Schöner Schein / About Face - Donna Leon

  • Ich konnte mich vage erinnern zu dem buch eine rezi geschrieben zu haben, aber das war vor einigen wochen, als mein computer gerade anfing online-probleme zu machen, und da mir was neues hierzu einfiel und ich das Buch hier nicht länger finde, ist sie wohl in den kanälen des net spurlos verschwunden, weil ich es einfach nie lerne, meine Rezis zuerst in Word zu schreiben, bevor ich sie hier einstelle... aber lassen wir das...


    Zu jedem gelungenen herbst gehört für mich - wie die relektüre von The Hobbit - auch ein neuer Brunetti.


    Die Autorin


    Donna Leon muss man nach inzwischen bereits 19 Bänden eigentlich nicht mehr vorstellen, sie war Lehrerin in der Schweiz, Saudi-Arabien, Iran und China, und arbeitete zuletzt an der venezianischen Universität von Padua und ihr Commissario Brunetti wurde mit mehreren Preisen bedacht.


    DAS BUCH


    Im heurigen 18. (engl. Taschenbuch-) Fall "About Face", der sich Deutsch "Schöner Schein" nennt, obwohl es darin um die verschiedenen Methoden der Menschen geht, ihr Gesicht - meisst vor sich selbst - zu wahren.


    Brunetti wird zu einer Abendgesellschaft bei seinen Schwiegereltern geladen, und dieser Zwangsabend entpuppt sich nicht so schrecklich, wie er im ersten Moment scheint, denn seine Tischdame, die Frau von Conte Falier's Möchtegern-Geschäftspartner Maurizio Cataldo, Franca Marinello, eine Freundin der Contessa und zugleich ein überraschend junges Lifting-Opfer, entpuppt sich als sehr belesen in antiken Schriftstellern und zu seinem eigenen Erstaunen stellt Brunetti fest, dass er - obwohl ihn ihr Äusseres irritiert - er sich in den Geist von "La Superliftata" verliebt hat.
    Conte Falier, der in das 'China'-Geschäft des Herrn Cataldo eintreten soll, trägt seinem Schwiegersohn auf, sich umzuhören, was die Polizei von den Unternehmungen von Cataldo herausfinden kann. Und Brunetti wendet sich wie immer an Signorina Elettra.


    Dort findet er, dass Patta wieder eine unangenehme Arbeit für ihn hat: Filippo Guarino, Carabinieri-Major will Amtshilfe bei den Kollegen der venezianischen Polizei, er sucht einen Mörder. Und es ist für den Major eine persönliche Sache, denn der tote Spediteur, dessen Mörder er sucht, war sein Informant.
    Brunetti ist zutiefst irritiert über dessen Agenten-methoden, denn der Carabinieri der eigentlich zum polizeilichen Umweltschutz gehört und illegale Mülldepots aufspüren soll, misstraut jedem, und will so wenig wie möglich von seinem Fall preisgeben, und vor allem den nicht innerhalb der Polizei üblichen Weg gehen, sondern benutzt die Telefone von befreundeten Barmännern und mailt sein Foto des Verdächtigen an Paolas Uni-mailbox. Der Verdächtige selbst ist leicht zu finden: er war des öfteren im Casinò, und das verlangt Ausweise...
    Brunetti, leicht vom Mafia-Verfolgungswahn des Majors angesteckt, beobachtet auch in seiner Umgebung (un)absichtliche Inkompetenz: Scarpa und Alvise. Er ist dabei sich dafür zu entscheiden, dass der Carabinieri-Offizier unter Verfolgungswahn leidet, aber dann wird in Mestre zwischen den Lagerhallen eine Leiche gefunden: Filippo Guarino, mit Genickschuss hingerichtet.
    Jetzt ist es an ihm, sein Gesicht vor sich selbst zu wahren: der Mord an Guarino, mit dem er am Vortag noch sprach, und über dessen Methoden er sich einerseits geärgert und andererseits belustigt hatte, ist eine persönliche Angelegenheit geworden.
    Persönlicher, als er möchte, denn der Geschäftsmann Cataldo verschifft Sondermüll nach China, und die Dame, die mit dem Mörder im Casinò gesehen wurde, ist Franca Marinello...


    Eigene Meinung


    Was mir an dem Buch besonders gut gefallen hat, war, dass Brunetti in Folge der Ermittlungen zur für ihn eher untypischen körperlichen Höchstform heranwächst, nicht ohne die Selbstironie seines Räuber- und-Gendarm-spielens aus dem Blickwinkel zu verlieren, und sich zu fragen, was er in seinem Alter hier eigentlich - obendrein Gefährliches - macht...
    Und wie sich seine James-Bond-Kletterpartie dann zwar in einem Drama, aber einer etwas erheiternden Wendung entwickelt.


    Auch das Gespräch mit Conte Falier beim Bilderhändler war sehr tiefsinnig. Conte Falier, der mit seinem weitgespannten Imperium ein wesentlich größerer und erfolgreicherer Fisch wie Cataldo zu sein scheint, und sein Geschäft ganz ohne dessen Hilfe nach China ausweitet, entscheidet sich gegen die Frühbarock-Version der ordinären Konsumwelt, von der er lebt, für das Bildnis eines Mannes, der ein Buch hält, obwohl von der Thematik her die Dame in sein Büro wesentlich besser gepasst hätte, aber er will sich selbst nicht so sehen...


    Auch der Ehestreit im Hause Brunetti, der sich anhand der aufgenommenen China-Beziehungen des Conte entzündet, ist einen Lacher wert: Jemand, der für diese Regierung arbeitet, darf sich über niemanden beschweren, der Geschäfte mit China macht.


    Einer der tiefgründigeren Brunettis, bekommt von mir 9 von 10 Punkten

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

    Dieser Beitrag wurde bereits 4 Mal editiert, zuletzt von MagnaMater ()

  • Wie immer habe ich ihn auf englisch gelesen, weil es mir authentischer scheint - sofern ein roman, der in Italien spielt, und auf englisch geschrieben ist, überhaupt 'authentisch' sein kann...
    :gruebel


    na, da ist endlich das bild...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von MagnaMater ()

  • Dieser Band hat mir wieder sehr gut gefallen. Vorallem die Nebengeschichten rund um die Brunettis. Die Kinder, die langsam erwachsen werden und schon gewisse Eigenheiten der Eltern übernehmen und in Diskussionen diese mit ihren eigenen Waffen schlagen. Das gibt recht lustige Dialoge.


    Auch die Unterhaltung zwischen Brunetti und seinem Schwiegervater in einer Galerie hat mich bewegt und zeigt eine sehr menschliche Seite der beiden. Ebenfalls wird die Beziehung zwischen Guido und seiner Schwiegermutter vertieft.


    Donna Leon blickt in diesem Krimi hinter die Kulissen der Müllmafia - ein immer wieder akutelles Thema.

    Who is Keyser Soze?


    (\__/)
    (o ,o)
    (>_<) <- This is Bunny.


    Copy Bunny into your signature to help him on his way to world domination.

  • Im Juni nächsten Jahres kommt dann auch Fall Nr. 19 raus:


    Venedig kann sehr heiß sein: Im Sommer fliehen die Venezianer aus der stickigen Lagunenstadt. Doch aus Ferien in den kühlen Bergen wird für Commissario Brunetti nichts. Dafür sorgen eine Leiche und dubiose Machenschaften am Tribunale.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Dies ist ein Brunetti der mir weniger gefallen hat. Stellenweise fand ich das Buch langweilig, zum Beispiel die ewig dauernden Gespräche mit dem Carabinieri, der nichts sagen will und sich jedes einzelne Wort aus der Nase ziehen lässt. Ich habe Signorina Elettra vermisst, von der diesmal viel zu wenig zu lesen war. Der Kriminalfall war sehr verworren und die Auflösung meiner Meinung nach an den Haaren herbeigezogen. Ich hoffe, der nächste Brunetti wird wieder besser!

  • ich habe diese Serie die ersten 10,11 Fälle lang ehrlich geliebt, aber ich bin ehrlich die folgenden las/lese ich eher aus Gewohnheit. Wirklich fasziniert hat mich seitdem keiner mehr, alles ist so wiederkehrend, manche Dinge nerven mich regelrecht wie z.B. diese ausschweifenden Erklärungen zu Brunettis Alkoholkonsum (scheint aber niemanden zu stören, der Mann muss doch so wie das beschrieben wird eigentlich Alkoholiker sein).


    Im aktuellen Fall gab es einige, wenige sehr schöne Abschnitte, wie z.B. Brunettis Treffen und Gespräch mit seinem Schwiegervater in der Galerie.
    Wunderbarer Charakter der Serie dieser Conte.


    Die letzten 50,60 Seiten nahm der Fall endlich FAhrt auf, als die Polizisten beschlossen, diese Tanks zu untersuchen. Allerdings hätte mich am Ende noch etwas genauer interessiert, was das für ein Zeug war und wer genau das da gelagert hat, ich denke nicht, dass das alles der "Mann auf dem Foto" alleine zu verantworten hatte.


    Und das Ende selbst kann ich menschlich zwar voll nachvollizehen, aber als Polizist dürfte Brunetti das so ja nun nicht stehenlassen ...

  • Ich habe mir das Buch am Fiumincino Flughafen in Rom gekauft. Als gebürtige Venezianerin fand ich den Klappentext sehr toll. Ich konnte es kaum erwarten das Buch zu lesen (obwohl es schon der 18. Fall ist und ich vorher noch nie etwas von Donna Leon gehört habe..).Das Buch habe ich regelrecht verschlungen (als ich wieder zu Hause ankam, hatte ich mehr als die Hälfte im Flugzeug gelesen). Allerdings fand ich einige Stellen auch etwas langweileg,Stellen an denen viel um den Brei gesprochen wird. Trotzdem bereue ich den Kauf des Buches nicht.

    Ich lese gerade:
    Ben Bennett - Das Lächeln des Himmels
    Nora Roberts - Verlorene Seelen


    2011:
    Gelesen: 9
    Abgebrochen: 2
    Neu gekauft: 4

  • Sandrah , das mit dem steigenden alkoholkonsum ist mir in den letzten drei bänden krass aufgefallen, die bunettis saufen beide in diesem war es irgendwie nicht so wild, da war alkohol irgendwie kein thema mehr. - oder ich hab drüber hinweggelesen, und die Brunettis zählen längst nicht mehr, was sie trinken...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Jedes Jahr ein Brunetti-Krimi, das ist ein inzwischen liebgewordener Brauch für mich, auch wenn die neuen Fälle von der Krimihandlung her mitunter arg schwächeln.
    Auch "Schöner Schein" überzeugt vor allem mit seinem Venedig-Flair und seinen Hauptfiguren, den Brunettis samt (Schwieger)Eltern, weniger mit dem recht konstruierten und sicher für manche unbefriedigend aufgelösten Kriminalfall. Stark sind manche Dialogszenen, etwa zwischen Guido und seinem Schwiegervater, und auch der Umweltaspekt und die unverhohlene Kritik an derzeitigen Praktiken ist lobenswert und wichtig.
    Eines fällt mir jedes Jahr wieder auf: die Brunetti-Bücher sind im Nu ausgelesen, egal ob sie nun spannend sind oder doch einige Längen haben.
    Und jetzt heißt´s warten bis zum Herbst bis zum nächsten Taschenbuch.

  • Der Reihe nach zu lesen habe ich schon länger aufgegeben. Gelesen werden einfach die, welche mir in die Hände fallen.


    Dieser 18. Fall von Commissario Brunetti hat mir weniger gut gefallen. Die Geschichte zieht sich hin und wird einzig durch die Diskussionen mit Paola lesenswert.
    Aber typisch Donna Leon, lesen tu ich sie einfach gerne.