Ken Follett - Sturz der Titanen

  • 37:05 Stunden
    ungekürzte Lesung
    Sprecher Philipp Schepmann
    Hörprobe *klick*



    „An dem Tag, als George V. in der Westminster Abbey den Thron bestieg, fuhr Billy Williams zum ersten Mal in die Grube von Aberowen ein.
    Es war Billys dreizehnter Geburtstag.“


    Mit diesen Worten beginnt „Sturz der Titanen“, am 22. Juni 1911 in einem kleinen Ort in Wales.


    Gleich vorweg: Man sollte für „Sturz der Titanen“ viel Zeit mitbringen, denn Ken Folletts neustes Werk lässt einen nicht mehr los und so begleiteten mich die lebendig gezeichneten Hauptfiguren eine Woche lang fast überall hin. Schauplatz ist das Pulverfass Europa zu Beginn des 20. Jahrhunderts, das sich sowohl politisch als auch gesellschaftlich im Umbruch befand, sowie – eher am Rande – auch die USA.


    Im Mittelpunkt des 37 Stunden langen Epos (bzw. 1024 Seiten) stehen fünf Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die damaligen sozialen und politischen Verhältnisse repräsentieren.


    Billys Vater ist in der Gewerkschaft und einer Kirchengemeinde aktiv, Billys Schwester Ethel arbeitet auf dem Familiensitz der Fitzherberts, die dem britischen Hochadel angehören. Earl Fitzherbert ist arrogant und standesbewusst, seine clevere und politisch sehr interessierte Schwester Maud so etwas wie das schwarze Schaf der Familie, da sie sich für das Frauenwahlrecht engagiert. Die beiden russischen Brüder Grigori und Lew Peschkow arbeiten in einer Eisenbahnfabrik, kennen aus ihrer Kindheit Fitzherberts russische Ehefrau Bea. Dann ist da noch die deutsch-österreichische Adelsfamilie von Ulrich und die amerikanische Familie Dewar, deren Sohn Gus als Diplomat oft in Europa unterwegs ist….


    1911 ist der letzte Sommer, in dem sich die „Titanen“ aus dem Titel noch einigermaßen in Sicherheit wiegen und ihr Luxusleben genießen können. Der erste Weltkrieg, das Ende des russischen Zarenreichs und des deutschen Kaiserreichs stehen vor der Tür. Geschickt verflicht Ken Follett die Lebensgeschichten seiner Protagonisten, die teilweise am gleichen Ort und doch in unterschiedlichen Welten leben, mit historischen Ereignissen. Zahlreiche Anekdoten und Details lassen die Handlung noch authentischer wirken. Überzeugend stellt er die teilweise völlig unterschiedlichen Weltanschauungen dar, die einen Traditionen und völlig überholten Machtansprüchen verhaftet, die anderen nach politischem Wandel strebend.


    Follett schildert die fünf Familien und deren Lebensumstände so anschaulich, sodass ich das vorsorglich ausgedruckte Personenverzeichnis von seiner Homepage überhaupt nicht benötigte. Gelegentlich merkt man deutlich ein Augenzwinkern bei der Charakterisierung der Figuren, was die teilweise düstere Handlung wohltuend auflockert, genau wie die überraschenden Wendungen in deren Leben, durch die das Buch trotz der bekannten politischen Ereignisse spannend bleibt. Die komplexen politischen Zusammenhänge werden durch die Augen der fiktiven Personen sehr ausführlich und gut verständlich dargestellt.


    Einziges kleines Manko ist, dass sich manche der Figuren etwas zu häufig „zufällig“ über den Weg laufen und vielleicht hätten die Schilderungen aus den Schützengräben des ersten Weltkriegs etwas weniger ausführlich ausfallen können – doch dies hat das Hörvergnügen kaum beeinträchtigt.


    Eigentlich versuche ich, Werke englischsprachiger Schriftsteller im Original zu lesen, aber nur wenige Minuten der Hörprobe überzeugten mich, in diesem Fall der ungekürzten deutschen Lesung den Vorzug zu geben. Philipp Schepmann erweckt die so unterschiedlichen Figuren mit eigenen Stimmen zum Leben, gibt der Handlung zusätzliche Intensität und lässt „Sturz der Titanen“ auch dank der guten Übersetzung von Rainer Schumacher und Dietmar Schmidt zu einem wundervollen Hörgenuss werden.


    Fazit:


    Die gut 37 Stunden vergingen wie im Fluge, so abwechslungsreich erzählt Ken Follett, lässt die jüngere europäische Geschichte lebendig werden und bietet den Lesern tiefe Einblicke in die Lebensumstände dank der überzeugend gestalteten fiktiven Figuren. In Kombination mit Philipp Schepmanns wundervollem Vortrag wird die ungekürzte Lesung von „Sturz der Titanen“ zu einem wahren Hörvergnügen. Jetzt heißt es Warten auf den nächsten Band, der für 2012 geplant ist und in dem die Kinder der Hauptfiguren im Mittelpunkt stehen sollen.



    Ich habe die ungekürzte Fassung gehört, die exklusiv bei Audible erhältlich ist,
    nicht die unten verlinkte gekürzte Fassung, die von Johannes Steck gelesen wird.


    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Ich habe im November die gekürzte Version gehört - 12 CDs, gelesen von Johannes Steck.


    Inhaltlich unterscheidet es sich nicht von der langen Version - wobei ich das natürlich nicht so genau beurteilen kann, da ich eben die kürzere gehört habe.
    Aber das von Ottifanta beschriebene war auch alles so in "meiner" Version vorhanden.


    Ich habe diese 12 CDs genossen und für einen ausgemachten Follett Fan wie mich, war dieses Hörbuch einfach nur wunderbar.


    Ich konnte - wie ich es von Follett gewohnt bin - sofort in die Welt seiner Figuren eintauchen. So lebendig waren sie gezeichnet.
    Follett hat für mich eine ganz besondere Art seine Figuren und die Handlung zu beschreiben, daß ich oft das Gefühl habe dabei zu sein.


    Es gab zwar Unterschiede, dadurch bedigt, daß es sich eben um die Darstellung vieler Protagonisten handelte. Bei einigen war ich einfach mehr "zu Hause" als bei anderen. Deren Schicksl empfand ich als näher.


    Meine beiden Lieblingscharaktere waren Ethel - das Hausmädchen der Fitzherberts, die einen langen Weg vor sich hat und sich in meinen Augern wunderbar entwickelt.
    Dann Maud - die Schwester des Earls - eben das schwarze Schaf und mir vermutlich daher so sympathisch, da sie sich eben entgegen der damals herschenden Konventionen benahm.
    Ein sehr starker Frauencharakter - der zwar auch seine Schwächen hat, aber eben das macht sie ja auch so menschlich.


    Billy - der Kleine, wie ich ihn im Geiste immer nannte - Der Bruder Ethels, gehört ebenfalls zu meinen Lieblingscharakteren.
    Auch seinen Weg fand ich sehr spannend dargestellt. Von ihm hätte ich gern noch mehr gehört.


    Weniger konnte ich mit den beiden russischen Brüdern anfangen. Nicht, daß sie mir nicht sympathisch waren, im Gegenteil, gerade für den Lütten" Lew hatte ich einen leichten Faible - aber die beiden waren einfach weiter von mir entfernt. Besser kann ich es nicht ausdrücken.
    Das Leben/Schicksal der anderen drei war mir einfach näher.


    Der gute Earl war für mich eine Art Hassfigur. Der zwar nur der Zeit angemessen reagierte, mir aber eben trotzdem oft die Wut hoch kommen ließ.


    Eben diese Gefühle, das mitleiden mit den Protagonisten macht Follett für mich so einzigartig.


    Ich denke mal der Vorteil der gekürzten Version war der, daß die Schlacht- und Schützengräben Szenen kürzer waren, das meiner Meinung dem Buch auch gut tat.



    Ein Manko gabs dann leider doch. Mag aber an mir persönlcih liegen, da ich so ein Geschichtsfan bin.
    Einem Ereignis von 1918 wurde in meinen Augen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Eben einem Ereigniss, das ich persönlich sehr interessant gefunden hätte, auch wenn die betroffenen Personen in der Geschichte von Follett eben nur Rolle am Rande einnahmen, für den Verlauf der russischen Geschichte aber weltbewegend waren.



    Fazit: Ein wunderbares Hörbuch - hervorragend von Johannes Steck vorgetragen.
    Spannend, lebensecht mit sehr guten Protagonisten.
    Schade nur, daß ich nun so lange auf die Fortsetzung warten muß, auf die ich doch schon sehr neugierig bin, weil ich wissen möchte, wie es den Familien in der Weimarer Repubilks Zeit ergeht.

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    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Johanna ()

  • Zitat

    Original von Wolke
    Hallo Johanna,
    die gekürzte Lübbe Version umfaßt 12 und nicht 6 CDs. Hast du dich vielleicht bei deiner Rezi diesbezüglich vertan? :gruebel


    Nein - es waren tatsächlich 12 die ich gehört habe. :schaem
    Ein Schuber mit 6 und noch einer mit 6 CDs.


    Ich schätze mal, die 6 habe ich aus "Gewohnheit" geschrieben, da die meisten Hörbücher aus 6 CDs bestehen.
    In meinem Alter kann das schon mal vorkommen :grin


    Alles andere bleibt aber so bestehen. Ich hab auch nicht nach CD 6 aufgehört sondern bis zum Ende gespannt gelauscht. :grin
    Mein "fehlendes, weniger beachtetes Ereignis kam ja erst auf 11 oder 12.

  • Ich habe ebenfalls die Komplettlesung von audible, gelesen von Philipp Schepmann, gehört.


    Wow! Was für ein monumentales Werk! Mein erster Ken Follett und dann gleich so ein Brocken, immerhin 37 Stunden. Aber der Autor versteht es, keine Langeweile aufkommen zu lassen und mit interessantem historischen Wissen zu beeindrucken. Bedingt dadurch, dass ich in meiner gesamten schulischen Laufbahn drei mal den Zweiten Weltkrieg durchnehmen musste, kam der Erste Weltkrieg wie man sich denken kann ziemlich kurz. Lediglich einige Randdaten und die Tatsache, dass die aufgezwungenen Reparationszahlungen eine der Hauptursachen für den Zweiten Weltkrieg waren, sind bei mir hängen geblieben. Umso faszinierter war ich von den unglaublich verzweigten diplomatischen Verwicklungen die Ken Follett vor seinem Leser (bzw. Hörer) ausbreitet und somit die Ursachen für diese selbstgemachte Katastrophe zu Beginn des letzten Jahrhunderts klar und verständlich darlegt. "Sturz der Titanen" hat mein Wissen über diese Zeit extrem bereichert.


    Kommen wir von der Geschichte zu den Geschichten, nämlich den Geschichten der verschiedenen Protagonisten die der Autor gewählt hat, um sein Geflecht zu spinnen. Die Blickwinkel auf das Weltgeschehen reichen von walisischen Bergbauarbeitern über englische, russische und deutsche Adlige zu amerikanischen Demokraten und russischen Proletariern. Neben der Entwicklung zum und während des Ersten Weltkrieges erlebt man zudem auch die russische Revolution aus der Sicht der Revolutionäre und die Erstreitung des Frauenwahlrechts in England. All das ist miteinander verbunden und wird anhand persönlicher Schicksale für den Hörer greifbar. Ich mochte eigentlich die walisisch-englischen Darsteller am liebsten, mit den russischen wurde ich nicht so warm. (Lev wollte ich in einem fort durchprügeln, ich hasse solche Hallodris, und dass sie immer mit allem durchkommen was sie verbrechen! Sein Bruder Grigori war mir, zumindest zu Beginn, zu lasch und ließ sich von jedermann bereitwillig ausnutzen, das war auch nervig).
    Als die 37 Stunden schließlich vorbei waren, war ich fast ein bisschen traurig, dass ich diese Leute, die ich jetzt doch so lange begleitet hatte, wieder verlassen musste. Andererseits weiß ich ja, dass ich mich noch auf zwei Fortsetzungen mit ihnen und ihren Nachkommen freuen darf.


    Obwohl es wirklich viele Personen sind und beim Download natürlich keinerlei Personenregister dabei ist, hatte ich nie Schwierigkeiten Namen zuzuordnen. Die Darsteller auf die sich das Geschehen konzentriert hat man ziemlich schnell kennengelernt.


    Philipp Schepmann liest sehr angenehm und man hat keine Probleme ihn über eine so lange Zeit zu ertragen. :grin Seine Betonungen sind so gut wie immer passend, lediglich an wenigen Stellen als er hysterische Damen darstellen wollte, klang es für meine Ohren ungewollt komisch. Es gab aber auch eine Szene, die er so eindringlich gelesen hat, dass mir die Tränen in die Augen gestiegen sind, das war wirklich ergreifend.


    Fazit: Von mir eine ganz große Empfehlung für die Komplettlesung! Obwohl ich eigentlich niemand bin der sich allzusehr für Politik interessiert, konnte mich dieses Werk voll und ganz überzeugen. 10 von 10 Punkten!

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Soeben habe ich dank unserer Stadtbücherei die gekürzte Lesung (12 CDs) beendet und bin einmal mehr von Johannes Steck begeistert.
    Der Sturz der Titanen hat mir sehr gut gefallen, mit zwei kleinen Einschränkungen. Folletts Figuren waren mir persönlich etwas zu sehr schwarz-weiss. Entweder Sympathieträger wie Ethel oder Maud oder gleich Hassfiguren wie Fitzherbert - dazwischen gab es nichts. Zudem war mir der Anteil der Kampfszenen selbst in der gekürzten Fassung etwas zu viel, aber das liegt wohl einfach daran, dass ich mit Kriegshandlungen nur wenig anfangen kann.
    Somit vergebe ich zufriedene 8 Punkte und bin sehr gespannt auf den nächsten Teil :wave