Liebe Eulen,
Vorweg diese kurze Story:
Gestern ist mir etwas sehr Unheimliches passiert!
Ich arbeite gerade an meinem zweiten Thriller "Leichenfänger", der im März bei Ullstein Maritim erscheinen soll. Er spielt auf dem Segelschulschiff Gorch Fock...
Ich habe da eine Szene geschrieben, in der jemand aus der Takelage stürzt und stirbt.
In den Schreibpausen klicke ich gerne auch mal auf die Spiegel-Online-Seite. Was lese ich da? Die Nachricht von einer Offiziersanwärterin, die aus der Takelage der Gorch Fock stürzt und stirbt!
Scheiße! Das hat mich erstmal fertig gemacht, und ich habe schnell an einer anderen, "harmloseren" Stelle des Buches weitergearbeitet.
Wie leichtfertig man doch beim Schreiben (oder Lesen?) mit Brutalem, Unmenschlichem, Tödlichem hantiert, wird einem erst bewusst, wenn einen die Realität links außen überholt!
Und damit bin ich bei meiner Frage, die zugegeben recht philosophisch/rhetorisch ist:
- Warum, denkt ihr, lesen (oder schreiben) wir als gebildete, vielleicht sogar philanthropisch veranlagte Menschen eigentlich Bücher mit bisweilen blutigem, brutalem oder schlicht auch menschenverachtendem Inhalt?
- Ist es ein Ventil? Oder macht gelesene Gewalt uns stumpfer?
- Was passiert mit Euch/in Euch, wenn das "Ich kann das ganz gut trennen!" - Prinzip nicht mehr greift? Wenn die Realität die Fiktion einholt?
- Wo ist Eure "Schmerzgrenze"? Ist es, wie bei Eskalina, der kleine Hund, der in Jensens "Wir Ertrunkenen" zu Tode gequält wird, oder wie bei mir, die Erwähnung verstümmelter Kinder im Klappentext von Fitzeks "Augensammler", der mich davon abhalten wird, jemals dieses Buch auch nur aufzuschlagen. (Obwohl ich in meinen eigenen Büchern, vor allem auch den Drehbüchern ja auch nicht gerade zimperlich bin!)
Zugegeben, ein weites Feld, und nicht gerade ein weiches!
Ich bin gespannt auf Eure Antworten!