In fremden Räumen - Damon Galgut

  • # Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
    # Verlag: Manhattan (18. Oktober 2010)
    # Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung
    Er ist ein Wanderer, der nie anzukommen scheint: Damon, der junge Mann, der auf langen Reisen nach sich selbst sucht und dessen Weg stets auch in sein Inneres führt, ist ein Rastloser, ein Getriebener. Heimatlos, aber voller Sehnsucht nach einem Ort oder einem Menschen, der ihm Geborgenheit vermitteln kann. Doch ob als Gefährte eines jungen Deutschen in Afrika, als Begleiter einer Gruppe Rucksacktouristen oder als Beschützer einer psychisch labilen Frau: Er muss schließlich alle Wege allein zu Ende gehen. Sein Leben aber wird durch jede Reise tief geprägt und für immer verändert.


    Über den Autor
    Damon Galgut wurde 1963 in Pretoria geboren. Bereits mit siebzehn Jahren verfasste er seinen ersten Roman, „A Sinless Season“. Mittlerweile zählt er zu den renommiertesten Autoren Südafrikas. Für seinen Roman „Der gute Doktor“ wurde er für den Booker Prize nominiert, einen der bedeutendsten internationalen Literaturpreise. Der Roman wurde als „bestes Buch des Jahres“ mit dem Commonwealth Writers Prize ausgezeichnet. Auch der nachfolgende Roman "Der Betrüger" wurde für zahlreiche Literaturpreise nominiert. Damon Galgut lebt in Kapstadt, wenn er nicht gerade auf Reisen ist.


    Meine Meinung


    "In fremden Räumen muss man sich leer machen für den Schlaf."


    "In fremden Räumen" ist in drei Geschichten aufgeteilt: "Der Begleiter", "Der Liebende" und "Der Beschützer". In allen drei Geschichten geht es auf der einen Seite um eine tiefgreifende Einsamkeit aber auf der anderen Seite auch um Zusammensein und Liebe.
    Alle drei Geschichten haben dieselbe Hauptfigur: Damon. Ein Reisender, ein Wanderer - der nur zu Hause ist, wenn er unterwegs ist. Für den Reisen schon fast zu einer Krankheit geworden ist.


    Zitat

    "Er ist überglücklich, und das ist er nur, wenn er wandert, und zwar allein."


    In allen drei Geschichten trifft er während seiner Reisen zufällig auf andere Menschen, schließt sich bewusst anderen reisenden Menschen an oder beginnt - wie in der letzten Geschichte - zusammen mit einer Freundin eine Reise. Neben dem Wunsch einfach unterwegs zu sein - fort, fort zu gehen - hat Damon aber auch immer eine bestimmte Erwartung an seine Begleiter, die in den drei Geschichten jedoch immer wieder - auf unterschiedliche Art und Weise - enttäuscht wird.


    Der Roman "In fremden Räumen" hat mich tief beeindruckt und mir sehr gut gefallen. Die drei Geschichten werden toll erzählt, wobei mich vor allem auch die Sprache beeindruckt hat, die häufig sehr reduziert ist. Etwas verwirrend ist zu Beginn ein ständiger Perspektivwechsel zwischen "er" und "ich".


    Zitat

    "Wonach er sucht, weiß er selbst nicht. Nach all der Zeit habe ich vergessen, wie und was er damals dachte, und doch kann ich ihn besser verstehen als mein heutiges Ich, er steckt nach wie vor in mir."


    Der Grund dieses ständigen Perspektivwechsels liegt darin, dass der Erzähler ("Er") als objektiver Beobachter auf seine Vergangenheit blickt, manche Gedanken oder Erlebnisse aber im Moment des Erzählens noch einmal selbst miterlebt oder auch nachvollzieht.


    Ein beeindruckendes Buch. 9 Punkte.

  • Na ja, und schon hast du mich wieder mal am Haken :-)
    Das Buch steht schon lange auf meiner WL und sollte nun bald ins Einkaufskörbchen wandern. Hast du von ihm auch "Der gute Doktor" gelesen?


    Vielen Dank buzz für die Tolle Rezi :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Ich habe das Buch soeben zu Ende gelesen und kann mich eigentlich nur buzzaldrins positiver Rezi anschließen. Auch mich hat das Buch trotz der recht einfachen Sprache beeindruckt und wird mir sicher noch eine Weile im Gedächnis bleiben. Etwas verwirrend ist am Anfang der Wechsel zwischen der "ich"- und "er"-Perspektive, aber man liest sich dann eigentlich doch sehr schnell ein.


    Ich habe es auf Englisch gelesen und kann dazu nur bemerken, dass es wirklich gut verständlich ist, eben auch, weil die Sätze rel. klar strukturiert und nicht mit Fremdwörtern überladen sind.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • In fremden Räumen von Damon Galgut


    Es ist nicht ganz einfach zu erkennen, wie hoch der autobiographische Anteil dieses Buches sein mag. Dass sich die Hauptperson der drei Erzählungen der Neuerscheinung „In fremden Räumen“ ebenfalls Damon nennt, lässt zumindest auf einen authentischen Erfahrungshintergrund schließen. Allerdings verwirrt der südafrikanische Autor Damon Galgut seine Leser mit unterschiedlichen Erzählperspektiven, da er zwischen Ich-Erzählungen und Beobachterperspektiven häufig – und vor allem häufig unerwartet – hin und her springt.


    Der junge Mann namens Damon ist während drei sehr prägender Reiseerlebnisse in 'fremden Räumen' und in unterschiedlichsten Rollen anzutreffen: Als 'Begleiter' entscheidet er sich für einen konfliktreichen Wanderurlaub mit einem Deutschen, den er just auf einer Europa-Reise kennen gelernt hat. Als 'Liebender' verlässt er erwartungsvoll sein südliches Afrika, um einem attraktiven Schweizer bis nach Genf zu folgen. Und als 'Beschützer' schließlich stimmt er einem gemeinsamen Indien-Aufenthalt mit einer alten Freundin zu, der dramatisch endet.


    Der Drang nach geografischer Ferne und der Wunsch nach zwischenmenschlicher Nähe scheinen Damon zu zerreißen. Er sucht ganz offensichtlich nach Mitteln und Wegen, um nicht von seiner inneren Unruhe aufgefressen zu werden. Vielleicht ist es seine unterdrückte Homosexualität, vielleicht sind es Erfahrungen aus seinem Elternhaus, die ihn immer wieder vorwärts treiben. Er beschreibt sich selbst als einen Wanderer, der ohne festen Wohnsitz überall zu Hause sein könnte.


    Das Bedürfnis zu Reisen ist für Damon wie ein Zwang – es ist gleichzeitig eine Flucht vor dem Alten und eine Suche nach dem Neuem. Ein fast fühlbares Fernweh und eine Art sanfter Melancholie schwingen daher auf allen Seiten dieses Buches mit.


    „In fremden Räumen“ ist insgesamt ein Buch, das Ruhe ausstrahlt, auch wenn jede der drei Reiseerzählungen einen deutlichen Spannungsbogen zeigt und die innere Unruhe der Hauptperson manchmal fast greifbar scheint. Es sind vor allem die zögerlichen Dialoge und eine durchweg klare Sprache, die die Aufmerksamkeit des Lesers so fesselt.


    Obwohl ich eher kein Fan von Kurzgeschichten oder Erzählbänden bin, muss „In fremden Räumen“ für mich als große Ausnahme angesehen werden. Dieses Buch hat mich - wie schon andere hier - überaus positiv überrascht und ließ mich lange noch über das Suchen und Finden Damons nachsinnen!

  • Zitat

    Original von savanna
    Obwohl ich eher kein Fan von Kurzgeschichten oder Erzählbänden bin, muss „In fremden Räumen“ für mich als große Ausnahme angesehen werden. Dieses Buch hat mich - wie schon andere hier - überaus positiv überrascht und ließ mich lange noch über das Suchen und Finden Damons nachsinnen!


    Wobei "In fremden Räumen" auch für mich kein typischer Kurzgeschichtenband ist - die Geschichten hingen für mich irgendwie dann doch alle zu stark zusammen und ich habe daher das Buch beinahe als Roman gelesen.


    Wie hoch der autobiographische Anteil des Buches ist, würde mich auch interessieren; auffällig ist ja zumindest, dass die Hauptfigur so wie der Autor heißt.