Es war wieder mal so weit, die Frankeneulen versammelten sich in der Bücherstube Zirndorf, um einer Lesung von Sabine Weigand zu lauschen. Diesmal aus ihrem neuesten Werk "Die silberne Burg". Unsere Ehren-Frankeneule Nachtgedanken war sogar aus München angereist (und das trotz der nicht so sicheren schneeigen Wetterverhältnisse), aber ich glaube, das war es auch wirklich wert.
Gleich während der Begrüßung blickte Sabine Weigand in die Runde und erkannte uns wieder. Die meisten von uns hatten ja im letzten Jahr an der Führung in Bamberg zu "Die Seelen im Feuer" teilgenommen und waren auch regelmäßig bei den Lesungen in Zirndorf dabei. Nun waren wir natürlich gespannt auf dieses neue Buch (auch wenn wir auf die Leserunde dazu noch bis zum Januar warten müssen).
Als erstes erklärte Sabine, dass sie Wert darauf legt, dass die Hauptfiguren in ihren Romanen historisch belegt sind. Normalerweise ist das auch die Art auf die sie neue Bücher angeht. Dieses mal stand für sie aber fest, dass sie etwas mit Medizin machen wollte (ihr erklärtes Steckenpferd zu allen Zeiten), und da sieht es dann im Mittelalter mit wirklich belegten Ärztinnen sehr, sehr mau aus. Doch zuguterletzt fand sich tatsächlich eine: eine jüdische Ärztin namens Sara, die zu Würzburg praktiziert hatte und der, äußerst ungewöhnlich, der gesamte Besitz eines Ritters übereignet wurde. Eine Kopie der Bestallungsurkunde (findet sich verkleinert auch im Anhang des Buches) hatte Sabine sogar dabei und ließ diese herumgehen. Selbst für einen Laien war es möglich das eine oder andere darauf zu entziffern.
Als nächstes ging es nun daran, mehr über das Leben der Juden im Mittelalter herauszufinden. Ihre Bräuche und Sitten, ihr Verhältnis zu den Christen, die Rolle des Königs als „Beschützer“ der Juden. Hier erfuhr man von Sabine schon das eine oder andere, was man vielleicht noch nicht wusste, z.B. warum die Juden überhaupt nach Europa kamen und wann, wann und weshalb die ersten Pogrome stattfanden und warum sie trotzdem immer wieder zurückkehrten. All das schilderte sie auf die von ihr schon so gut bekannte faszinierende Art und Weise, so dass ihre Zuhörer gebannt lauschten. Dazu passend las Sabine zwei Stellen aus dem Buch: die historischen Geschehnisse um Saras Geburt und eine Schilderung der Bräuche zu ihrer Hochzeit.
Weiter ging es dann mit der zweiten Hauptfigur, dem irischen Mönch Ciaran. Auch die Ereignisse um seine Geburt wurden vorgelesen. Er wurde in eine Zeit hineingeboren, in der, bereits lange vor Luther, erste Anstrengungen unternommen wurden, die Bibel in eine Volkssprache (hier Englisch) zu übersetzen. Nur war dies als Ketzerei verschrien und wer sich daran beteiligte, wurde grausam verfolgt und ermordet. So auch Ciarans Eltern, als er noch ein Baby war. Zu diesem Abschnitt erzählte Sabine einiges wissenswerte über John Wyclif, die Lollarden und Jan Hus.
Und um eine dritte Weltanschauung mit ins Spiel zu bringen, wählte Sabine als weitere Hauptfigur den christlichen Ritter Ezzo. Wir wurden als erstes mit der Darstellung des Rittertums konfrontiert, wie es zu seiner Entstehung war: Fremdenlegionären ähnliche Krieger die ohne Kodex oder sonstiges alles kurz und klein schlugen, mit Kunst oder feineren Dingen nichts am Hut hatten und sich auch sonst benahmen wie die sprichwörtlichen Vandalen (z.B. fressen bis man kotzt). Zu der Zeit von „Die silberne Burg“ ist dies gerade dabei sich allmählich zu wandeln. Ritter versuchen sich mehr ans höfische Leben anzupassen und in der „Minne“ zu üben. So ist auch Ezzo unsterblich verliebt in seine Königin Barbara, die junge, schöne Frau des ungarisch-deutschen Königs Sigsmund. Allerdings hat Ezzo das Prinzip der Minne wohl noch nicht so ganz begriffen, denn eine grundlegende Eigenschaft ist die Keuschheit dieser Liebe...
Bei weiteren Schilderungen zu jüdischen Bräuchen, wie etwa Dauer und Einhaltung des Sabbat, Beginn der jüdischen Zeitrechnung und den Beschränkungen der Speisen, kam Sabine auch auf das Matzen-Brot, das traditionell zum Pessachfest gereicht wird. Davon hatte sie sogar eine Packung dabei und reichte zwei Fladen im Publikum herum, von denen sich jeder ein Stückchen abbrechen und probieren durfte. Kulinarisch nicht unbedingt ein Highlight, eine Mischung aus Obladen und krümeligem Pappdeckel, aber ich mag es, wenn es bei Lesungen auch selbst etwas zu erfahren gibt. Auf jeden Fall eine tolle Idee.
Trotz allen Streits um Gesundheitsreformen, Ärger mit Krankenkassen oder Ärzten, wenn man sich die Rezepte der mittelalterlichen „Drecksapotheke“, die Sabine vorlas, so anhörte, dann dankt man seinem Schöpfer doch in dieser Zeit geboren zu sein. Oder möchte sich jemand gerne das Pulver von drei verbrannten Kröten auf Entenfett streuen, welches man sich vorher auf die Stirn geschmiert hat, dann eine Schweinsblase drum rum binden und so zwei Tage rumlaufen bevor man es abnehmen und vergraben darf (hilft gegen Kopfweh)? Oder eine große Schnecke in einem Beutel ans Gesicht binden bis diese stirbt (hilft gegen Zahnweh)? Interessant im Zusammenhang mit diesen für unsereinen absolut unvorstellbaren Rezepten war die Frage, inwieweit dort ein Placebo-Effekt stattgefunden hat oder was vielleicht wirklich heilsam war.
Zum Schluss konnten wir natürlich wieder unsere Bücher signieren lassen und ein paar Worte mit Sabine plauschen. Sie freut sich schon auf die Leserunde bei den Büchereulen (wie natürlich auch alle Eulen die da waren). Und es ist ja auch nicht mehr lange hin, noch etwas über ein Monat.
Zusammenfassend kann ich nur mal wieder sagen, was für ein wunderschöner Abend es mit den Eulen war, wie furchtbar nett Sabine Weigand ist, und wie leicht sie es schafft einen für geschichtliche Themen zu begeistern und Wissen zu vermitteln. Ich wünschte es würde in Schulen mehr Lehrerinnen geben, die das so können.
Link zur Rezi des Buches: Die silberne Burg - Sabine Weigand
Link zur Leserundenanmeldung: Leserundenvorschlag ab 10. Januar 2011 "Die silberne Burg" mit Autorin
Im Anhang noch ein paar Bilder: