, ist dieser Krimi trotz des schrecklichen Themas richtig charmante Lektüre.


    Donald Strachey, ehemaliger Geheimdienstler und lange nur versteckt schwul lebend, wird von Mr. und Mrs. Blount beauftragt, ihren Sohn Billy zu finden und zurück nach Hause zu bringen. Der Auftrag ist aber nicht nur ein einfacher Vermißtenfall. Billy wird wegen Mordes gesucht, das Opfer war ein schwuler Mann. Es ist von Anfang an klar, daß das Ehepaar Blount einiges zu verbergen hat. Das ist nicht Stracheys einziges Problem. Die örtliche Schwulenszene scheint allzu geneigt, Billy für einen wahnsinnigen Mörder zu halten, die Polizei teilt diese Meinung von Herzen. Dazu muß Strachey einige Probleme seiner eigenen Vergangenheit klären. Etwas Ruhe findet er bei dem Mann seines Lebens, dem hinreißend gezeichneten, sarkastischen und höchst liebenswerten strikt katholisch geprägten Timothy. Die Dialoge zwischen den beiden sind die Lektüre allein schon wert. Allerdings ist Strachey nicht eben der treueste, andere Mütter haben auch schöne Söhne. Und in der Schwulenszene ist keineswegs alles Gold, was glänzt.


    Stevenson entwickelt enormen Einfallsreichtum, was seine Figuren angeht, und er läßt sie vieles durchmachen. Er ist sparsam mit blutigen Szenen oder Prügeleien, es geht ihm mehr um die inneren Kämpfe. Die seelischen Nöte der Menschen werden sehr plastisch. Die Krimihandlung ist kniffelig, es gibt ein überzeugendes Ablenkungsmanöver und genug Verdächtige, die das Rätsel immer größer werden lassen. Gespickt ist die Geschichte mit zahlreichen Anspielungen auf US-amerikanische Fernsehserien, Größen der Unterhaltungsindustrie und Musiktiteln aus dem Discozeitalter, es ist in vielem ein Insider-Roman. Das tut der Atmosphäre, die aufgebaut wird, aber keinen Abbruch, man ist trotzdem immer dabei, ein richtiges Kunststück für den Autor eines Erstlingsromans.


    Guter Krimi, überzeugende Figuren, die auch jemanden wie mich, die Serien nicht gerne mag, verlockt, weitere Bände aus dieser Reihe zu lesen. Schade, daß es die Bücher nicht allesamt auf deutsch gibt. Die Filme sind vorgemerkt.


    Gelesen habe ich die Ausgabe, die oben verlinkt ist. Was das Cover angeht, so sollte man sich ernsthaft überlegen, ob man den Verlag nicht wegen Verstoßens gegen die Menschenwürde verklagen soll.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus