Derzeit findet in meinem Berliner Stadtbezirk erstmalig "Tempelhof liest" statt. Die Veranstaltung findet unter dem Motto "Markante Autoren an markanten Orten" und was kann da markanter sein, als wenn Stan Nadolny im berühmten Ullsteinhaus aus seinem Ullsteinroman liest?
das Ullsteinhaus, Berliner Druckerei- und Verlagshaus des Ullsteinverlages
Die Lesung fand im Restaurant des Ullsteinhauses statt, einem etwas düsteren Saal im Stil der 60-er Jahre. Die vorderen Reihen waren reserviert, für Presse, Veranstalter und vermutlich Händler aus dem Bezirk. Die hinteren Reihen waren für's Fußvolk freigegeben und füllten sich langsam, es blieben aber auch etliche Plätze leer (schade!).
Prof. Dr. h.c. mult. Klaus G. Saur, längjähriger Eigentümer des gleichnahmigen Verlages, des Gruyter Verlages und Vorstand des Börsenvereins eröffnete gewandt, gewitzt aber auch ein wenig improvisiert die Veranstaltung, las die Wowereits Grußworte vor und begrüßte den Autor und den Bezirksbürgermeister.
Danach sagte auch noch der Bürgermeister ein paar Worte, iW führte er in die Veranstaltungsreihe ein und bedankte sich bei den Organisatoren.
Dann kam endlich Herr Nadolny an die Reihe. Er las etliches Szenen aus seinem "Ullsteinroman", eine Romanbiographie über die Verlegerfamilie Ullstein. Das Buch kannte ich noch nicht, habe es mir aber schon vorab gekauft, um schon mal ein bißchen zu stöbern. Die vorgelesenen Stellen haben mir sehr gut gefallen, vor allem der feine Humor von Nadolny. Und vor allem haben sie Lust auf mehr gemacht, ich freu mich schon sehr auf das Buch! Besonders gut gefiel mir dabei die Szene, die auch auf dem Cover zu sehen ist: die Entstehungsgeschichte des Fotos der Kinder von Leopold Ullstein. Der Vater hat den Kindern erklärt, er würde das Foto auf seinen Schreibtisch stellen wollen, damit die Mama, die aus dem Himmel herab schaut, immer nur auf eine Stelle schauen müsse, wenn sie die Kinder sehen wollte.
Nach der Lesung war nur kurz Zeit für eine Frage eines Zuhörers, nämlich die Frage nach Dichtung und Wahrheit in diesem Buch. Nadolny erklärte, dass es sich nicht um ein Sachbuch handle, sondern um einen Roman, er aber sehr viel recherchiert habe und es vor allem viele Tagebücher und Briefe der Ullsteins erhalten seien. Nichtsdestotrotz habe er einige Nebenfiguren, zB den Diener Ullsteins erfunden und auch dem Ehepaar Ullstein eine Reise nach Spanien gegönnt, damit sie mal wieder Zeit für sich hätte.
Danach hat er noch fleissig alle hingereichten Bücher signiert und auch freundlich persönliche Fragen beantwortet.
Der Nachmittag hat mir sehr gut gefallen, Nadolny ist ein ungemein symphatischer Mann!
ein paar Bilder, hier Saur: