Brutale Fiktion vs. Brutale Realität - ein Diskussionsanstoss

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Ich darf mich dann mal outen. :-)


    Ich bin ein großer Fan der sogenannten "Ballerfilme". Wobei mir oftmals sogar die Handlung relativ egal ist - Hauptsache da werden ganze Straßenzüge platt gemacht. Bin halt etwas simpel strukturiert. :grin


    Bisher wurde auch der Beweis noch nicht erbracht, dass Gewalt im Fernsehen und in anderen Medien Gewalt hervorbringt - allenfalls ist das eine bisher noch unbewiesene Vermutung.


    In diesem Fall kann ich das sogar betätigen - mich hat Voltaire bisher noch nicht mit 2 MGs bedroht, nicht mal mit einer :lache


    Es gibt zwar dieverse Untersuchungen, wieweit Gewalt in den Medien Gewalt und Abstumpfung erzeugen soll, nur sind die eben alle nicht so ganz einheitlich.


    Notfalls und bei Bedarf kann ich eine aus einem Mediepsychobuch abtippen und einstellen - aber nur wenn ich heut abend Langeweilie hab :grin

  • Über Herrn Pfeiffer kann man ja durchaus geteilter Meinung sein ;-) Bei derart medienaffinen Wissenschaftlern bin ich prinzipiell vorsichtig.


    Was mir auffällt (zugegebenermaßen kein sonderlich tiefschürfender und auch nicht zu Ende gedachter Gedanke): man könnte den Spieß auch einfach umdrehen. Je mehr die Gewalt aus dem Alltag verschwindet, umso massiver taucht sie in den Medien auf. Spielzeugwaffen sind verpönt und handfeste Prügeleien auf dem Schulhof, zu meiner Zeit noch Gang und Gäbe, werden sofort durch Schulmediatoren unterbunden.
    Ich muss zugeben, ich habe mich als Kind gerne gekloppt, wir haben uns zur Schlacht nach der Schule auf der Streuobstwiese verabredet und ich habe auch das eine oder andere Veilchen nach Hause gebracht, was meine Mutter in tiefe Verzweiflung stürzte. Für meine Kinder ist das zum Glück undenkbar

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Action ist okay - wenn sie gut gemacht ist.


    Ich habe nicht pauschal etwas dagegen, wenn sich die special effects-Leute in einem Film austoben. Es darf ruhig die ganze Welt platt gemacht werden, aber wenn die Story mies ist, macht mir das keinen Spaß. Insoweit werde ich mit Arnie & Co. nicht warm. Das ist für die Jungs (!) aus den 80ern Kult, aber ich ziehe Rudolph Valentino eindeutig vor. ;-)
    Oder "Die Dornenvögel" - allerdings ist da der Pfarrer ganz schrecklich. Da wäre selbst Arnie eine bessere Besetzung gewesen.


    Splatterfilme sind auch so ein Beispiel für Spaß an Gewalt und Ekelhaftem. Es gibt ein paar gute Zombiefilme, aber der Großteil ist eigentlich lächerlich. Zur Gewaltbereitschaft trägt das wahrscheinlich nicht bei, eher zu Geschmacksverirrungen oder schlechtem Schlaf.


    Wie gesagt, solange das Zeug nicht real ist, nervt mich nur die inflationäre Verwendung in Büchern und Filmen.
    Ein Bild der Mumie von Tut-Anch-Amun finde ich erschütternder als jeden brutalen Film.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Hey Draper!
    Die Idee mit dem umgedrehten Spieß gefällt mir:
    Gewalt als industiell vorgefertigte Konsumware, Ersatzprodukt für die per Gesetzt und Kultur aus unserer Lebensrealität verbannte reale Gewalt! :anbet
    Da bleibt es also jedem selbst überlssen, wieviel er von dieser "Medizin" schlucken muss, um ohne Amok zu laufen über die Runden zu kommen?


    In ähnlicher Form gibts diese industrielle Vorfertigung auch bei TV-Soaps:
    Weil die fernsehsüchtigen Glotzehänger immer weniger reale Sozialkontakte auf die Reihe kriegen, wird ihnen - bequem ein- und ausschaltbar - eine tägliche Dosis Freundeskreis verabreicht. :gruebel

  • Zitat

    Ich bin ein großer Fan der sogenannten "Ballerfilme". Wobei mir oftmals sogar die Handlung relativ egal ist - Hauptsache da werden ganze Straßenzüge platt gemacht. Bin halt etwas simpel strukturiert.


    Jo, ich auch! Man denke nur an "Predator"...Kooontaaakt! Und dann wird geballert bis der Dschungel zusammenklappt. Geil, oder?
    Da freue ich mich immer wieder. Ist das dumm, roh, blutrünstig? Wegen mir...Mir gefällt es.


    Das heißt allerdings noch lange nicht, dass ich mordend durch meine Heimatstadt ziehe. Ich denke, dass die Faszination für Gewalt und Kampf im männlichen Genom verankert ist - sonst würden solche "bösen" Filme wohl nicht so reißenden Absatz finden. Allerdings gibt es auch Grenzen, was die Darstellung von Perversion und Gewalt betrifft (Quälszenen gegen Kinder usw.)
    Ich unterscheide auch zwischen "ehrenvoller Gewalt" und reiner Blutrünstigkeit. Wer sich selbst mit Gewalt verteidigt - oder seine Familie usw., muss anders betrachtet werden, als jemand, der aus reiner Willkür und ohne Grund andere Menschen attackiert.
    Gewalt und Kampf gehören allerdings zur Natur dazu, was nicht heißt, dass alle Menschen und Tiere deshalb 24 Stunden am Tag gewalttätig sind. Frieden gehört glücklicherweise genau so zum Leben.
    Und man muss sich auch folgende Fragen stellen: Ist es besser, dass Menschen Bücher mit Kriegshandlungen lesen (als Ventil)? Oder sollen sie in der Realität die Gewalt ausüben?


    Besser Doom 3 spielen als Doom 3 in der Realität veranstalten, oder?

  • Da schweifen wir zwar ein wenig ab, aber man könnte das Ganze auch weiterspinnen: Vielleicht feiern aus diesem Grund auch Bücher und Filme Erfolge, die das Ideal der romantischen Liebe hochhalten, wo doch die Scheidungsraten zeigen, dass auch Liebesheiraten nicht unbedingt ein Erfolgsmodell sind?
    Zudem solche Bücher/Filme ja oftmals so gestrickt sind, dass eine vom Leben gebeutelte und von den Männern enttäuschte Frau, sich auf eine einsame Insel zurückzieht und dort, tata, ihre Jugendliebe trifft und endlich glücklich wird.
    Die erste Liebe heiraten :yikes Das galt vor zehn Jahren noch als Garantie für ein verkorkstes Leben :gruebel

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Da schweifen wir zwar ein wenig ab, aber man könnte das Ganze auch weiterspinnen: Vielleicht feiern aus diesem Grund auch Bücher und Filme Erfolge, die das Ideal der romantischen Liebe hochhalten, wo doch die Scheidungsraten zeigen, dass auch Liebesheiraten nicht unbedingt ein Erfolgsmodell sind?


    Da ist was dran! Und wir Männer träumen seit dem Knabenalter davon, mal ein großer Held mit vielen Abenteuern zu werden. Deswegen haben wir als Kind auch mit Rittern gespielt und nicht mit Puppen.
    Heute sind wir ganz vernünftig, lehnen Gewalt- und Pornofilme entschieden ab, machen unseren Job - und finden es trotzdem eigentlich geil, wenn bei Schlachtszenen in Filmen und Büchern mal richtig draufgekloppt wird...

  • Zitat

    Zudem solche Bücher/Filme ja oftmals so gestrickt sind, dass eine vom Leben gebeutelte und von den Männern enttäuschte Frau, sich auf eine einsame Insel zurückzieht und dort, tata, ihre Jugendliebe trifft und endlich glücklich wird.


    Solche Geschichten und ähnlicher Schrott laufen ganz oft als deutscher TV-Film in ARD (und auch ZDF?).


    Komisch, dass die/der love interest immer so glamourösen Beschäftigungen nachgeht wie Architekt, Radiomoderator, Pferdezüchter, Landschaftsfotograf usw.


    Die Realität sieht hier sehr viel brutaler aus. :lache

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Zitat

    Solche Geschichten und ähnlicher Schrott laufen ganz oft als deutscher TV-Film in ARD (und auch ZDF?).


    Nun, offenbar werden damit Grundbedürfnisse des Weibchens angesprochen. "Die einzig wahre Liebe", der "Traummann", der "Beschützer" usw.
    Und wir Männchen wollen halt Held sein. Und der Buch- und Filmmarkt bietet beiden Geschlechtern diese Träume.


    "Testosteron befiehl, wir folgen!" :lache

  • Was die einsamen Inselliebesgeschichten angeht, fällt allerdings auf, dass Deutschland nicht auf eine ausreichende Anzahl von einsamen Inseln zurückgreifen kann. Hiddensee, Poel und Co. reißen niemanden vom Hocker und die große Liebe trifft mal wohl nicht auf einer Hallig :gruebel. Und wenn doch, dann kann es sich bei einstigen Liebschaft nur um einen Ornithologen handeln, der samt weiblichen Anhangs ins Nachtprogramm von N 3 verbannt wird.

  • Zitat

    Original von Alexandermerow
    Nun, offenbar werden damit Grundbedürfnisse des Weibchens angesprochen. "Die einzig wahre Liebe", der "Traummann", der "Beschützer" usw.
    Und wir Männchen wollen halt Held sein. Und der Buch- und Filmmarkt bietet beiden Geschlechtern diese Träume.


    "Testosteron befiehl, wir folgen!" :lache


    Dieses überkommene Frauen/Männerbilder ist mir allerdings eindeutig zu platt. :wow


    Zumal, wenn du dich im Forum umguckst, Buchbesprechungen zu Metzelthrillern fest in weiblicher Hand sind. Es scheint mir eher eine individuelle Eigenschaft zu sein, welche (unerfüllten?) Bedürfnisse mit Hilfe von Literatur/Film befriedigt werden, unabhängig vom Geschlecht. Oder glaubst du im Ernst, dass diese ZDF-Schmonzetten nur von Frauen gesehen werden?

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ist vielleicht auch eine Altersfrage.


    Ab 40 +, die erste Scheidung hinter sich und die Kinder aus dem Haus, beginnt so mancher wieder Sehnsucht nach der heilen Welt zu verspüren.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Dieses überkommene Frauen/Männerbilder ist mir allerdings eindeutig zu platt. :wow


    Zumal, wenn du dich im Forum umguckst, Buchbesprechungen zu Metzelthrillern fest in weiblicher Hand sind. Es scheint mir eher eine individuelle Eigenschaft zu sein, welche (unerfüllten?) Bedürfnisse mit Hilfe von Literatur/Film befriedigt werden, unabhängig vom Geschlecht. Oder glaubst du im Ernst, dass diese ZDF-Schmonzetten nur von Frauen gesehen werden?


    Letztendlich wird es eine Frage der Empathie sein, wieviel Gewalt man verträgt. Nicht mehr und nicht weniger.

  • Zitat

    Original von Alexandermerow


    Nun, offenbar werden damit Grundbedürfnisse des Weibchens angesprochen. "Die einzig wahre Liebe", der "Traummann", der "Beschützer" usw.
    Und wir Männchen wollen halt Held sein. Und der Buch- und Filmmarkt bietet beiden Geschlechtern diese Träume.


    Hmm, ich hab schon als Kind Piratenfilme geliebt. Und Ritterfilme sowieso und meinem Bruder hab ich immer die Legosteine geklaut und die Autos :grin


    Und die Pilcher Filme kann ich nicht mal zum einschlafen nutzen, da ich sie grottenlangweilig finde.

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Ist vielleicht auch eine Altersfrage.


    Ab 40 +, die erste Scheidung hinter sich und die Kinder aus dem Haus, beginnt so mancher wieder Sehnsucht nach der heilen Welt zu verspüren.


    :schlaeger ich bin neuerdings über 40 und guck son Zeug trotzdem nicht :grin


    @ Johanna: ich denke auch, man macht es sich mit der Behauptung, Frauen gucken von Haus aus lieber Liebesschnulzen, Männer dagegen Ballerfilme, zu einfach

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Mädels (und Eulerichs), hat jemand von Euch gestern Abend 37 Grad im ZDF gesehen? Die Realität scheint nicht besser auszusehen, wenn der Langzeitlebenspartner mal eben für die Illusion einer Jugendliebe stehengelassen wird. Das war Rosamunde Pilcher ohne Tweedjacket im globalisierten 21. Jahrhundert ?(.

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    @ Johanna: ich denke auch, man macht es sich mit der Behauptung, Frauen gucken von Haus aus lieber Liebesschnulzen, Männer dagegen Ballerfilme, zu einfach


    Ganz sicher.
    Ich guck jetzt nicht unbedingt Ballerfilme - ich kann Action Arnie einfach nicht ab - hab aber einen ausgewiesenen Hang zu Katastrophenfilmen. Und Jurassic Parc kann ich mitsprechen. :grin