Charles II: The power and the passion

  • 4-teilige Miniserie über die Regierungszeit von Charles II (Rufus Sewell) kurz vor der Restauration 1660 bis zu seinem Tod 1685.


    Historisch, BBC und Rufus Sewell, da kann ja nicht viel schiefgehen, dachte ich mir - und so war es.


    Über Charles II wußte ich genau gar nichts, kaum, daß er existiert hat, weil das eine Zeit ist, die mich normalerweise nicht interessiert. Ob ich jetzt sehr viel mehr weiß, kann ich nicht sagen, denn 100%ig vertrauen darf man dem Medium TV-Miniserie natürlich nie, obwohl ich zumindest soweit vertraue, daß man mir hier keinen kompletten Blödsinn erzählt hat.


    Was hier jedenfalls sehr schön transportiert wurde, war welches Elend Religionsdifferenzen bringen und welche Folgen simple Zufälle hatten, wie hier die Kinderlosigkeit von Königin Katharina. Wer weiß, wie die englische Geschichte verlaufen wäre, hätte Charles II einen (protestantischen) legitimen Sohn gehabt. So mußte er, hier zumindest, offenen Auges England in die nächste Katastrophe schlittern lassen, da sein Erbe und Bruder Katholik war. Wobei Charles kurioserweise dennoch versucht hat, Toleranz in seinem Königreich durchzusetzen. Aber nicht am Thron, das ginge zu weit.
    Das ist die Geschichte, die diese Produktion erzählt, zusätzlich zum Privat- und vor allem Liebesleben des Königs und seinem Kampf gegen das Parlament.


    Es war vielleicht keine so gute Idee, mir die ganzen 4 Folgen/Stunden am Stück anzuschauen, aber dennoch hat sich nur einmal, ich denke in Folge 2, ein wenig gepflegte Langeweile breitgemacht, das aber nur kurz. Und darüber hat mich Rufus Sewell hinweggerettet. Ich weiß, daß er nicht unbedingt dem klassischen männlichen Schönheitsideal entspricht, aber ich finde ihn ausgesprochen schön.


    Schauspielen kann er auch, da er Charles in all seinen Widersprüchen sehr gut präsentiert hat. Wirklich sympathisch war er nicht, war der König zweifellos nicht, kann er als König nicht gewesen sein, aber man versteht ihn und seine Motive.
    Auch die anderen Schauspieler haben ihre Sache sehr gut gemacht, allen voran Helen McCrory als seine langjährige Mätresse Barbara Villiers, Rupert Graves als sein bester Freund aber immer wieder Gegner George, Duke of Buckingham, Shirley Henderson als Königin Katharina, etc.


    Auch wieder ein paar schöne Fälle von Schauspieler Recycling, dessen Verfolgung mein Lieblingshobby beim Schauen britischer Produktionen geworden ist. Ich habe Pete Tyler gefunden, Ursula-das-Gesicht, Alec Scudder, Octavian, etc.


    Hier hatte ich auch interessante Assoziationen zu historischen Namen. Barbara Villiers will ich stets Diana nennen (herzlichen Gruß an Patrick O'Brian) und der Herzog von Buckingham erinnert natürlich immer an "Die drei Musketiere", wobei ich herausgefunden habe, daß der hier offenbar der Sohn desjenigen ist, der Anna von Österreich beglückt hat und dann von Felton, von Mylady verführt, ermordet wurde. Faszinierend, wie sich sowas einprägt.


    Ich habe ja generell eine Schwäche für historische Produktionen, wobei mir diese hier besonders gelungen erscheint, da sie ohne jeglichen Bombast auskommt, sondern mehr eine relativ ruhige, leise Art hat, zu erzählen. Von dieser Art darf es gern mehr geben.


    Interessant sind hier auch die Specials, vor allem die Dokumentation "The boy who would be king", die die Vorgeschichte vom Ende Charles' I und der Jahre im Exil von Nr. II erzählt. Es empfiehlt sich hier daher, sich das vorher anzuschauen.


    Das zweite ist ein Making of, das aber auch interessanter ist, als meistens, da hier u.a. die wichtigsten Charaktere noch einmal durchleuchtet wurden, aus Sicht ihrer DarstellerInnen.


    CorinnaV : Noch mal vielen herzlichen Dank für den Tipp! Da Du diese Produktion offenbar sehr magst, hoffe ich, daß Du hier auch noch was beizutragen hast.
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  • Zitat

    Original von Grisel
    Ich habe ja generell eine Schwäche für historische Produktionen, wobei mir diese hier besonders gelungen erscheint, da sie ohne jeglichen Bombast auskommt, sondern mehr eine relativ ruhige, leise Art hat, zu erzählen. Von dieser Art darf es gern mehr geben.
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    Nun, Grisel, viel hinzufügen kann ich nicht - außer zu diesem Punkt, den ich hier zitiere: mir fällt immer als erstes, wenn ich an "The Power and The Passion" denke, ein, dass ich die Produktion am ehesten "elegant" finde. Das betrifft sowohl die Erzählweise als auch natürlich ganz stark die Kostümierung.


    Ich finde den Fall der Barbara Villiers ganz großartig dargestellt, ich liebe Rupert Graves als Buckingham und ganz besonders liebe ich hier auch den Herzog von Monmouth. Aber generell muss ich immer wieder feststellen, wie großartig hier überhaupt vom Casting gearbeitet wurde - jede Rolle sitzt.

  • Zitat

    Original von CorinnaV
    Nun, Grisel, viel hinzufügen kann ich nicht - außer zu diesem Punkt, den ich hier zitiere: mir fällt immer als erstes, wenn ich an "The Power and The Passion" denke, ein, dass ich die Produktion am ehesten "elegant" finde. Das betrifft sowohl die Erzählweise als auch natürlich ganz stark die Kostümierung.


    Ja, elegant trifft es auch sehr gut.


    Zitat

    Ich finde den Fall der Barbara Villiers ganz großartig dargestellt, ich liebe Rupert Graves als Buckingham und ganz besonders liebe ich hier auch den Herzog von Monmouth. Aber generell muss ich immer wieder feststellen, wie großartig hier überhaupt vom Casting gearbeitet wurde - jede Rolle sitzt.


    Stimmt, Monmouth war auch gut, sowie die Minister, die einer nach dem anderen über die politische Klinge springen mußten. Ich konnte halt nicht alle aufzählen, auch weil ich für die Feinheiten wohl irgendwann einen langsameren Durchgang machen sollte.


    Was mir bei Villiers gut gefallen hat, war daß sie mit Helen McCrory mit einer Frau besetzt war, die nicht unbedingt schön ist, aber sehr charismatisch und stark. Und Graves und Sewell haben diese schwierige Freundschaft schön rübergebracht und auch, daß es nicht einfach ist, Freund eines Königs zu sein bzw. als König einen zu haben.

  • Ein BBC-Zweiteiler, der dich vielleicht auch noch interessiert, ist "Gunpowder, Treason & Plot" - der erste Teil befasst sich mit Mary of Scots (Darsteller: Clemence Poesy, Kevin McKidd als Boswell), Teil 2 mit dem geplanten Guy-Fawkes-Attentat auf Marys Sohn James (Robert Carlyle).


    Auch dies eine typische BBC-Produktion, toll recherchiert und dargestellt.


    Von "Charles II" weiß ich, dass die Folgen mit jedem Ansehen besser werden, weil man beim ersten Sehen gar nicht alles mitkriegt. Die letzte Folge zum Beispiel - da geht eine der letzten Szenen fast 20 Minuten lang ohne einen Schnitt, ist dir das aufgefallen?

  • Zitat

    Original von CorinnaV
    Ein BBC-Zweiteiler, der dich vielleicht auch noch interessiert, ist "Gunpowder, Treason & Plot" - der erste Teil befasst sich mit Mary of Scots (Darsteller: Clemence Poesy, Kevin McKidd als Boswell), Teil 2 mit dem geplanten Guy-Fawkes-Attentat auf Marys Sohn James (Robert Carlyle).


    Oh cool, danke! Kevin McKidd ist nämlich noch dazu der letzte Neuzugang in der Reihe meiner Lieblingsschauspieler. Und Clemence Poesy hat mich zwar als Natascha in "Krieg und Frieden" kaum beeindruckt, aber umso mehr als Drogen dealendes Love interest in "In Bruges". Und Robert Carlyle mag ich auch sehr gern.


    Zitat

    Auch dies eine typische BBC-Produktion, toll recherchiert und dargestellt.


    Fein, danke, das merke ich mir.


    Zitat

    Von "Charles II" weiß ich, dass die Folgen mit jedem Ansehen besser werden, weil man beim ersten Sehen gar nicht alles mitkriegt.


    Vor allem kommt hier ja noch dazu, daß ich mich sehr auf die Handlung konzentrieren mußte, da ich von dem Teil der Geschichte eben absolut keine Ahnung hatte.
    Aber ich finde es schön, wie sich da nach und nach die Teile zusammenfügen. Mir war nie so ganz klar, wie die Stuarts letzten Endes gescheitert sind.


    Zitat

    Die letzte Folge zum Beispiel - da geht eine der letzten Szenen fast 20 Minuten lang ohne einen Schnitt, ist dir das aufgefallen?


    Nein. Mir nur der lange Gang eingefallen, in dem sie so gern gefilmt haben.

  • Zitat

    Original von Grisel
    Vor allem kommt hier ja noch dazu, daß ich mich sehr auf die Handlung konzentrieren mußte, da ich von dem Teil der Geschichte eben absolut keine Ahnung hatte.
    Aber ich finde es schön, wie sich da nach und nach die Teile zusammenfügen. Mir war nie so ganz klar, wie die Stuarts letzten Endes gescheitert sind.


    Deal - ich erzähl Dir die gesamte spannende englische Geschichte von Alfred bis Victoria und Du dolmetschst mir die Serien :grin

  • Zitat

    Original von Grisel


    Nein. Mir nur der lange Gang eingefallen, in dem sie so gern gefilmt haben.


    Genau, vor allem in der letzten Folge mit diesem verqueren Verschwörer (wie hieß der eigentlich?), der sich zum intimen Kreis rund um die Queen zählte - aber noch nie im Schloss gewesen war ("traitor with a weak stomach")


    20 Minuten ist ggf. etwas hoch gegriffen, aber zehn Minuten lang ist die schnittfreie Szene garantiert. Das ist die Szene im Garten, die mit Charles und James auf dem Hochsitz beginnt, dann die Vorhersagen von Charles gegenüber Willem von Oranien, die diversen Begegnungen mit den diversen Mätressen, Catherines Ratschlag an Louise, das kurze Gespräch von Charles und Nell (die ich auch super besetzt fand - "good people! you are mistaken! I am the protestant whore!") und dann das Schäferstündchen im Schoß von Louise. Alles in einem Guss. Tolle Choreographie.

  • Grisel, eine Kostprobe auf youtube unter der Video-ID: 3LanuPqvjuA


    @ Johanna, wie lange ist denn englisch her bei dir? Im Gegensatz zum schweren schottischen Akzent von McKidd in "Gunpowder" ist "Charles II" nämlich anhand der sehr guten Kameraführung und Schauspielerleistung und anhand des sehr "sauberen Schulenglisch" auch dann gut zu verfolgen, wenn man vielleicht nicht auf Anhieb alles versteht. Bei youtube unter ID: mFYq3dWi_Wo kannst du mal in einen Teil der ersten Folge reinschauen und sehen, ob es wirklich so schwierig zu verfolgen ist.

  • Zitat

    Original von Johanna
    Deal - ich erzähl Dir die gesamte spannende englische Geschichte von Alfred bis Victoria und Du dolmetschst mir die Serien :grin


    Ne, sorry, wir kommen nicht ins Geschäft. Außerdem kriege ich es zumindest von William I bis Henry V selbst ganz gut hin. :grin
    Ich steige erst bei den Rosenkriegen aus. Da wird es mir zu blutig und wenn dann noch die Religion dazu kommt ... Aber das heißt natürlich nicht, daß mich interessante Produktionen aus diesen Zeitabschnitten wie die vorliegende Reihe nicht reizen können. Ich habe nur nicht unbedingt das Bedürfnis, mich darin zu vertiefen.


    CorinnaV :
    Danke! Cool, ich habe Kevin McKidd noch nie mit schottischem Akzent gehört. Genial. Aber leider muß ich mich vorerst noch zurückhalten. Ich habe jetzt bis 2011 DVD-Kaufverbot, weil ich etwas zu kauffreudig war in der letzten Zeit. Aber ich merk mir das auf jeden Fall.

  • Danke für den Link - ich hab mal reingesehen.


    Genußvoll ist es für mich echt leider weniger, etwas in englisch anzusehen. Ich mag es dann schon lieber auf französisch.


    Naja, meinen Englischunterricht könnte man als verjährt betrachten - zudem mochte ich die Sprache auch nie sonderlich ( Paradox, wenn man meine englische Geschichtsleidenschaft bedenkt, ich weiß :grin)


    Henry VIII "mußte" ich mir auch auf englisch ansehen, da es ihn bisher nicht auf Deutsch gab (der mit Ray Winston und Helena Bonham Carter)
    Da war halt wirklich der Vorteil, daß ich die Handlung in und auswendig kenne und ich schon durchs agieren der Schauspiler wußte, was passiert.



    Ich guck mal, ob die Serie hier in der Bücherhalle bekommen kann und versuchs dann mit englischen Untertiteln. ( englisch ist leichter zu lesen, als zu vertehen für mich)

  • Zitat

    Original von Grisel


    Ne, sorry, wir kommen nicht ins Geschäft. Außerdem kriege ich es zumindest von William I bis Henry V selbst ganz gut hin. :grin
    Ich steige erst bei den Rosenkriegen aus. Da wird es mir zu blutig und wenn dann noch die Religion dazu kommt ...


    Och, die richtig gute hochspannende Zeit ist doch zwischen 1485 und 1603 - Tudorzeit.
    Ich mach sie Dir auch schmackhaft :grin

  • Zitat

    Original von Johanna
    Och, die richtig gute hochspannende Zeit ist doch zwischen 1485 und 1603 - Tudorzeit.
    Ich mach sie Dir auch schmackhaft :grin


    Ne, danke, das ist nicht mal meiner :anbet Dorothy Dunnett gelungen, deren Bücher in der Zeit spielen. Ausflüge dahin, gerne, aber mein Herz gehört dem Hochmittelalter. :-]

  • Vielen Dank für die Rezension - und die Erinnerung - die DVD habe ich schon ewig ungesehen im Regal :rolleyes, daran sollte sich was ändern. (Aber Grisel, Du weißt ja, mit welcher Serie auf DVD ich seit Wochen wieder mal beschäftigt war :grin, bin aber mit der fünften und letzten Staffel am Wochenende fertig geworden und jetzt ist Zeit für was anderes).


    Bei der Serie hatte ich sofort die Assoziation mit "Stage Beauty", die Geschichte spielt auch in der Zeit von Charles II, daher lag der Erwerb der Mini-Serie "Charles II" wahrscheinlich an einem freundlichen Hinweis der Amazonen als ich die "Stage Beauty" DVD bestellt habe. :gruebel



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  • Zitat

    Original von Johanna
    Genußvoll ist es für mich echt leider weniger, etwas in englisch anzusehen. Ich mag es dann schon lieber auf französisch.


    Naja, meinen Englischunterricht könnte man als verjährt betrachten - zudem mochte ich die Sprache auch nie sonderlich ( Paradox, wenn man meine englische Geschichtsleidenschaft bedenkt, ich weiß :grin)


    Ich ... versuchs dann mit englischen Untertiteln. ( englisch ist leichter zu lesen, als zu vertehen für mich)


    Wenn es Film oder Buch in Übersetzung halt nicht gibt, ist es doch eigentlich ein Ansporn etwas auf Englisch - oder einer anderen Fremdsprache in der man Grundkenntnisse hat - zu lesen oder anzuschauen. Wie heißt es doch so weise: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen + Übung mach den Meister.


    Englisch ist natürlich leichter zu lesen als die diversen Akzente und Slangs zu verstehen, aber auch da macht's die Übung. DVDs sehe ich mir meist mit englischen Untertiteln an, wenn vorhanden, aber mit deutschen Untertiteln geht gar nicht, weil ich nicht in "zwei Sprachen" gucken will. Der Trick ist ja, wenn man die Sprache beherrscht, muss man nicht intern noch übersetzen.


    Ich verstehe auch nicht, warum viele deutsche DVD-Veröffentlichungen nur deutsche UT anbieten, wenn es die englischen UT bei den OV DVDs doch schon gibt, in dem Fall kaufe ich mir die DVD lieber als UK Import.


    (Das ist zwar jetzt von Charles II ganz weit weg, aber seit ich vor zwei Jahren meine Leidenschaft für American Football entdeckt habe und schon viiieele Stunden mit Originalkommentar geschaut habe, ist das *beiläufige* Hören (d.h. erfordert weniger Konzentration) inklusiver viele Akzente von Nord bis Süd und Ost bis West viel besser geworden).



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