Die Naziliteratur in Amerika - Roberto Bolano

  • # Broschiert: 240 Seiten
    # Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 1 (11. November 2010)
    # Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung
    Der Jahrhundertautor Roberto Bolaño entwirft in diesem unvergleichlichen Roman ein Schreckenskabinett der Welt und der Literatur. In dreißig fiktiven Lebensgeschichten süd- und nordamerikanischer Nazi-Schriftsteller streift er nicht nur finstere kulturelle und historische Realitäten, sondern skizziert zugleich eine ungeheuerliche und bizarre Parodie der Literaturgeschichte. Die Palette seltsamer Gestalten reicht vom Exzentriker und Clown bis hin zum Fanatiker und Wahnsinnigen, allesamt Zeugen von Bolaños unverwechselbarem Stil und seiner genialen Imaginationskraft.


    Über den Autor
    Roberto Bolaño, geb. 1953 in Santiago de Chile, gestorben 2003, erhielt 1999 den wichtigsten südamerikanischen Literaturpreis 'Rómulo-Gallegos'. Lange Zeit lebte er in Mexiko. 1973, während Pinochets Militärputsch wurde er in Chile verhaftet, saß ein halbes Jahr im Gefängnis und ging danach zurück nach Mexiko und weiter nach Spanien.


    Meine Meinung
    "Naziliteratur in Amerika" ist eine Sammlung von kurzen - in manchen Fällen nur zwei oder drei Abschnitte - Biographien von latein- und nordamerikanischen Autoren. Beim Lesen hatte ich zwischen durch den Eindruck in einer Enzyklopädie zu blättern ... - doch es ist alles rein fiktiv. Auch wenn es wohl immer mal wieder Ähnlichkeiten zu realen Autoren gibt, hat sich Bolano all diese Biographien ausgedacht und mich als Leser damit beinahe in eine sehr real erscheinende Parallelwelt geführt.


    Eines haben alle Biographien gemeinsam: die beschriebenen Autoren sind politisch sehr weit rechts einzuordnen. Bolano beschreibt z.B. den Autoren Silvio Salvático:


    Zitat

    "Silvio Salvático
    Buenos Aires, 1901 - Buenos Aires, 1994


    Bereits im frühen jugendlichen Alter forderte er die Wiedereinführung der Inquisition und der öffentlichen Körperstrafen, den permanenten Krieg, sei es gegen Chilenen, Paraguayer oder Bolivianer, als eine Form nationaler Körpertüchtigung, die maskuline Polygamie, die Ausrottung der Indiobevölkerung zur Vermeidung einer ernsten Verschmutzung der argentinischen Rasse, die Beschneidung der Bürgerrechte für Mitbürger jüdischer Abstammung, massive Immigration aus Skandinavien zur sukzessiven Wiederaufhellung der durch Jahre der hispo-indianischen Promiskuität eingedunkelten nationalen Epidermis [...].


    War Fußballspieler und Futurist."


    Bolanos Stil ist faszinierend und lässt die Autoren unheimlich realistisch erscheinen. Was Bolano über Literatur und andere Autoren zu sagen hat ist beeindruckend und ich war immer wieder kurz davor Seiten mit Post-Its zu markieren um nach Autoren später googeln zu können ... bis mir wieder klar wurde, dass keiner dieser Autoren wirklich existiert.


    Die Idee und Überzeugung die viele der beschriebenen Autoren vertreten ist erschreckend und hässlich. Bolano ist es meiner Meinung nach jedoch dennoch gelungen - mit einer großartigen rhetorischen Leistung - einen faszinierenden und anderen Blick auf diese Zeit zu werfen.


    9 Punkte.

  • Herzlichen Dank für diese sehr interessante Buchvorstellung. Bolano ist für mich einer der interessantesten Schriftsteller der letzten Jahre. Leider ist er viel zu früh verstorben. Jedes Buch von ihm ist in meinen Augen eine wirkliche literarische Entdeckung. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Titel: Die Naziliteratur in Amerika
    OT: La Literatura Nazi en America
    Autor: Roberto Bolano
    Übersetzt aus dem Spanischen von: Heinrich von Berenberg
    Verlag: Fischer TB-Verlag
    Erschienen: November 2010
    Seitenzahl: 240
    ISBN-10: 3596187664
    ISBN-13: 978-3596187669
    Preis: 9.95 EUR


    Roberto Bolano hat einen Roman geschrieben, den man fast als genial bezeichnen möchte. Es sind dreißig fiktive Lebensgeschichten von süd- und nordamerikanischen Nazi-Schriftstellern, die hier auf den Leser treffen.
    Bolano nimmt seine Leser mit auf eine mehr oder weniger irre Reise. Vorbei an finsteren kulturellen und historischen Realitäten geht die Reise mit diesen seltsamen und skurrilen Gestalten dieser fiktiven Literaturszene.
    Aber, ist diese Literaturszene wirklich nur fiktiv?
    Okay, die Literatur ist ja eine Ansammlung von komischen Gestalten, die sich fast alle für unglaublich wichtig ansehen, die aber überwiegend eines nicht können – sie können nicht schreiben. Und diese Figuren hat Bolano nun heruntergebrochen auf diese von ihm beschriebene Autorengruppe.
    Diese Buch, dieser Roman wurde auch sehr treffend schon als „bizarre Parodie der Literaturgeschichte“ bezeichnet. Dem kann man nach der Lektüre dieses Buches eigentlich nur sehr schwer widersprechen.


    Roberto Bolano wurde 1955 in Santiago de Chile geboren und starb 2003 – gerade als er auf eine Lebertransplantation wartete. Er ist auch der Schöpfer des wirklich genialen Romans „2666“.


    Dieser Roman ist unbedingt lesenswert, etwas das ein wenig aus der „literarischen Normalität“ fällt; sicher nicht für die diejenigen geeignet, die lediglich oberflächlichen Mainstream lesen. 8 Punkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.