Autoren gesucht!

  • Was hier kaum gestreift wird, ist die Realität, dass für viele Debüt-Autoren der Einstieg in den großen Verlag zunächst über eine Veröffentlichung in einem kleinen führt.
    Natürlich gibt es Kleinverlage, die professionell arbeiten und ihren guten Autoren den roten Teppich ausrollen (weil sie mehr Angst haben müssen, dass die weiterziehen zu einem großen), und natürlich gibt es Großverlage, die Individualität zulassen und bei denen Verkäuflichkeit und Idealismus sich nicht von vornherein ausschließen.
    Und natürlich gibt es auf der anderen Seite die Gegenbeispiele, also der supermainstreamige Großverlag, der seine Autoren in uniforme Serien zwingt (wobei 'zwingen' hier relativ ist, gezwungen wird per se erst mal niemand, außer mit Geld), und es gibt den Klein(st)verlag, der so unprofessionell in der Gegend rumstolpert, dass der Autor, nachdem er also ca. 30 Exemplare seines mies lektorierten Erstlings selbst unter die Verwandtschaft gebracht hat, diese Veröffentlichung in Zukunft peinlich verschweigt.


    Natürlich führt für einen Autor, der vom Schreiben leben will, der Weg an den Großen nicht vorbei. (Obwohl auch Verlegen bei mittleren/kleinen Verlagen finanziell recht passabel sein kann, wenn die ein lukratives Lizenzgeschäft am Laufen haben).
    Aber die Realität ist doch, dass etliche Autoren (NICHT alle), die heute gut im Geschäft sind, sich erste Sporen mal über einen Kleinverlag verdient haben. Ich will jetzt nicht sagen, dass die beim Großverlag in erster Instanz nie gelandet wären, aber vielleicht hätte es länger gedauert. Vielleicht hätten sie früher aufgegeben... wer weiß das schon.
    Tatsache ist, dass die seriösen Kleinverlage, die vielleicht keine Vorschüsse zahlen, aber immerhin ein paar Tausend Stück ihrer gut gemachten Titel absetzen und im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten zumindest im Online-Marketing rührig sind, dass die eine wichtige Rolle beim Einstieg von Neuautoren in den Buchmarkt spielen - also auch aus Autorensicht sehr ernstzunehmen sind.


    LG, Andrea



    //edit --> Typo's diverse

  • Jan, ich wollte ja eigentlich meine Klappe halten, aber du reizt mich zum Widerspruch. Es ist einfach nicht wahr, dass es ein Anfänger-Manuskript (und nur von denen können wir hier reden, denn keiner, der bereits gut im Geschäft ist, wird nun mit fliegenden Fahnen zum neuen Amalia-Verlag wechseln) jemals in einem großen Verlag zu einem "erfahrenen Lektor oder Verlagsvertriebler" schafft, der sich dann ganz wohlwollend den Neu-Autor zur Brust nimmt und ihm verklickert, er solle ein bisschen mehr so oder so schreiben und dann wird das schon was. Ich will mich jetzt nicht über die Lotterie von unverlangt eingesandten Manuskripten austoben, aber Tatsache ist, dass no-name-Manuskripte in der ganz großen Regel unkommentiert mit nichtssagendem, überhaupt nicht hilfreichem, aber immerhin nicht allzu schmerzlichem Ablehnungstext beschieden werden. Nicht nur seitens der Verlage sondern sogar - und das tut besonders weh - auch von Agenten! Hat man diese Hürde irgendwann überwunden, wird allerdings vieles leichter, da gebe ich dir Recht.


    agu - danke für deinen Beitrag; genauso sehe ich das auch.

  • Einverstanden. Mainstream ist ja nur eine Konstruktion. Es ist das, was offensichtlich am meisten gekauft und gelesen wird. Ich stimme zu, große Publikumsverlage suchen in erster Linie nach solchen Manuskripten. Andererseits verändert sich der Mainstream permanent, auch dadurch, dass Verlage Mut zu etwas Neuem beweisen, das dann Trend wird. Man kann das nicht in "große" und "kleine" trennen, jeder Verlag will den nächsten Bestseller entdecken und einen Trend auslösen. Die kleinen sind flexibler, aber dafür haben die großen mehr Mittel. Beides hat seine Berechtigung.


    Mir war nur wichtig, die Sache mit der Entlohnung zu klären, weil oft das Bild vom armen, aber idealistischen Poeten vorherrscht. Das ist Unsinn. Auch kleine Verlage müssen Vorschüsse bezahlen, sonst sind sie für mich nicht seriös. Die Rechnung ist einfach (ich vereinfache sie jetzt sehr zwecks Anschaulichkeit). Ein Taschenbuch in solider 800er Auflage, bei einem runden Ladenpreis von 10 Euro: Der Autor verdient 6%, also 480 Euro. 2/3 davon, also 320 Euro sollten als Vorschuss angeboten werden. Es ist unseriös, zu verlangen, dass derjenige, der die Arbeit mit dem Produkt hatte und 94% der Einnahmen abgeben muss, auch das Verkaufsrisiko mitträgt. Sind wir uns in diesem Punkt einig? Das ist ohnehin minimal für den Zeitaufwand und die möglichen Recherchekosten. Jede Raumpflegerin verdient mehr, aber gut, man ist ja Künstler und bereit, zurückzustecken, um sein Werk auf dem Markt zu platzieren. Das sollte im Bewusstsein von jedem verankert sein, der Bücher schreibt oder plant, welche zu verlegen.


    lg Claudia

  • Hallo Rita,
    da hast Du vielleicht was falsch gelesen. :gruebel Ich habe mich in meiner Aussage auf Voltairs Post bezogen. Da ging es ganz allgemein um Künstler bei Verlagen bzw. in der Musikbranche. Es war die Rede vom Unterschied zwischen Kunst und Kommerz, bzw. zwischen Exoten und Mainstream. Das bezog sich nicht auf Anfängermanuskripte.


    Allerdings stimmt es auch nicht, dass Anfängermanuskripte es NIEMALS in einen großen Verlag zu einem "erfahrenen Lektor oder Verlagsvertriebler" schaffen...
    Ist vielleicht nicht die Regel, aber soooo exotisch ist es auch nicht. Wenn das MS professionell ist, und die Autorenvita (und seine "Ausbaufähigkeit als Reihe") den Verlag interessiert, dann geht das sehr wohl. (Zumindest bei mir war es so :-))
    Allerdings hast Du in zwei Punkten absolut Recht: Unaufgefordert eingesandte MS werden bei den Großen NIE gelesen, und es geht tatsächlich NUR mit Schützenhilfe einer namhaften Agentur.


    liebe Grüße :wave

  • agu : Es gibt fraglos einige Autoren, die zuerst bei kleinen Verlagen waren und dann zu den Verlagen mit dem größeren Kriegskassen gewechselt sind. Ebenso fraglos ist die Publikation bei einem kleineren Verlag ein guter Einstieg, um den sehr komplexen Literaturmarkt zu verstehen und sich quasi gemächlich an die Schrifstellerkarriere heranzuarbeiten. Was ist ein Lektor? Was ist "Ausstattung"? Warum überhaupt gibt es "Programme" (und nicht einfach neue Bücher)? Was machen Vertreter eigentlich? Was ist "Verlagsauslieferung", was sind "Barsortimenter"? Warum gibt es viele unterschiedliche "Rechte" und was macht mein Verlag damit (und wenn er nichts damit macht - warum)? Was sind "Vormerker", "Remittenden" und was ist "Verramschung"? Wie arbeitet eine Presseabteilung? Wie funktioniert der Buchhandel? Warum werde ich zu Lesungen eingeladen, warum werde ich nicht zu Lesungen eingeladen? Welche Wirkung haben Selbstmarketing, Internetvermarktung, Bücherforen usw.? Was löst vermeintlich Verkaufsschübe aus? All das und vieles mehr lernt man - auf etwas sanftere Weise bei einem kleineren Verlag (nicht alles lernt man dort) und nach der Kalteswassermethode bei großen Publikumsverlagen. Aber unterm Strich geht es hier wie dort darum, aus einem Manuskript ein Buch zu machen und davon anschließend so viel wie möglich zu verkaufen - und das ist die Aufgabe des Verlags, nicht die Aufgabe des Autors! Kleinere Verlage sind keine Lebensschulen für angehende Bestsellerautoren, sondern wie die großen Verlage Firmen, die davon leben, Bücher zu verkaufen. Sie haben es schwerer, schlechte Bücher zu verscherbeln (die Marketingetats der großen Verlage ermöglichen hier einiges), und sie verkaufen manchmal gute Bücher nicht, einfach weil sie (die Verlage) klein sind. Und ich wiederhole meine Behauptung, dass bei guten kleineren der Einstieg nicht leichter ist als bei großen Publikumsverlagen. Wer nur zehn Bücher im Jahr macht und darauf angewiesen ist, die geringen Marketingmöglichkeiten optimal auszuschöpfen, muss durchaus auf Qualität achten. Verlage wie "Blumenbar" haben gezeigt, wie das geht - und was daraus werden kann.


    Ich möchte noch einen Aspekt anmerken, der mir sehr wichtig scheint. Sehr, sehr viele Autoren sind One-Hit-Wonder. Sie haben zuweilen jahrelang an dem Text gearbeitet, der in gewisser Weise essentiell für sie ist. Will sagen: Der Erstling ist oft auch das Opus Magnum. Viele Autoren wiederholen sich danach nur noch oder haben erkennbar ihr Pulver verschossen, zum Beispiel Leute wie Frank Gosen oder Benjamin Lebert oder Benjamin von Stuckard-Barre (BTW - hat sich jemand mal diese unfassbare Scheiße angesehen, die der jetzt auf "zdf_neo" macht?), um nur einige zu nennen. Hätten die ihre Erstlinge bei kleinen Verlagen veröffentlicht, würde man ihre Namen heute überhaupt nicht kennen.


    Insofern. "Ich mache das erstmal bei einem kleinen Verlag, und wenn ich mir dann die Hörner abgestoßen habe, schaue ich, dass ich bei einem größeren unterkomme." Das kann eine gute Idee sein, aber das muss es nicht. Eine gute Geschichte, die gut erzählt wurde und die für ein größeres Publikum geeignet ist, sollte ihren Weg zum Publikumsverlag finden. Es wäre schade, sie bei einem kleinen Verlag ohne nennenswertes Marketing und mit nur geringer Reichweite zu verheizen. Vor allem, wenn es sich um die einzige gute Geschichte handelt, die der Autor zu erzählen hat.

  • So, ich habe die Füße lange still gehalten, aber jetzt möchte ich doch mal eine Frage stellen: Warum wird eigentlich immer davon ausgegangen, dass der Kleinverlag für Experimente, der Großverlag fürs Verkäufliche zuständig ist? Denn das stimmt höchstens zu einem verschwindend geringen Prozentsatz. Der Kleinverlag ist, wie Tom schon sagte, eine Firma, die Umsatz und vor allem Gewinn machen muss, zumindest nach den ersten holprigen Jahren. Schließlich muss auch der ambitionierteste Verleger seine Miete zahlen.
    Wenn ich mich in der Verlagslandschaft umsehe, dann finde ich Verkäufliches UND Experimente in so gut wie allen Verlagen, unabhängig von der Größe. Alle Verlagen dürften eine Mischkalkulation machen: Iny Lorenz' äußerst erfolgreiche Bücher finanzieren das Experiment SteffiB gegen, um es mal auf den Punkt zu bringen. Und dabei ist SteffiB gar nicht mal sonderlich experimentell, sondern passt halt nicht in gängige Schubladen, was bereits ein Risiko ist. Es geht noch viel experimenteller, teilweise sind mir schon richtig abgedrehte Romane aus den bösen, bösen Kommerzverlagen in die Hände gefallen (Achtung, Ironie).


    Jetzt schaue ich mir das Programm des vielzitierten Sieben-Verlags an: Die Rubrik "Phantastik" ist überproportional gut gefüllt, es gibt ein paar Krimis, Regionales und genau einen Eintrag unter "Romane". Das heißt, dass die Verlegerin zumindest zum jetzigen Zeitpunkt ihre Zelte in genau in der Nische aufgeschlagen hat, die momentan von Lesern gestürmt wird. Ich möchte dies um Himmels Willen nicht als Kritik verstanden wissen! Auch vermute ich, dass sich neben den Romanen, bei denen die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie sich gut verkaufen, auch im Sieben-Verlag echte Experimente finden.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Die Mischung macht's. Bei so gut wie allen Verlagen.

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling

  • Zitat

    Original von claudiatoman
    Einverstanden. Mainstream ist ja nur eine Konstruktion. Es ist das, was offensichtlich am meisten gekauft und gelesen wird. Ich stimme zu, große Publikumsverlage suchen in erster Linie nach solchen Manuskripten. Andererseits verändert sich der Mainstream permanent, auch dadurch, dass Verlage Mut zu etwas Neuem beweisen, das dann Trend wird. Man kann das nicht in "große" und "kleine" trennen, jeder Verlag will den nächsten Bestseller entdecken und einen Trend auslösen. Die kleinen sind flexibler, aber dafür haben die großen mehr Mittel. Beides hat seine Berechtigung.


    Joa, bis dahin bin ich vollkommen deiner Meinung, Claudia.



    Zitat

    Original von claudiatoman
    Mir war nur wichtig, die Sache mit der Entlohnung zu klären, weil oft das Bild vom armen, aber idealistischen Poeten vorherrscht. Das ist Unsinn. Auch kleine Verlage müssen Vorschüsse bezahlen, sonst sind sie für mich nicht seriös. Die Rechnung ist einfach (ich vereinfache sie jetzt sehr zwecks Anschaulichkeit). Ein Taschenbuch in solider 800er Auflage, bei einem runden Ladenpreis von 10 Euro: Der Autor verdient 6%, also 480 Euro. 2/3 davon, also 320 Euro sollten als Vorschuss angeboten werden.


    Warum? Was sollen einem diese 320€ denn bitte bringen?
    Ich wüsste keinen Kleinverlag, der Vorschüsse zahlt. Dafür bieten sie anderes. Manche zahlen von Anfang an einen höheren Prozentsatz. Die ganz kleinen z.B. zahlen in vielen Fällen grundsätzlich 10% fürs Taschenbuch, vom ersten Exemplar an.
    Andere haben niedriger angesetzte Staffelungen, sodass der Höchstsatz sehr viel schneller erreicht wird. Vielleicht nicht mit 800 Exemplaren, aber es liegt auch am Autor, Bücher zu schreiben, die sich mehr als 800mal verkaufen.
    Ich habe das mit meinen Zahlen gerade mal durchgerechnet und muss feststellen, dass ein Modell mit Vorschuss, aber dafür höher angesetzter Staffelung für mich einen Verlust von einer ganzen Menge Geld bedeutet hätte. Viel mehr als 320€ und die Zinsen, die ich damit hätte reinbringen können, *wenn* ich es denn angelegt hätte. ;-)
    So schwarzweiß ist das also nicht, es hat Vor- und Nachteile.


    Und nein, ich muss sagen, dass ich ganz zu Anfang keinen fünfstelligen Vorschuss und auch keine ähnlich gelagerte Auflage gewollt hätte. Ich hätte auch nicht nein gesagt, logisch, aber ich wäre dem Druck vermutlich nicht gewachsen gewesen.
    Hätte mein erstes Buch unter solchen Voraussetzungen gefloppt, oder nur die Erwartungen (MEINE Erwartungen) nicht vollends erfüllt, wäre es mein letztes gewesen.
    Für mich war es eine gute Fügung, durch geringe Erwartungen und dadurch weniger Erfolgsdruck in das Geschäft einzusteigen und erstmal im kleineren Rahmen einen Überblick zu bekommen, ob die Leser überhaupt lesen wollen, was ich anzubieten habe.


    Zitat von Tom:

    Zitat

    Und ich wiederhole meine Behauptung, dass bei guten kleineren der Einstieg nicht leichter ist als bei großen Publikumsverlagen. Wer nur zehn Bücher im Jahr macht und darauf angewiesen ist, die geringen Marketingmöglichkeiten optimal auszuschöpfen, muss durchaus auf Qualität achten.


    Ich stimme dir da einerseits zu, behaupte andererseits, dass es sehr wohl leichter ist. Das Angebot an MSen mag nicht sehr viel kleiner sein, wenn man es auf die Menge der veröffentlichten Bücher aufrechnet, trotzdem hat der Kleinverlag im Grunde mehr Platz: Denn er hat (idR) keine Lizenztitel, keine Übersetzungen, etc.
    Wenn ich mir mal die 2010er Programme von Sieben und Lyx (weil sie ein ähnliches Genre bedienen) ansehe und vergleiche, wie viele deutsche Debüt-Autoren an den Start gingen, dann ist die Sache klar, wo der deutsche Debütant bessere Chancen hat.
    In anderen Kleinverlagen mit anderen Schwerpunkten sieht es ähnlich aus.


    Zumal die Kleinverlage natürlich darauf achten müssen, dass ihnen der Nachwuchs nicht abreißt, denn natürlich wandert da immer mal der ein oder andere ab; sei es, weil das erhoffte Geld/ der Erfolg ausblieb oder man den Weg in den Großverlag schafft. Das Problem hat ein Großverlag weniger, dessen Hausautoren sind vermutlich treuer. Wenn nicht, dann kauft man eben eine Übersetzung mehr ein.


    Das ist ein Grund, warum der Einstieg über einen Kleinverlag leichter ist. Weiterhin ist es bei kleinen Verlagen durchaus üblich, eine Rückmeldung zu bekommen, wie: "Schreibe gefälllt, aber da und da sind noch Probleme - können Sie da was drehen/ umschreiben/ verbessern?", während im Großverlag doch in aller Regel dann eine Standartabsage verschickt wird, aus der man nichts ziehen kann, als Enttäuschung, aber keine Verbesserung.
    Klar ist auch: Man kann nur von jemandem etwas lernen, der's draufhat. Ob dem so war/ ist weiß man erst hinterher.

  • Zitat

    Ich habe das mit meinen Zahlen gerade mal durchgerechnet und muss feststellen, dass ein Modell mit Vorschuss, aber dafür höher angesetzter Staffelung für mich einen Verlust von einer ganzen Menge Geld bedeutet hätte. Viel mehr als 320€ und die Zinsen, die ich damit hätte reinbringen können, *wenn* ich es denn angelegt hätte.


    Da hast du etwas falsch verstanden: Der Vorschuss ist ein Vorschuss. Wenn mehr Geld reinkommt, kriegt man das natürlich auch. :-) Der Vorschuss ist einfach Geld, das man nicht zurückzahlen muss, auch wenn der Verlag es nicht schafft, die Auflage zu verkaufen oder nach zwei Monaten in Konkurs geht. Der Vorschuss sichert die Existenz des Autors (halt in anderen Verkaufszahlen, nicht unbedingt bei 800), ohne dass er davon abhängig ist, dass die Bücher sich verkaufen. Denn das Buch zu verkaufen, das ist nicht Aufgabe des Autors, sondern des Verlages. Insofern hat der Autor mit Fertigstellung der Fahnen seinen Teil der Arbeit erledigt und sein Geld verdient. So sehe ich das. Niedrigere Staffelungen und höhere Prozente sind fein. Ersetzen aber nicht den Vorschuss.


    lg Claudia


    PS: Und dass du mit 10% statt 6% soooo viel reicher wirst, dass das den Verzicht auf einen Vorschuss rechtfertigt, das kann ich mir schwer vorstellen.

  • Nein, Claudia, ich habe das schon richtig verstanden.
    Ich habe lediglich mal zwei Verträge, die mir vorliegen, mit meinen VK-Zahlen durchgerechnet.
    Der eine vom Großverlag mit hübschem Vorschuss und dafür höher angesetzter Staffelung (da beginnt der höchste Prozentsatz beim über 5fachen der Erstauflage und bewegt sich in Spiegel-Bestseller-Sphären)
    Und meinen. Ohne Vorschuss, anders gestaffelt.


    Der erste (anteilig auf meine Zahlen umgerechnet) hätte mir einen Vorschuss garantiert, mich aber am Ende Geld gekostet, d.h. ich hätte anhand dieses Vertragsmodells weniger verdient.
    Da verzichte ich lieber auf den Vorschuss und nehm die besseren finanziellen Bedingungen, ehrlich. :grin Das rentiert sich bei gutem Abverkauf.


    edit: Nur damit das nicht falschverstanden wird: ich möchte keine Geschäftsmodelle infrage stellen, sondern lediglich auf Claudias Aussage reagieren, dass ein Vertrag, der keinen Vorschuss beinhaltet, unseriös sei/ wirkte. Dem muss nicht so sein, wenn der Vertrag dafür an anderen Stellen attraktiver ist.

  • Zitat

    Original von Mulle
    Weiterhin ist es bei kleinen Verlagen durchaus üblich, eine Rückmeldung zu bekommen, wie: "Schreibe gefälllt, aber da und da sind noch Probleme - können Sie da was drehen/ umschreiben/ verbessern?", während im Großverlag doch in aller Regel dann eine Standartabsage verschickt wird, aus der man nichts ziehen kann, als Enttäuschung, aber keine Verbesserung.


    Das stimmt einfach nicht. Wenn ein Lektor, egal welche Verlagsgröße, Potential sieht, geht er genau mit diesen Anfragen auf den Autor zu. Es ist ein Märchen, dass die Großverlage nur geschliffene Diamanten wollen.

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling

  • Liebe Büchereulen,


    ich kann zwar nicht für alle Kleinverlage, jedoch für den unsrigen sprechen.


    Da wir nicht über ein großes Finanzbudget verfügen, sind wir leider nicht in der Lage unsere Veröffentlichung in dem Maße zu bewerben wie dies bei den größeren Verlagen der Fall ist. Dem Fakt teilweise geschuldet, werden wir es aufgrund des unbekannten Verlagsnamens schwerer haben, unsere Titel in den Katalogen der Grossisten und (somit) im stationären Buchhandel zu platzieren. Insofern werde ich zwar mein Bestes tun, Barsortimente, Filialisten sowie die sog. Fläche von der Verkaufsfähigkeit der Werke zu überzeugen, jedoch auch auf virales Marketing setzen. Darüberhinaus werde ich dafür sorgen, dass sich unsere Titel von denen der Konkurrenz abheben, sowohl in Hinsicht auf deren Ausstattung als auch auf deren Nutzen für den Endkunden, den Leser. Dabei müssen die Ladenpreise selbstverständlich marktfähig sein!


    Was die Honorierung angeht, so ist der Amalia Verlag (wenn gleich dies den Verlag in Claudias Augen als unseriös erscheinen lässt), vorerst nicht in der Lage Vorschüsse zu gewähren, wird jedoch seine Autoren bei Printbüchern mit den (branchenüblichen) zehn Prozent vom Nettoladenpreis entlohnen. Auch werden wir (selbst wenn die Nachfrage augenblicklich eher gering ist) eBooks anbieten. Da wir diese im Workflow erstellen und zudem den Bedürfnissen der Nachfrager gerecht werden wollen (und müssen), werden diese preislich tiefer als der Branchendurchschnitt von zehn bis 20 Prozent unter dem Ladenpreis der günstigsten Printausgabe liegen. Dass sich beide Ausgaben dabei kanibalisieren glaube ich nicht, gehe vielmehr davon aus, dass sich auch technikaffine Zielgruppen erschließen lassen.


    Alles in Allem können wir nicht die eingestaubten Wege der renommierten Verlage gehen, sondern müssen durch Qualität, Kreativität und marktorientierte Preise (natürlich unter dem Kostenaspekt) Grossisten, stationären Buchhandel, Online-Buchhandel und nicht zu vergessen die Endkunden von unseren Werken überzeugen, um auf dem Markt bestehen und vielleicht sogar ein ganz Großer werden zu können. Als Dipl. Buchhandelswirtin kenne ich den Markt und werde mein Bestes tun, den Verlag aufzubauen.


    Viele liebe Grüße
    Juliane Scherz

  • Zitat

    Original von SteffiB


    Das stimmt einfach nicht. Wenn ein Lektor, egal welche Verlagsgröße, Potential sieht, geht er genau mit diesen Anfragen auf den Autor zu. Es ist ein Märchen, dass die Großverlage nur geschliffene Diamanten wollen.


    Hm. Dann hatten all die Leute, bei denen es genau so ablief (Großverlage - Standartabsage, Kleinverlage - begründete Absage, eventuell mit Möglichkeit zur Korrektur) vermutlich nur Pech.
    Vielleicht hat es auch wieder mit dem Genre zu tun (meines wird überwiegend von amerikanischen Autoren abgedeckt und einzelne Verlage machen auch deutlich, dass dies für sie so bleiben soll). Ich weiß es nicht.

  • Zitat

    Alles in Allem können wir nicht die eingestaubten Wege der renommierten Verlage gehen, sondern müssen durch Qualität, Kreativität und marktorientierte Preise (...) überzeugen


    Welche eingestaubten Wege sind damit gemeint?


    Und - verstehe ich das richtig? Die renommierten Verlage setzen also nicht auf Qualität, Kreativität und marktorienterte Preise? Verblüffend.

  • Es tut mir leid, wenn ich mich dumm stelle, aber das alles liest sich so, als wäre ein Vorschuss ein Mehrkostenposten für den Verlag. Ein Verlag, der eine Auflage drucken lässt, muss diese doch auch für verkaufbar halten. Dem Autor einen Vorschuss auf dessen Honorar zu geben, das er ohnedies verdienen wird, wenn alles richtig läuft, ist das normalste der Welt. Immerhin hat der Autor ja eine fertige Arbeit abgeliefert. Ich wiederhole auch noch einmal, dass diese Vorgehensweise von Schriftstellerverbänden ausdrücklich empfohlen wird. Sich an diese Empfehlung zu halten, hat mit Seriosität zu tun. Da geht es ja nicht um unglaubliche Summen.


    Mulle, schön und gut, aber das ist fein, wenn es super läuft. Aber es läuft selten so gut. Und da garantiert ein Vorschuss einem Autor einfach, dass er für seine Arbeit entlohnt wird, auch wenn der Verkauf nicht so gut ist. "Man muss halt ein Buch schreiben, das sich gut verkauft" ist grob vereinfacht. Wenn der Verlag nichts oder falsches dazu tut, wird der Verkauf auch nicht gut gehen. Der Sieben Verlag spielt für mich in einer völlig anderen Liga, darüber müssen wir hier nicht reden, Sieben hat längst einen Namen und damit weit bessere Chancen.


    lg Claudia

  • Eingestaubt i. S. v. herkömmlich. So sind bspw. nur die wenigsten Verlage in sozialen Netzwerken aktiv und versuchen durch (wieder ein Beispiel) Filme auf Youtube Interesse für ihre Titel zu wecken (was jedoch für uns notwendig und auch angesichts des sich geänderten Mediennutzungsverhalten sinnvoll ist).


    Hinsichtlich der Qualität bei Büchern großer Verlage, bedaure ich sehr, dass meine Aussage den Gedanken hervorbrachte, ich erachte diese als mangelhaft. Ich wollte lediglich ausdrücken, dass wir als Kleinverlag (nicht wie oftmals angesprochen) durchaus auf Qualität achten, sowohl was den Content als auch dessen "Verpackung" angeht.


    Was die Kreativität angeht, so stelle ich hier einfach mal in den Raum, dass Kleinverlage, um existieren zu können mehr als Großverlage neue Ideen einbringen muss.


    Bezüglich marktorientierter Preise, wollte ich zum Ausdruck bringen, dass Amalia bei der Preisbildung auf Kunden und Konkurrenz blickt (auch als Kleinverlag). Desweiteren setzen die großen Verlage bei eBooks keine kunden-, sondern konkurrenzoriente Preise fest, um die Kosten zur Schaffung der technischen Infrastruktur wieder einzuspielen.

  • Zitat

    So sind bspw. nur die wenigsten Verlage in sozialen Netzwerken aktiv und versuchen durch (wieder ein Beispiel) Filme auf Youtube Interesse für ihre Titel zu wecken


    Das stimmt nicht. Fast alle größeren Verlage sind inzwischen bei Facebook & Konsorten vertreten, und Buchtrailer für Youtube, Amazon und die anderen Onliner werden inzwischen auch von fast jedem produziert. Den Nachweis, dass sich auf diesem Weg (viele) Bücher verkaufen, hat aber noch niemand erbracht. ;-)

  • Auch Einspruch:
    Die Zahl der von großen Verlagen produzierten Video-Trailer ist äußerst gering. (Kann man ja bei Amazon sehen...) Und wie viele der existierenden Clips nicht vom Verlag produziert wurden, sondern vom Autor, sei mal dahin gestellt.


    Verlagsseitig wird so etwas nur gemacht, wenn es sich um sog. A-Titel handelt, also solche, die einen größeren Gewinn in Aussicht stellen, und deswegen erhöhte Werbekosten rechtfertigen. Otto-Normalbuch bekommt von dem Kuchen eher nichts ab.


    Wenn Amalia jedem Titel einen schnieken You-tube-Clip spendiert, dann ist das mal was Neues!


    EDIT: ishfaiusylnv

  • Zitat

    Priginal von JanvonderBank: Wenn Amalia jedem Titel einen schnieken You-tube-Clip spendiert, dann ist das mal was Neues!


    Als Leserin gebe ich mich da schon mit weniger zufrieden ;-).
    Wenn der Amalia Verlag es schafft, seine Titel mit Covern zu versehen, die sich vom lieblosen Einheitsbrei der großen Häuser frisch, innovativ und ästhetisch abheben, dann wäre schon viel erreicht.
    Ob das Marketingbudget nun unbedingt in Clips versenkt werden muss oder für zielführendere Zwecke verbraten werden sollte, kann der Verlag dann immer noch entscheiden.

  • Tom, Du hast sicherlich Recht damit, dass immer mehr Verlage dazu übergehen, sich auch im sozialen Netzwerk zu präsentieren. Insofern war das sicherlich nicht das beste Beispiel. Wenn Du jedoch einmal im Facebook nach den Verlagen suchst, die im stationären Buchhandel (im Fantasy-Bereich) ausliegen, wird Deine Ausbeute gering sein. So finden sich von den Verlagen Heyne, Blanvalet, Bastei Lübbe, Goldmann Fantasy, penhaligon, lxy, page et turner, Knaur, chr, Ullstein, dtv und Carlsen nur die drei letzt genannten in Facebook. Welche neuen Wege wir gehen, kann ich leider zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Fakt ist, dass dies m. E. bislang noch von keinem Verlag gemacht wurde.


    Jan, vermutlich wird das stetige Erscheinen eines Films zum Buch nicht erfolgen, jedoch wird sich ein Film zu einem unserer Bücher dadurch auszeichnen, dass er Aufmerksamkeit schafft, eine Voraussetzung, um erfolgreich virales Marketing betreiben zu können.


    Claudia, natürlich handelt es sich beim Vorschuss um keine Mehrkosten, aber es muss auch bedacht werden, dass wir hier von auflagenvariablen Kosten sprechen, d.h. um Kosten, die erst dann entstehen, wenn ein Titel verkauft wird. Wir tragen als kleiner Verlag das finanzielle Risiko, der Autor ist eine unbekannte Größe und wir sind leider noch nicht erfahren genug, um beurteilen zu können, wie oft sich ein Titel verkaufen wird. Insofern gewähren wir zu Beginn unseres Vorhabens keine Vorschüsse, fassen dies aber nach Erlangen von ein wenig Erfahrungswerten definitiv ins Auge.