Eis und Wasser, Wasser und Eis von Majgull Axelsson
Inhalt:
Die erfolgreiche Krimiautorin Susanne befindet sich an Bord eines Eisbrechers mitten im Polarmeer und versucht herauszufinden, wer ihre Kajüte verwüstet und mit Lippenstift hasserfüllte Botschaften hinterlässt. Was Susanne nicht weiß: Ihre Vergangenheit holt sie ein. Lange verheilt geglaubte Wunden brechen auf, als ihr klar wird, dass ihr Stiefbruder, der schwedische Teenie-Star, der in den 1960ern für immer verschwand, der Schlüssel zu allem ist.
Raffiniert verknüpft Majgull Axelsson die Vergangenheit mit der Gegenwart, das Leben in einer schwedischen Kleinstadt mit der klaustrophobischen Enge auf einem Eisbrecher – und hält uns dabei die ganze Zeit in Atem.
Rezension:
Ein eng begrenzter Raum ohne Fluchtmöglichkeiten ist die perfide und doch perfekte Ausgangssituation für einen spannenden Krimi. So hat die schwedische Autorin Majgull Axelsson die Personen ihres neuesten Werkes bewusst auf ein Forschungsschiff mitten ins Polarmeer versetzt.
„Eis und Wasser, Wasser und Eis“ erscheint wie eine Mischung aus einem psychologisch feinfühligem Thriller und einer zwischenmenschlich tief bewegendem Familiengeschichte. Im Mittelpunkt der Geschichte, die zwischen der Gegenwart auf dem Eisbrecher und der Vergangenheit in den 1960er Jahren wechselt, steht die Schriftstellerin Susanne. Sie erhofft sich von der Reise zum Nordkap in erster Linie Inspiration für einen neuen Kriminalroman. Dass sie zwischen den auf dem Schiff tätigen Wissenschaftlern und der Besatzung so eine Art Außenseiterposition einnimmt, wird allen Beteiligten rasch deutlich.
Susanne glaubt erst an einen derben Scherz, fühlt sich dann jedoch mehr und mehr bedroht, als in ihrer Abwesenheit mehrfach ihre Kajüte aufgebrochen wird. Aber gerade wegen ihres Status als Außenseiterin weiht sie lange keine Person in die Vorfälle ein oder gesteht gar ihre zunehmenden Ängste.
Über die zeitlichen Sprünge erfährt der Leser auch nach und nach von Susannes Jugend, die stark von ihrem erfolgreichen Bruder Björn geprägt wird. Dieser erreichte als Sänger einer Teenie-Band einen gewissen Ruhm, bis er nach einem Zwischenfall während einem ihrer Konzerte plötzlich verschwindet. Noch immer gilt er als vermisst und noch immer betrauert ihn die Schwester schmerzlich.
Wie die Erzählstränge um Susannes Jugend und Susannes Polarfahrt zusammen gewoben werden, ist eine Glanzleistung Axelssons. Bis zur letzten Seite bleibt eine leicht prickelnde Spannung erhalten, die den Leser immer wieder entführt in das in sich geschlossene System eines kühlen und nüchternen Forschungsschiffes. Vor dieser Kulisse treten alle zwischenmenschlichen Aspekte scheinbar noch deutlicher hervor.
Unbedingt erwähnenswert bei dieser Neuerscheinung ist auch die wunderschöne Covergestaltung, die eine verwundbare, kaum bedeckte Frau auf hartem, kaltem Eis zeigt. Perfekter hätte man den Gegensatz zwischen menschlicher Verletzlichkeit und eiskalter Naturgewalt kaum darstellen können!
(Obwohl das Werk deutliche Züge eines Thrillers hat, habe ich die Rezension entsprechend der Verlagsbezeichnung als 'Roman' unter Belletristik eingestellt...)