Charlotte Lyne: Glencoe
(Audiobook 6 Std. 55 Min. – gekürzt)
Lübbe Audioverlag 2010
Sprecherin Katrin Fröhlich
Klappentext:
1689. Im Streit um die englische Thronfolge ist das Hochland zutiefst gespalten. Die MacDonalds halten den Stuarts die Treue, die Campbells unterstützen den neuen König. Gegen den Willen ihrer Familien holt Sandy Og MacDonald die junge Sarah Campbell als seine Braut nach Glencoe. Zwischen ihnen ist es Liebe auf den ersten Blick. Als Sarah nach mehreren Totgeburten einen verkrüppelten Sohn zur Welt bringt, wird sie von den Frauen des Clans noch mehr verachtet. Sandy Og erntet ob seiner Sanftheit nichts als Hohn und Spott. Gleichzeitig spitzt sich der Zwist zwischen den MacDonalds und den Campbells zu. In einer eiskalten Winternacht kommt zu einem Blutbad, wie es das Hochland noch nicht gesehen hat. Können ausgerechnet Sarah und Sandy Og, die Außenseiter, ihren Clan vor dem Untergang retten?
Zum Inhalt:
Anders als bei den Campbells von Glenlyon ist im Tal des Glencoe die Welt der Hochlandschotten noch mit sich im Reinen. Dort lebt der charismatische Chief MacIan mit seinen „Schäfchen“, darunter die erwachsenen Söhne John und Sandy Og, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Er bewahrt alte Traditionen und wacht über die Einhaltung althergebrachter Rechte und Gesetze. Doch dann brechen politische Ränke in das „Tal im Schatten“ ein. Die MacDonalds von Glencoe ziehen für ihren vertriebenen König Jamie in die Schlacht und geraten zusehends in eine tödliche Zwickmühle, vor der abgesehen vom linkischen Sandy Og jedoch alle ihre Augen verschließen. Wenn die Leute aus Glencoe überleben wollen, müssen sie alte Denk- und Verhaltensweisen ablegen und sich den unschönen Erfordernissen stellen. Der MacIan und sein Erstgeborener John erkennen das fast zu spät und Sandy Og erlebt harte Zeiten, bevor er seinen Clan in eine ungewisse Zukunft führen muss.
Meine Meinung:
Einmal habe ich in einer Rezi eine Geschichte mit Junkfood verglichen: lecker, schnell verschlungen, aber irgendwie unbefriedigend und ohne bleibende Eindrücke. Glencoe von Charlotte Lyne ist garantiert kein Junkfood, eher das genaue Gegenteil. Wer Glencoe oberflächlich angeht und schnelle Befriedigung erwartet, der ist dort an der falschen Adresse. Auf diese Geschichte und ihre markanten Charaktere muss man sich einlassen und aufmerksam lesen bzw. hören, damit die schöne eindringliche Sprache wirken kann. Glencoe ist auch keine Geschichte die man auf die Seite legt und gleich vergisst oder nie mehr in die Hand nimmt. Ihr Zauber wirkt nach und beim zweiten oder dritten Mal fallen dem Aufmerksamen immer wieder andere Details auf.
Da ich eine Schwäche für Schottland und seine Bewohner, Glencoe selber schon bereist habe und mich als Oberpfälzer mit den Schotten und ihrer Landschaft verwandt fühle, lese ich sehr gerne darüber. Trotzdem hatte ich meine Schwierigkeiten mich auf die von Charlotte Lyne beschriebenen Charaktere einzulassen. Selten habe ich mich so über fiktive Personen und ihr Verhalten und Ungerechtigkeiten erregt und geärgert. Lynes Protagonisten sind keine weichgespülten, ins Schema F gepressten Figuren sondern „echte“ Menschen in ihrer ganzen Unvollkommenheit, die ihrem Charakter treu bleiben. Sie lassen keinen kalt und wenn man sich dann endlich mit ihnen angefreundet hat, dann tut das unvermeidliche Ende der Geschichte umso mehr weh.
Im gekürzten Hörbuch fehlen einige Details, die zwar für die Geschichte nicht „lebensnotwendig“ sind, aber doch ein paar Löcher im fein gewebten Teppich von Charlotte Lynes Geschichte hinterlassen. Man bemerkt sie aber nur, wenn man vorher das Buch gelesen hat. Geschichten, die mich beeindrucken, höre ich mir oft zusätzlich noch einmal an, weil gut vorgelesene Geschichten oft noch intensiver auf mich wirken. Bei Glencoe würde ich unbedingt empfehlen, in anderer Reihenfolge zu verfahren. Erst das wirklich hervorragend vorgetragene Hörbuch hören und dann das Buch lesen.
Zur Sprecherin:
Mit der Besetzung von Katrin Fröhlich als Sprecherin hat Lübbe Audio einen wahren Glücksgriff getan. Sie ist u.a. die Synchronsprecherin von Cameron Diaz und hat eine angenehm dunkle, manchmal etwas raue Stimme, die sie so gut zu modulieren weiß, dass man ihr gerne auch den bärbeißigen Schotten in Rage abnimmt. Für eine weibliche Sprecherin ist das in meinen Augen eine erstaunliche Leistung, hört sich vergleichbares doch oft so unglaubwürdig und lächerlich an, wie wenn ein männlicher Sprecher den Part einer Frau säuselt.
Ich gebe dem Hörbuch 9 Punkte, wobei der Punktabzug aufgrund der Kürzungen erfolgt, die Geschichte und die Sprecherin jedoch volle 10 Punkte verdienen.