Brutale Fiktion vs. Brutale Realität - ein Diskussionsanstoss

  • Zitat

    Vielmehr scheint eine gewisse Grausamkeit eher eine Begleiterscheinung der Zivilsation selbst zu sein.


    Das sehe ich auch so. Möglicherweise "deckelt" das, was wir "Zivilisation" nennen, vieles, das eigentlich in der Natur der Menschen liegt oder lag. Und in solchen Momenten kommt es zum Vorschein. Das betrifft übrigens nicht nur die allgemeine Egozentrik und z.B. die Lust an der Grausamkeit, die andere betrifft, sondern auch die Sexualität, das Verhalten in Momenten, in denen man sich unbeobachtet glaubt usw. usf.

  • Mir fällt da eine putzige Anekdote aus der grauen Vorzeit meiner Biologiestunden ein:


    Eine Population von Streifenhörnchen vermehrt sich auf einem geschlossenen Territorium, etwa einer Insel, so lange, bis zuviel Individuen vorhanden sind.
    Ab diesem Zeitpunkt mutiert der freundliche kleine Nager zur Bestie. Es kommt vermehrt zu Revier- und Nahrungsverteilungskämpfen, die Tiere beissen sich gegenseitig die Kehle durch oder entwickeln infektiöse Krankheiten.
    Das Ganze dauert dann ungefähr so lange, bis die Population soweit reduziert ist, dass wieder in Frieden miteinander gelebt werden kann... Und irgendwann das Ganze im schönen Auf und Ab der Geschichte wieder von vorne beginnt.


    A propos Geschichte... Weiß jemand aus der Hüfte, wie viele Menschen in Europa lebten, bevor wir uns zwei Weltkriege lang die Kehlen durchgebissen haben? Und... schauder... wie weit wir heute auf der Populationsuhr sind?

  • Derzeitiger Stand irgendwo zwischen 6. und 7 Milliarden Menschen.


    Das blutige Gemetzel in heutigen Thrillern spiegelt wohl wirklich das wider, was irgendwo ganz tief in den Menschen schlummert.
    Es ist ja im Prinzip nichts neues. So mancher Romanautor hätte vermutlich seine helle Freude, wenn er sich in der Geschichte umschaut und all die fürchterlichen Foltermethoden betrachtet, die sich die Menschen über die Jahrhunderte ausgedacht haben.

  • Zitat

    Original von DraperDoyle: Als Biologin frage ich mich bei diesem Argument immer, wo der evolutionsbiologische Vorteil liegen soll, seinen Mitmenschen, die nicht zur eigenen sozialen Gruppe gehören, ein möglichst fieses Schicksal zu wünschen?


    Ist es tatsächlich an dem?
    Mir drängt sich eher der Eindruck auf, dass Personen, die die eigene soziale Gruppe verlassen und aufsteigen wollen, die Ellenbogen einsetzen.
    Mit der Banalität, sich an anderen Gruppen abzuarbeiten und ihnen "die Pest an den Hals zu wünschen", halten diese Menschen sich nicht mehr auf.
    Warum auch? Zeit und Energie wären an dieser Stelle verschenkt.

  • Zitat

    So mancher Romanautor hätte vermutlich seine helle Freude, wenn er sich in der Geschichte umschaut


    Dafür muss man nicht in die Vergangenheit blicken - die Gegenwart liefert Beispiele zuhauf. Sobald die Strukturen Brutalität rechtfertigen, etwa in "Gottesstaaten", Diktaturen anderer Art, in abgeschotteten Gruppen (wie Sekten) usw., gibt es immer jede Menge Leute, die mit erkennbarer Lust sanktionierte Gewalt ausüben. Und obwohl unsere (Ur-)Omis und Opis uns vom Gegenteil überzeugen wollten, gehörten sie sehr wahrscheinlich auch zu denjenigen, die frischfröhlich mitgehetzt haben, die verraten und denunziert haben, die nach unten traten und nach oben katzbuckelten.

  • Zitat

    Original von Tom


    Das sehe ich auch so. Möglicherweise "deckelt" das, was wir "Zivilisation" nennen, vieles, das eigentlich in der Natur der Menschen liegt oder lag.


    wobei sich immer noch die Frage stellt, woher diese offensichtliche Grausamkeit, die weit jenseits eines notwendigen Selbsterhaltungstrieb liegt, als nahezu ausschließlich menschliche Eigenschaft eigentlich kommt


    Was die putzigen Streifenhörnchen angeht: ich weiß nicht, wer sich die Geschichte ausgedacht hat, aber für mich hört sich das eher nach Fabel bzw. Gleichnis, denn nach der Beschreibung verhaltenbiologischer Tatsachen an. Es gibt genug geschlossene System, also Inseln, und es wurde meines Wissens noch nicht beobachtet, dass es dort Massenvermehrungen gibt, die dann durch "kriegsähnliche", ansonsten artuntypische Verhaltensweisen wieder reguliert werden. Da greifen andere Mechanismen (Krankheiten, Hunger, fehlender Nachwuchs) viel früher, so dass es nicht Not tut, dass sich die Hörnchen irgendwann die Köppe einschlagen.


    Kriegsähnliche Verhaltensweisen, also Gewalt gegen Populationen der eigenen Art, kenne ich nur von Primaten, wobei ich nicht weiß, ob auch die mit "unnötiger", womöglich bewusste Grausamkeiten vorgehen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

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    Original von Salonlöwin


    Ist es tatsächlich an dem?
    Mir drängt sich eher der Eindruck auf, dass Personen, die die eigene soziale Gruppe verlassen und aufsteigen wollen, die Ellenbogen einsetzen.
    Mit der Banalität, sich an anderen Gruppen abzuarbeiten und ihnen "die Pest an den Hals zu wünschen", halten diese Menschen sich nicht mehr auf.
    Warum auch? Zeit und Energie wären an dieser Stelle verschenkt.


    Was bestimmte Individuen angeht, magst du recht haben. Allerdings lese ich gerade eine Reportage über Uganda und bin erschüttert, was Menschen anderen Menschen antun können, nur weil sie dem falschen Volk angehören.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich denke Brutalität in der Literatur bietet einem zuweilen eine Art Ventil für die eigenen Gefühle. Könntet ihr eine rosarote Rosamunde Pilcher Welt aushalten? In der alles friedlich ist? Meiner Meinung nach gehören Blut und Gedärme mit in diese Welt. Es gibt halt auch schmutzige Seiten. Nur weil ein Autor die dunkle Seite der Welt widerspiegelt ist er noch lange kein Monster. Und Leser die sich damit unterhalten ebenso wenig. Und deshalb würde ich sagen: Brutalität in Büchern hat keine Grenzen, sie ist einfach natürlich.

  • Diese Lust an der Grausamkeit und Gewalt findet und fand man auch "im Kleinen", wenn man so will. Gewalt gegen Kinder als "Erziehungsmaßnahme" ist noch nicht soooo schrecklich lange geächtet, und manch einer wird heutzutage große Schwierigkeiten damit haben, seinen Zorn und seine Ungeduld zu zügeln und nicht über Schläge zu ventilieren (es geschieht ja auch immer noch, und zwar sehr viel häufiger, als wir alle wahrhaben wollen). Hier, in diesem, unserem Land, war es vor wenigen Jahrzehnten noch so, dass Ehemänner ihren Frauen sehr viel antun konnten, ohne dafür bestraft zu werden, und sie haben es auch getan. Die Zivilisation deckelt das Tier in uns (eigentlich ist diese Bezeichnung ungerecht, denn die meisten Tiere kennen die Lust an der Grausamkeit nicht), aber sie hat es nicht getötet.

  • Zitat

    Original von Tom
    Die Zivilisation deckelt das Tier in uns (eigentlich ist diese Bezeichnung ungerecht, denn die meisten Tiere kennen die Lust an der Grausamkeit nicht), aber sie hat es nicht getötet.


    Genau das glaube ich gerade nicht, eben weil Sadismus im Tierreich eher nicht verbreitet ist. Unsere Intelligenz und die daraus hervorgegangene Zivilsation deckelt nicht unsere finstren Triebe, sondern bringt sie erst hervor.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich denke so eine Abstumpfung gegenüber Gewalt passiert Schrittweise und ist, bei genauerer Betrachtung, sehr bedenklich.
    Wir als Medienpublikum erwarten immer wieder etwas anderes, etwas neues, etwas was noch nie da war. Und dabei kommen z.B. solche Filme wie Saw heraus. Bei Büchern ist es auch nichts anderes. Immer wieder liest man in den Rezis das die Geschichte einem altbekannten Muster folgt, das auch hier das Rad nicht neu erfunden wurde. Um aus der Masse herauszustechen werden sicherlich Sachen probiert die an die Geschmacksgrenze gehen. Aber weil es etwas anders ist wird das Buch gekauft oder der Film geschaut. Ja, das war toll, war mal was anders. So unterhält man sich häufig danach. Was dann folgt ist was immer folgt, es kommen andere - ähnliche - Filme und Bücher. Denn jeder möchte ein Stückchen von dem Kuchen. Ein gutes Beispiel sind die ganzen Vampirbücher, von Autoren die jetzt ganz schnell auf Engelgeschichten umschwenken weil die gerade angesagt sind.
    Bedenklich finde ich diese Abstumpfung in sofern das man sich natürlich fragt was als nächstes kommt. Was wird als nächstes, ausgefallenes auf den Markt kommen. :gruebel



    Bei mir sind es im übrigen Filme oder Bücher in denen Tiere gequält werden oder miteinander kämpfen die ich nicht sehen kann ohne in Tränen auszubrechen.

  • Also ich kann von mir nur sagen, dass ich wirklich mit dem größten Vergnügen die schrecklichsten Thriller lese. Ich lese auch weiter, wenn es wirklich abartig und detailiert wird. Warum das so ist, kann ich nicht sagen. Wenn ich ein solches Buch begonnen habe, zieht es mich in einen Sog und ich kann es nicht mehr weglegen.
    Mehr Schwierigkeiten habe ich, wenn ich ein Buch mit detailreichen Kriegsszenen lese (bspw. aus dem 2. Weltkrieg Literatur über die Judenvernichtung), weil ich da einfach zu genau weiß, dass das alles genau so passiert ist. Ich weiß, dass mein eigener Opa mit in diesem Krieg gelitten hat und ich weiß aus seinen Erzählungen, dass es wirklich so schlimm war.
    Natürlich gibt es auch Kinderschänder und Frauenmörder, aber das ist für mich ferner. Ich kenne niemanden, der das erlebt hat und ich habe auch keine Details über solche Taten in der Schule gelernt. Es ist einfach eine größere Distanz für mich vorhanden.
    Mich fasziniert aber auch die Psyche der Täter. Zu welchen kranken Tätigkeiten ist ein Mensch fähig? Ich finde es einfach interessant.

    :wave Gruß Dany


    Die Wirklichkeit ist etwas für Leute, die mit Büchern nicht zurechtkommen.
    Leserweisheit

  • Interessante Frage und interessante Diskussion. Um auf Jans Frage zu kommen, wo liegt meine persönliche Schmerzgrenze?
    Gute Frage. Komischerweise machen mir Leichen jeglicher Art nichts aus, wenn ich vorher nicht lesen muss wie das Opfer gelitten hat. Ansonsten bin ich durch die Welt geprägt wohl ein Weichei... Ich mag es nicht mehr lesen, in fast jedem Buch wird missbraucht, gefoltert und vergewaltigt. Sorry, um so was zu lesen brauche ich keine Romane - Berichte von Opfern diverser Kriege liefern mir genau denselben Stoff. Brauch ich das? Nein.
    Bei verschwimmen Grenzen zwischen real und Fiktion - der Mensch ist grausam genug, da brauch ich zum entspannen keine weiteren Quälereien. Mein jetziges Buch ist genau so eins ( LR ), und ich bin echt am überlegen ob ich es abbrechen soll. Klar lese ich sonst auch Krimis, aber für mich ist es schon ein Unterschied ob jemand " nur" erschossen o.ä. wird, oder zu Tode gefoltert.

  • Zitat

    Original von JanvonderBank



    - Wo ist Eure "Schmerzgrenze"?


    Wenn Kinder misshandelt werden. Das erinnert mich dann an meine eigene Vergangenheit. Es kommen dann Bilder hoch, die ich nicht unterdrücken kann… und ich kann das Fiktive dann nicht von der Realität trennen.


    Ich möchte generell nichts lesen, wo Mensch oder Tier misshandelt, oder gefoltert wird.

  • Meine Schmerzgrenze ist immer da,wo es meinem eigenen Leben nahe kommt. Sprich bei Kindern besonders bei denen, die gerade im Alter meiner Kinder sind. Und bei alten Menschen, die sich nicht mehr wehren können.
    Oder Müttern, oder.....


    Ich lese durchaus auch blutige Thriller, solange die Handlung halbwegs weit weg von meinem eigenen Leben ist.


    Wobei ich auch durchaus zwischen biographischen Romanen und rein fiktiven Romanen unterscheide. Bei Biographien leide ich auch immer mehr mit als bei fiktiven Geschichten, eben weil es realen Menschen passiert ist. Bei fiktiven Romanen kann ich mich immer noch beruhigen,daß es ja nur eine Geschichte ist.


    P.S. und wo wir schon bei den kleinen Zufällen des Lebens sind, mein erster Freund hiess auch von der Bank mit Nachnamen ;-)

  • :-) Ich kann da auch gerade ein aktuelles Beispiel nennen. Ich habe vorhin das Hörbuch "Schändung" von Adler-Olsen abgebrochen, weil ich diese Gewaltszenen nicht mag. Ich muss nicht in allen Einzelheiten geschildert bekommen, wohin das Blut spritzt, während jemand brutal erschlagen wird und ich will auch nicht wissen, wie jemand zuckt, wenn er stirbt. (Das habe ich mehrfach schon real gesehen...)
    Ich habe in meinem Job nicht so selten mit dem Tod zu tun und ich sehe schwerstkranke Menschen, krebskranke Kinder, bei denen ich mich immer hinter meinen Schutzwall verkriechen muss, damit ich meinen Job gut ausüben kann - und ich betreue in meinen Pausen Menschen, die schwer krank sind und niemanden sonst haben...all das aus der absoluten Überzeugung, dass jeder etwas Gutes im Leben tun kann.
    Aus diesen Gründen lehne ich brutale Gewaltszenen in Büchern ab...das Leben ist schon grausam genug und ich brauche das nicht. Es heißt aber nicht, dass ich im wahren Leben die Augen vor Gewalt verschließe und auf einer rosaroten Wolke lebe.
    Ich habe nur die Befürchtung, dass, wenn immer und immer wieder in jedem Buch und in allen Medien brutalste Gewalt an der Tagesordnung ist, tatsächlich eine Abstumpfung der Leser/Konsumenten stattfindet und wo das hinführt, mag ich mir nicht ausmalen.


    Um es kurz zu machen... Meiner Meinung nach erhöht brutale und bis ins Detail geschilderte Gewalt nicht die Spannung in einem Buch - das schafft ein guter Autor anders... :wave

  • Zitat

    Original von Rosenstolz


    Ich war mir sicher, dass das ein Pseudonym ist. :rofl


    Ist es nicht? :wow Mein Weltbild wird zerstört. Stand nicht irgendwo, er hätte eine Bankkaufmann-Ausbildung gemacht? Dachte, das kommt daher. Wie auch immer...


    Gummi muss mal wieder ihren Senf dazugeben :grin



    Im Allgemeinen glaub ich oft (und die Beiträge und Diskussionen hier – im Allgemeinen, nicht unbedingt in diesem Thread - bestätigen dies), dass man sich fast schon „rechtfertigen“ muss, wenn man „gewalttätige“ Literatur liest. Weil diejenigen, die sowas nicht lesen oder evtl. Dinge, die in Büchern als Fiktion stehen, am eigenen Leib erfahren haben, es nicht verstehen, wie es einem „gefallen“ kann. Aber ja, es gefällt mir und ich steh dazu. Ja, ich finde ein Buch oft durch etwas „Gewaltzutaten“ interessant. Wenn ich aus diesem Grund in den Augen mancher als ein schlechterer Mensch da stehe, muss ich damit klarkommen ;-)

    Aber darum geht es hier in erster Linie ja nicht, darum möchte ich einfach nur Jans Fragen beantworten.

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    - Warum, denkt ihr, lesen (oder schreiben) wir als gebildete, vielleicht sogar philanthropisch veranlagte Menschen eigentlich Bücher mit bisweilen blutigem, brutalem oder schlicht auch menschenverachtendem Inhalt?


    Ich denke nicht, dass es dafür DEN einen Grund gibt. Für mich kann ich sagen, dass ich einfach "gerne" an meine Schmerzgrenze gehe, sowohl bei Filmen als auch in Büchern. Eventuell sicher auch als Ventil, könnte sein. Vielleicht passt bei mir auch die Katharsis-Theorie sehr gut, denn irgendwo muss ich ja mit meinen Aggressionen hin und dann lass ich meinen Phantasien doch lieber nur bei Bücherlesen freien Lauf, bevor ich jemandem an den Kragen gehe :lache

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    Ist es ein Ventil? Oder macht gelesene Gewalt uns stumpfer?


    Siehe oben. Bei mir z.T. wohl auch Ventil. Stumpfer machen? Glaub ich nicht. Ich habe schon einige Bücher gelesen und einige Filme gesehen, in dene es vor Gewalt nur so "wimmelt". Dennoch werd ich kein bisschen "härter" dadurch, eher im Gegenteil. Ich denke aber, dass es auch hier auf die Persönlichkeit an sich ankommt und es sicher Menschen gibt, die dadurch abstumpfen. Aus welchem Grund auch immer. Aber das liegt dann meiner Meinung nach weniger am Buch oder Film als an der Persönlichkeit an sich.
    Wobei...wenn ich genauer drüber nachdenke - es stumpft mich evtl. ab, was die Gewalt in Büchern angeht, das mag sein. Dass es immer brutaler werden muss :gruebel (Das gleiche Phänomen gibt es aber bei Action-Kinofilmen - man erwartet immer mehr Maß an Action usw.). Aber es stumpft mich NICHT in dem Sinne ab, dass ich für reale Gewalt weniger empfindlich werde.

    Zitat

    Was passiert mit Euch/in Euch, wenn das "Ich kann das ganz gut trennen!" - Prinzip nicht mehr greift? Wenn die Realität die Fiktion einholt?


    "Ich kann gut trennen" funktioniert bei mir sehr gut. Je "abgedrehter", desto einfacher ist es immerhin. Schwer wird es nur, wenn die Geschichten einen realen Hintergrund haben (dass es in der Realität passieren kann, macht mir nicht viel aus - dass es tatsächlich so oder so ähnlich passiert ist, dagegen schon). Als Beispiel eignet sich gut die neueste Geschichte von BJ. Die ist nicht mal richtig "gewalttätig", aber da ich weiß, dass so etwas wohl ähnlich vorgefallen ist, geht es mir sehr nahe. Was dann passiert? Ich werde traurig, eventuell auch wütend auf die "ungerechte" Welt. Aber das ist normal. Nichts, was mich tagelang belastet. Wenn es ganz schlimm wäre, würd ich das Buch weglegen. Ist mir aber noch nie passiert.

    Zitat

    Wo ist Eure "Schmerzgrenze"?


    Schwer zu sagen, hab ich noch nicht gefunden. :gruebel
    Schmerzgrenze ist bei mir, wenn es wirklich real wirkt/ist, vielleicht so irgendwie.
    Bei allem anderen denk ich "Ist nur ein Buch". Wie gesagt - dass es in der Realität möglich ist, macht mir nicht viel aus. Vielleicht, weil ich die Art von Gewalt, über die ich lese, nicht erfahren habe. Es gibt sicher auch Arten von Gewalt, über die zu lesen, mir unheimlich schwer fallen würde. Da wäre dann eventuell die Schmerzgrenze schneller erreicht.
    Was die Tierquälerei angeht - ich finde es schrecklicher, wenn ein kleines Baby/Kind wirklich gequält wird. Aber im Buch oder Film nimmt mich das bei Tieren doch irgendwie mehr mit. Warum dem so ist, kann ich nicht sagen. Hat wohl auch mehrere Gründe - einen Hund hatte ich bereits, ein Kind noch nicht. Vielleicht denk ich auch, dass Menschen an sich selbst schuld sind, wenn der Menschheit Gewalt zustößt, Tiere aber nichts dafür können, dass Menschen so gewalttätig werden. Klar, das Kind kann nichts dafür, aber es gehört zu der "bösen" Spezies Mensch, vielleicht deswegen. Aber wirklich erklären kann ich es auch nicht.

    Ich finde allerdings Toms Erklärung logisch und schlüssig - es steckt im Menschen nun mal drin, denke ich. Zwar teile ich nicht Toms Meinung ganz (also, den zweiten Teil dann eher nicht), aber dass Menschen irgendwie sensationsgeil sind, denke ich auch. Ich glaube aber auch, dass sehr wohl oft auch Mitleid im Spiel ist, wenn es um Schicksalschläge geht. Aber diese Diskussion möchte ich nicht vertiefen. Toms Meinung dazu kenn ich im Groben aus anderen Diskussionen und weiß, dass ich sie eben nur zum Teil teile. Lohnt sich ja nicht, es hier erneut aufzuwärmen.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Rosenstolz und Gummibärchen...


    Also bei mir steht der Name auf der Gebrurtsurkunde ;-)
    Wenn der Name von einer Bank abstammen sollte, dann sicher nicht von einer, in der es Geld gibt. (Das würde ich an meinem Kontostand sehen) Vermutlich ist es also eher verarmter Seefahreradel... "Das ist der, der sein Schiff auf Grund gesetzt hat, also der von der Sandbank... oder so.. :grin


    @ Streifli...
    Komisch, ich kann mich gar nicht an Dich erinnern :gruebel :lache


    Aber mal wieder zurück zum Ernst des Theads:


    Nein, Gummibärchen, ich glaube nicht dass sich hier irgendeiner als schlechter Mensch fühlen muss - oder von den anderen so angesehen wird.
    Wir machen hier ja quasi den Versuch einer pseudowissenschaftlichen Querschnittserhebung. Da muss es sone und sone geben. Und es ist gut, dass jeder zu dem steht, was er denkt!


    Aber ich bin insgesamt total erstaunt über die Resonanz!
    Das Thema scheint doch viele von uns zu beschäftigen! Weiter so!

  • Ich habe glaube ich ein ziemlich schräges Verhältnis zu Gewalt in den Medien, wenn ich genau drüber nachdenke. So mache ich bei Büchern um blutige Thriller inzwischen einen sehr großen Bogen (und achte z.B. bei Val McDermid darauf, nicht die Bücher aus der Tony Hill Reihe zu erwischen, wobei ich die Verfilmungen, auch wenn sie sehr düster sind, wiederum schauen kann). Gewalt gegen Tiere kann ich gar nicht ab, bei Kindern sollte es nicht ins Detail gehen.


    Auf der anderen Seite lese ich ab und zu recht gerne Bücher von Profilern oder auch Polizisten oder Sachverständigen (z.B. die Bücher von John Douglas und Mark Oldshaker) also über wahre Fälle - aber Aktenzeichen XY mag ich auch nicht schauen.


    PS: Das mit der Gorch Fock hat uns ebenfalls sehr betroffen gemacht. Vor etwas mehr als einem Monat haben wir das Schiff ausführlich (soweit erlaubt, aber eben länger als bei der Sail) in Las Palmas besichtigt und das hat so viel Freude gemacht. Und die Kadetten waren wirklich nett, wobei die von dort ja nicht mehr an Bord waren.

    Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig.
    Antoine de Saint-Exupéry 'Der kleine Prinz'

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