# Gebundene Ausgabe: 142 Seiten
# Verlag: Berenberg (1. September 2010)
# Sprache: Deutsch
Kurzbeschreibung
"76" vereint auf ergreifende Weise biographisches und literarisches Erzählen. Die Protagonisten dieser Erzählungen haben ein gemeinsames biographisches Merkmal: Alle sind ohne ihre Eltern aufgewachsen, die zwischen 1976 und 1983, also in den Jahren der Militärdiktatur, verhaftet, verschwunden, gefoltert und ermordet wurden. Daher der lakonische Titel. Die Geschichten spielen in der Gegenwart, aber die Vergangenheit, eine für das heutige Argentinien nach wie vor traumatische und unvergessene Periode, bildet ungenannt den unübersehbaren Hintergrund.Die Menschen in diesen Erzählungen haben eines gemeinsam: Alle sind sie ohne ihre Eltern aufgewachsen, die zwischen 1976 und 1983, in den Jahren der Militärdiktatur, "verschwunden" sind, wie die vielsagende Bezeichnung lautet, die für das Bewusstsein der modernen Argentinier von überragender Bedeutung ist. All diese Geschichten spielen in der Gegenwart, aber die Vergangenheit, eine traumatische, unvergessene Zeit, bildet den unübersehbaren Hintergrund. Kinder, Lastwagenfahrer, Enkel, Großmütter - alle leben sie ihr mehr oder weniger unspektakuläres Leben. Und dennoch bestimmt der Schatten der Vergangenheit ihre Gegenwart, manchmal ohne dass sie es merken. Durch die kunstvoll unprätentiöse Prosa dieses jungen Autors werden sie verwoben zu Gestalten einer großen Geschichte, zur Fiktion, die vom realen Drama der Vergangenheit lebt.
Über den Autor
Félix Bruzzone wurde 1976 in Buenos Aires geboren. Drei Monate vor seiner Geburt verschwand sein Vater, drei Monate danach seine Mutter. Er wurde von der Tageszeitung "Clarin" zu einem der zehn wichtigsten Autoren des vergangenen Jahrzehnts ernannt. Zusammen mit Hernán Vanoli leitet er den Verlag Tamarisco in Buenos Aires.Markus Jakob, geboren 1954 in Bern, kam als Film- und Medienkritiker zum Schreiben. Es folgten Reportagen für das Zürcher "Tages-Anzeiger Magazin", seit 1983 vornehmlich für die "Neue Zürcher Zeitung", für die er seit 1984 aus Barcelona, zwischenzeitlich auch aus Paris, Buenos Aires, New York und Tokio berichtet hat. Zahlreiche literarische Übersetzungen und sporadische Tätigkeit für andere deutschsprachige Publikationen mit den Themenschwerpunkten Architektur und Städteporträts.
Meine Meinung
"... [ich] dachte an Mama und andere Dinge, an die ich denke, wenn ich traurig bin: an Parks, wo sich die Leute tummeln, an Sonne und Sonnenschirme, und dass ich dort immer erst hinkomme, wenn kein Platz und kein Sonnenschirm mehr frei ist und ich allein am Rand bleiben muss."
Der Buchtitel "76" bezieht sich auf das Jahr 1976. Das Jahr, in dem die Militärdiktatur in Argentinien begonnen hat zu herrschen. Gleichzeitig damit begann es auch, dass Menschen verschwanden. Mütter, Väter, Schwestern, Brüder, Tanten und Onkel verschwanden von einem Tag auf den anderen und zurückblieben die Angehörigen, vor allem die Kinder. Auch Bruzzone blieb zurück und verarbeitet diese Erfahrung in diesem Buch.
"76" besteht aus mehreren Kurzgeschichten, die sich auf alle unterschiedliche Weise mit dem Verschwinden von Menschen und den Leerstellen und Lücken, die diese Menschen hinterlassen haben, beschäftigen.
Die Geschichten haben mir alle gut gefallen - auch wenn ich eigentlich kein Kurzgeschichtenfan bin. In reduzierter, aber schöner und immer wieder intensiver Sprache - schwankend zwischen Phantasie und Wirklichkeit - widmet sich Bruzzone den Verschwundenen und damit auch einem sehr wichtigen Thema der argentinischen Vergangenheit.
Ein tolles Leserlebnis, das zusätzlich noch durch die tolle und elegante Buchausgabe von "Berenberg" verstärkt wurde.
8 Punkte.